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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Ist also die allwissende Vorsehung Gottes eben so wenig eine Ursach der Sünden/ als ein schöner Crystallener Spiegel/ so alles/ das ihm entgegen gesetzet wird/ deutlich fürstellet / eine Ursach ist/ das er fürstelle einen schwartzen Mohren/ und nicht einen weissen Europäer: dann dessen Ursach ist nicht der Spiegelsondern der schwartze Mohre selbsten so sich dem Spiegel entgegen stellet.

XXXII. Was GOtt haben wil/ geschicht unfehlbar: So wüsten ja alle Menschen seelig werden / wann sie GOtt wolte alle seelig haben.

Antwort. Was GOtt haben will durch einen vesten Raht-Schluß/ und absolut-gefasseten Willen (zum Exempel/ da GOtt hat wollen die Welt erschaffen) solches geschicht unfehlbar. Was aber GOtt nur haben will durch eint Gewogenheit/ und gutheissende Zuneigung und Wohlgefallen/ solches geschicht nicht unfehlbar: dann sonsten geschähe nichts als lauter guts auf der Welt. Und also will GOtt durch einen geneigten Willen und Wolgefallen daß alle seelig werden: durch einen festen Raht-schluß aber und absolut gefasseten Willen / wil er seelig machen nur alle die/ so glauben.

Das dreyzehende Capitel.

Was dann eigentlich für Stücke zu glauben nohtwendig seyn zur Seligkeit?

DIe Papisten unterscheiden zweyerley Nohtwendigkeit des Glaubensdie erste nennen sie necessitatem medii, eine Nohtwendigkeit eines absolut zur Erhaltung der Seligkeit erforderten Mittels: also/ sagen sie/ ist nohtwendig zu glauben/ daß ein GOtt seye / ein Vergelter des Guten/ und Abstraffer des Bösen/ welcher seine Vorsichtigkeit führe über das gegenwärtige und zukünfftige Leben/ davon die Epistel zun Hebräern cap. II. spricht: ohne Glauben ist unmöglich GOtt gefallen. Die zweyte Nohtwendigkeit nennen sie necessitatem praecepti, die Nohtwendigkeit des Gebohts: mit Fürgeben/ durch das Geboht der Kirchen seye nohtwendig zu wissen und zu glauben/ was in dem Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß verfasset ist: wie auch dasjenige/ so die eines jeden Stand gemässe Sacramenten betrifft: und obschon einjeder glaubiger Christ nicht schuldig ist / austrücklich zu glauben/ was GOtt in seinem Wort geoffenbahret hat/ so müsse er doch ein bereitwilliges Gemüth tragen zu glauben alles das/ was die Päbstische Kirch zu glauben vorhält. Also redet Adamus Burghaber in ingres. Theol. Polem. f. 5. Und die Papisten insgemein.

Dis aber können wir nicht billigen aus folgenden Ursachen: Dann erstlich weder der Pabst noch die Päbstische Kirche kan eine Nohtwendigkeit des Glaubens auftringen/ wo GOtt keine Nohtwendigkeit verordnet hat.

Zweitens: der Glaube/ wann einer nur überhaupt glaubet was der Pabst und die päbstische Kirche gelaubt/ ist nur ein thörichter Schwindel-Glaube: Dann wann man solchen Glauben beym Licht betrachtet/ so befindet man/ daß er allen Glauben aufhebe: Sintemal weilen offt ein tummer oder epicurischer Pabst selbst nicht weiß was er glaubet/ und auch unter den andern päbstischen Pfaffen einjeder glaubt was die Kirch oder andere Pfaffen glauben / und diese hinwiedrum was die andern Pfaffen glauben/ so haben sie gar keinen Glauben: gleichwie wann einer spricht zum andern: Ich wil nichts anders/ als was du wilst/ und hingegen der andere spricht wiederum/ ich wil nicht anders als was du wilst/ so stehen sie als zween Narren zusammen/ und weiß keiner was er will.

