Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

sich selbsten; sondern allein um Christi willen / von dem er eintzig und allein die völlige Krafft ziehen und herleiten muß.

Zweytens: Wan der Glaube mit GOtt von Vergebung der Sünden handelt/ und will wissen / wie er mit GOtt daran seye/ kan er sich auf nichtes anders gründen/ als allein auf Christi Blut und Tod/ oder auf die Verheissung/ so GOtt im Evangelio um Christi seines Sohns willen anbietet: dan auf des Gesetzes Wercke/ und also auff die Liebe kan er sich nicht verlassen; sintemahl wir noch bey weitem nicht dahin gelanget seyn/ daß wir GOtt von gantzem Hertzen solten geliebet haben/ und unsern Nechsten als uns selbsten.

Drittens: Demnach die Liebe aus dem Glauben herrühret/ und also die Liebe gewircket wird durch den Glauben/ so kan ja nicht der Glaube von der Liebe: sondern es muß vielmehr die Liebe von dem Glauben ihre Gestalt und Krafft haben.

Einrede der Papisten.

I. Vernichtet doch S. Paulus den Glauben/ so da ohne Liebe ist/ I. Cor. 13. v. 2. So folget ja/ daß die Liebe dem Glauben seine Krafft und Gestalt gebe.

Antwort. S. Paulus redet daselbsten von dem Glauben oder Krafft Wunderwerck zu thun / Berge zu versetzen &c. und nicht von dem seligmachenden Glauben/ wie der Text klar gnug ausweiset. Zudem so spricht er auch nicht/ daß der Glaube von der Liebe seine Krafft und Gestalt habe: sondern dieweilen der Glaube/ da keine Liebe bey ist/ kein rechter seligmachender Glaube ist/ so erfordert er die Liebe als ein gewisses Kenn-Zeichen und Merckmahl/ dabey man einen rechtschaffenen Glauben erkennen möge; keines weges aber/ als ob der Glaube seine Krafft von der Liebe haben müsse. Derohalben auch Christus die Liebe nicht anders als ein Kenn-Zeichen des wahren Glaubens ausgibt Joh. 13. v. 35. sprechend: Darbey wird jederman erkennen/ daß ihr meine Jünger seyd/ so ihr Liebe unter einander habt.

II. Der Glaube ist thätig/ oder wircket durch die Liebe/ Gal. 5. v. 6. Derowegen so gibt die Liebe dem Glauben seine Krafft und Ansehen.

Antwort. Die Liebe wird alhier gesetzet als ein Mittel/ instrument, und Werckzeug / dadurch der Glaube wircket. Nun weiß man aber wohl/ daß die instrument und Werckzeug keine Krafft und Ansehen geben können dem/ der sie gebraucht; sondern sie bekommen vielmehr ihre Krafft und Ansehen daher/ daß sie als Mittel zu etwas gebraucht und erhoben werden. Summa, Paulus will nur das anzeigen/ daß sich ein rechtschaffener Glaube an den guten Wercken/ als an seinen Früchten sehen und spühren lasse.

Die sechste Frage.

Ob diejenigen/ so da warhafftig an Christum glauben/ zweifflen sollen an der Gnade / ewiger Vorsehung und Gnaden-Wahl GOttes?

DIe Papisten sagen Ja/ wie aber Nein darzu.

Dan erstlich: so seynd die auf den Glauben gerichtete Verheissungen Christi dem Zweiffel gerad zuwider: dan Christus spricht: Niemand wird mir meine Schaffe aus meiner Hand reissen/ Joh. 10. v. 28. Und anderswo schweret er einen Eyd/ und versichert uns damit seiner Gnade zum

sich selbsten; sondern allein um Christi willen / von dem er eintzig und allein die völlige Krafft ziehen und herleiten muß.

Zweytens: Wan der Glaube mit GOtt von Vergebung der Sünden handelt/ und will wissen / wie er mit GOtt daran seye/ kan er sich auf nichtes anders gründen/ als allein auf Christi Blut und Tod/ oder auf die Verheissung/ so GOtt im Evangelio um Christi seines Sohns willen anbietet: dan auf des Gesetzes Wercke/ und also auff die Liebe kan er sich nicht verlassen; sintemahl wir noch bey weitem nicht dahin gelanget seyn/ daß wir GOtt von gantzem Hertzen solten geliebet haben/ und unsern Nechsten als uns selbsten.

Drittens: Demnach die Liebe aus dem Glauben herrühret/ und also die Liebe gewircket wird durch den Glauben/ so kan ja nicht der Glaube von der Liebe: sondern es muß vielmehr die Liebe von dem Glauben ihre Gestalt und Krafft haben.

Einrede der Papisten.

I. Vernichtet doch S. Paulus den Glauben/ so da ohne Liebe ist/ I. Cor. 13. v. 2. So folget ja/ daß die Liebe dem Glauben seine Krafft und Gestalt gebe.