Ist also die allwissende Vorsehung Gottes eben so wenig eine Ursach der Sünden/ als ein schöner Crystallener Spiegel/ so alles/ das ihm entgegen gesetzet wird/ deutlich fürstellet / eine Ursach ist/ das er fürstelle einen schwartzen Mohren/ und nicht einen weissen Europäer: dann dessen Ursach ist nicht der Spiegelsondern der schwartze Mohre selbsten so sich dem Spiegel entgegen stellet.

XXXII. Was GOtt haben wil/ geschicht unfehlbar: So wüsten ja alle Menschen seelig werden / wann sie GOtt wolte alle seelig haben.

Antwort. Was GOtt haben will durch einen vesten Raht-Schluß/ und absolut-gefasseten Willen (zum Exempel/ da GOtt hat wollen die Welt erschaffen) solches geschicht unfehlbar. Was aber GOtt nur haben will durch eint Gewogenheit/ und gutheissende Zuneigung und Wohlgefallen/ solches geschicht nicht unfehlbar: dann sonsten geschähe nichts als lauter guts auf der Welt. Und also will GOtt durch einen geneigten Willen und Wolgefallen daß alle seelig werden: durch einen festen Raht-schluß aber und absolut gefasseten Willen / wil er seelig machen nur alle die/ so glauben.

Das dreyzehende Capitel.

Was dann eigentlich für Stücke zu glauben nohtwendig seyn zur Seligkeit?

DIe Papisten unterscheiden zweyerley Nohtwendigkeit des Glaubensdie erste nennen sie necessitatem medii, eine Nohtwendigkeit eines absolut zur Erhaltung der Seligkeit erforderten Mittels: also/ sagen sie/ ist nohtwendig zu glauben/ daß ein GOtt seye / ein Vergelter des Guten/ und Abstraffer des Bösen/ welcher seine Vorsichtigkeit führe über das gegenwärtige und zukünfftige Leben/ davon die Epistel zun Hebräern cap. II. spricht: ohne Glauben ist unmöglich GOtt gefallen. Die zweyte Nohtwendigkeit nennen sie necessitatem praecepti, die Nohtwendigkeit des Gebohts: mit Fürgeben/ durch das Geboht der Kirchen seye nohtwendig zu wissen und zu glauben/ was in dem Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß verfasset ist: wie auch dasjenige/ so die eines jeden Stand gemässe Sacramenten betrifft: und obschon einjeder glaubiger Christ nicht schuldig ist / austrücklich zu glauben/ was GOtt in seinem Wort geoffenbahret hat/ so müsse er doch ein bereitwilliges Gemüth tragen zu glauben alles das/ was die Päbstische Kirch zu glauben vorhält. Also redet Adamus Burghaber in ingres. Theol. Polem. f. 5. Und die Papisten insgemein.

Dis aber können wir nicht billigen aus folgenden Ursachen: Dann erstlich weder der Pabst noch die Päbstische Kirche kan eine Nohtwendigkeit des Glaubens auftringen/ wo GOtt keine Nohtwendigkeit verordnet hat.

Zweitens: der Glaube/ wann einer nur überhaupt glaubet was der Pabst und die päbstische Kirche gelaubt/ ist nur ein thörichter Schwindel-Glaube: Dann wann man solchen Glauben beym Licht betrachtet/ so befindet man/ daß er allen Glauben aufhebe: Sintemal weilen offt ein tummer oder epicurischer Pabst selbst nicht weiß was er glaubet/ und auch unter den andern päbstischen Pfaffen einjeder glaubt was die Kirch oder andere Pfaffen glauben / und diese hinwiedrum was die andern Pfaffen glauben/ so haben sie gar keinen Glauben: gleichwie wann einer spricht zum andern: Ich wil nichts anders/ als was du wilst/ und hingegen der andere spricht wiederum/ ich wil nicht anders als was du wilst/ so stehen sie als zween Narren zusammen/ und weiß keiner was er will.