Antwort. S. Paulus redet daselbsten von dem Glauben oder Krafft Wunderwerck zu thun / Berge zu versetzen &c. und nicht von dem seligmachenden Glauben/ wie der Text klar gnug ausweiset. Zudem so spricht er auch nicht/ daß der Glaube von der Liebe seine Krafft und Gestalt habe: sondern dieweilen der Glaube/ da keine Liebe bey ist/ kein rechter seligmachender Glaube ist/ so erfordert er die Liebe als ein gewisses Kenn-Zeichen und Merckmahl/ dabey man einen rechtschaffenen Glauben erkennen möge; keines weges aber/ als ob der Glaube seine Krafft von der Liebe haben müsse. Derohalben auch Christus die Liebe nicht anders als ein Kenn-Zeichen des wahren Glaubens ausgibt Joh. 13. v. 35. sprechend: Darbey wird jederman erkennen/ daß ihr meine Jünger seyd/ so ihr Liebe unter einander habt.

II. Der Glaube ist thätig/ oder wircket durch die Liebe/ Gal. 5. v. 6. Derowegen so gibt die Liebe dem Glauben seine Krafft und Ansehen.

Antwort. Die Liebe wird alhier gesetzet als ein Mittel/ instrument, und Werckzeug / dadurch der Glaube wircket. Nun weiß man aber wohl/ daß die instrument und Werckzeug keine Krafft und Ansehen geben können dem/ der sie gebraucht; sondern sie bekommen vielmehr ihre Krafft und Ansehen daher/ daß sie als Mittel zu etwas gebraucht und erhoben werden. Summa, Paulus will nur das anzeigen/ daß sich ein rechtschaffener Glaube an den guten Wercken/ als an seinen Früchten sehen und spühren lasse.

Die sechste Frage.

Ob diejenigen/ so da warhafftig an Christum glauben/ zweifflen sollen an der Gnade / ewiger Vorsehung und Gnaden-Wahl GOttes?

DIe Papisten sagen Ja/ wie aber Nein darzu.