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        <p>XXXII. Was GOtt haben wil/ geschicht unfehlbar: So wüsten ja alle Menschen seelig werden           / wann sie GOtt wolte alle seelig haben.</p>
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        <p>Dis aber können wir nicht billigen aus folgenden Ursachen: Dann erstlich weder der Pabst            noch die Päbstische Kirche kan eine Nohtwendigkeit des Glaubens auftringen/ wo GOtt keine            Nohtwendigkeit verordnet hat.</p>
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[203/0223] Ist also die allwissende Vorsehung Gottes eben so wenig eine Ursach der Sünden/ als ein schöner Crystallener Spiegel/ so alles/ das ihm entgegen gesetzet wird/ deutlich fürstellet / eine Ursach ist/ das er fürstelle einen schwartzen Mohren/ und nicht einen weissen Europäer: dann dessen Ursach ist nicht der Spiegelsondern der schwartze Mohre selbsten so sich dem Spiegel entgegen stellet. XXXII. Was GOtt haben wil/ geschicht unfehlbar: So wüsten ja alle Menschen seelig werden / wann sie GOtt wolte alle seelig haben. Antwort. Was GOtt haben will durch einen vesten Raht-Schluß/ und absolut-gefasseten Willen (zum Exempel/ da GOtt hat wollen die Welt erschaffen) solches geschicht unfehlbar. Was aber GOtt nur haben will durch eint Gewogenheit/ und gutheissende Zuneigung und Wohlgefallen/ solches geschicht nicht unfehlbar: dann sonsten geschähe nichts als lauter guts auf der Welt. Und also will GOtt durch einen geneigten Willen und Wolgefallen daß alle seelig werden: durch einen festen Raht-schluß aber und absolut gefasseten Willen / wil er seelig machen nur alle die/ so glauben. Das dreyzehende Capitel. Was dann eigentlich für Stücke zu glauben nohtwendig seyn zur Seligkeit? DIe Papisten unterscheiden zweyerley Nohtwendigkeit des Glaubensdie erste nennen sie necessitatem medii, eine Nohtwendigkeit eines absolut zur Erhaltung der Seligkeit erforderten Mittels: also/ sagen sie/ ist nohtwendig zu glauben/ daß ein GOtt seye / ein Vergelter des Guten/ und Abstraffer des Bösen/ welcher seine Vorsichtigkeit führe über das gegenwärtige und zukünfftige Leben/ davon die Epistel zun Hebräern cap. II. spricht: ohne Glauben ist unmöglich GOtt gefallen. Die zweyte Nohtwendigkeit nennen sie necessitatem praecepti, die Nohtwendigkeit des Gebohts: mit Fürgeben/ durch das Geboht der Kirchen seye nohtwendig zu wissen und zu glauben/ was in dem Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß verfasset ist: wie auch dasjenige/ so die eines jeden Stand gemässe Sacramenten betrifft: und obschon einjeder glaubiger Christ nicht schuldig ist / austrücklich zu glauben/ was GOtt in seinem Wort geoffenbahret hat/ so müsse er doch ein bereitwilliges Gemüth tragen zu glauben alles das/ was die Päbstische Kirch zu glauben vorhält. Also redet Adamus Burghaber in ingres. Theol. Polem. f. 5. Und die Papisten insgemein. Dis aber können wir nicht billigen aus folgenden Ursachen: Dann erstlich weder der Pabst noch die Päbstische Kirche kan eine Nohtwendigkeit des Glaubens auftringen/ wo GOtt keine Nohtwendigkeit verordnet hat. Zweitens: der Glaube/ wann einer nur überhaupt glaubet was der Pabst und die päbstische Kirche gelaubt/ ist nur ein thörichter Schwindel-Glaube: Dann wann man solchen Glauben beym Licht betrachtet/ so befindet man/ daß er allen Glauben aufhebe: Sintemal weilen offt ein tummer oder epicurischer Pabst selbst nicht weiß was er glaubet/ und auch unter den andern päbstischen Pfaffen einjeder glaubt was die Kirch oder andere Pfaffen glauben / und diese hinwiedrum was die andern Pfaffen glauben/ so haben sie gar keinen Glauben: gleichwie wann einer spricht zum andern: Ich wil nichts anders/ als was du wilst/ und hingegen der andere spricht wiederum/ ich wil nicht anders als was du wilst/ so stehen sie als zween Narren zusammen/ und weiß keiner was er will.

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/223>, abgerufen am 28.11.2024.