Dan erstlich: so seynd die auf den Glauben gerichtete Verheissungen Christi dem Zweiffel gerad zuwider: dan Christus spricht: Niemand wird mir meine Schaffe aus meiner Hand reissen/ Joh. 10. v. 28. Und anderswo schweret er einen Eyd/ und versichert uns damit seiner Gnade zum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0210" n="190"/>
sich selbsten; sondern allein um Christi willen /            von dem er eintzig und allein die völlige Krafft ziehen und herleiten muß.</p>
        <p>Zweytens: Wan der Glaube mit GOtt von Vergebung der Sünden handelt/ und will wissen /            wie er mit GOtt daran seye/ kan er sich auf nichtes anders gründen/ als allein auf            Christi Blut und Tod/ oder auf die Verheissung/ so GOtt im Evangelio um Christi seines            Sohns willen anbietet: dan auf des Gesetzes Wercke/ und also auff die Liebe kan er sich            nicht verlassen; sintemahl wir noch bey weitem nicht dahin gelanget seyn/ daß wir GOtt            von gantzem Hertzen solten geliebet haben/ und unsern Nechsten als uns selbsten.</p>
        <p>Drittens: Demnach die Liebe aus dem Glauben herrühret/ und also die Liebe gewircket wird            durch den Glauben/ so kan ja nicht der Glaube von der Liebe: sondern es muß vielmehr die            Liebe von dem Glauben ihre Gestalt und Krafft haben.</p>
        <p>Einrede der Papisten.</p>
        <p>I. Vernichtet doch S. Paulus den Glauben/ so da ohne Liebe ist/ I. Cor. 13. v. 2. So            folget ja/ daß die Liebe dem Glauben seine Krafft und Gestalt gebe.</p>
        <p>Antwort. S. Paulus redet daselbsten von dem Glauben oder Krafft Wunderwerck zu thun /            Berge zu versetzen &amp;c. und nicht von dem seligmachenden Glauben/ wie der Text klar            gnug ausweiset. Zudem so spricht er auch nicht/ daß der Glaube von der Liebe seine Krafft            und Gestalt habe: sondern dieweilen der Glaube/ da keine Liebe bey ist/ kein rechter            seligmachender Glaube ist/ so erfordert er die Liebe als ein gewisses Kenn-Zeichen und            Merckmahl/ dabey man einen rechtschaffenen Glauben erkennen möge; keines weges aber/ als            ob der Glaube seine Krafft von der Liebe haben müsse. Derohalben auch Christus die Liebe            nicht anders als ein Kenn-Zeichen des wahren Glaubens ausgibt Joh. 13. v. 35. sprechend:            Darbey wird jederman erkennen/ daß ihr meine Jünger seyd/ so ihr Liebe unter einander            habt.</p>
        <p>II. Der Glaube ist thätig/ oder wircket durch die Liebe/ Gal. 5. v. 6. Derowegen so            gibt die Liebe dem Glauben seine Krafft und Ansehen.</p>
        <p>Antwort. Die Liebe wird alhier gesetzet als ein Mittel/ instrument, und Werckzeug /            dadurch der Glaube wircket. Nun weiß man aber wohl/ daß die instrument und Werckzeug            keine Krafft und Ansehen geben können dem/ der sie gebraucht; sondern sie bekommen            vielmehr ihre Krafft und Ansehen daher/ daß sie als Mittel zu etwas gebraucht und erhoben            werden. Summa, Paulus will nur das anzeigen/ daß sich ein rechtschaffener Glaube an den            guten Wercken/ als an seinen Früchten sehen und spühren lasse.</p>
        <p>Die sechste Frage.</p>
        <p>Ob diejenigen/ so da warhafftig an Christum glauben/ zweifflen sollen an der Gnade /            ewiger Vorsehung und Gnaden-Wahl GOttes?</p>
        <p>DIe Papisten sagen Ja/ wie aber Nein darzu.</p>
        <p>Dan erstlich: so seynd die auf den Glauben gerichtete Verheissungen Christi dem Zweiffel            gerad zuwider: dan Christus spricht: Niemand wird mir meine Schaffe aus meiner Hand            reissen/ Joh. 10. v. 28. Und anderswo schweret er einen Eyd/ und versichert uns damit            seiner Gnade zum
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0210] sich selbsten; sondern allein um Christi willen / von dem er eintzig und allein die völlige Krafft ziehen und herleiten muß. Zweytens: Wan der Glaube mit GOtt von Vergebung der Sünden handelt/ und will wissen / wie er mit GOtt daran seye/ kan er sich auf nichtes anders gründen/ als allein auf Christi Blut und Tod/ oder auf die Verheissung/ so GOtt im Evangelio um Christi seines Sohns willen anbietet: dan auf des Gesetzes Wercke/ und also auff die Liebe kan er sich nicht verlassen; sintemahl wir noch bey weitem nicht dahin gelanget seyn/ daß wir GOtt von gantzem Hertzen solten geliebet haben/ und unsern Nechsten als uns selbsten. Drittens: Demnach die Liebe aus dem Glauben herrühret/ und also die Liebe gewircket wird durch den Glauben/ so kan ja nicht der Glaube von der Liebe: sondern es muß vielmehr die Liebe von dem Glauben ihre Gestalt und Krafft haben. Einrede der Papisten. I. Vernichtet doch S. Paulus den Glauben/ so da ohne Liebe ist/ I. Cor. 13. v. 2. So folget ja/ daß die Liebe dem Glauben seine Krafft und Gestalt gebe. Antwort. S. Paulus redet daselbsten von dem Glauben oder Krafft Wunderwerck zu thun / Berge zu versetzen &c. und nicht von dem seligmachenden Glauben/ wie der Text klar gnug ausweiset. Zudem so spricht er auch nicht/ daß der Glaube von der Liebe seine Krafft und Gestalt habe: sondern dieweilen der Glaube/ da keine Liebe bey ist/ kein rechter seligmachender Glaube ist/ so erfordert er die Liebe als ein gewisses Kenn-Zeichen und Merckmahl/ dabey man einen rechtschaffenen Glauben erkennen möge; keines weges aber/ als ob der Glaube seine Krafft von der Liebe haben müsse. Derohalben auch Christus die Liebe nicht anders als ein Kenn-Zeichen des wahren Glaubens ausgibt Joh. 13. v. 35. sprechend: Darbey wird jederman erkennen/ daß ihr meine Jünger seyd/ so ihr Liebe unter einander habt. II. Der Glaube ist thätig/ oder wircket durch die Liebe/ Gal. 5. v. 6. Derowegen so gibt die Liebe dem Glauben seine Krafft und Ansehen. Antwort. Die Liebe wird alhier gesetzet als ein Mittel/ instrument, und Werckzeug / dadurch der Glaube wircket. Nun weiß man aber wohl/ daß die instrument und Werckzeug keine Krafft und Ansehen geben können dem/ der sie gebraucht; sondern sie bekommen vielmehr ihre Krafft und Ansehen daher/ daß sie als Mittel zu etwas gebraucht und erhoben werden. Summa, Paulus will nur das anzeigen/ daß sich ein rechtschaffener Glaube an den guten Wercken/ als an seinen Früchten sehen und spühren lasse. Die sechste Frage. Ob diejenigen/ so da warhafftig an Christum glauben/ zweifflen sollen an der Gnade / ewiger Vorsehung und Gnaden-Wahl GOttes? DIe Papisten sagen Ja/ wie aber Nein darzu. Dan erstlich: so seynd die auf den Glauben gerichtete Verheissungen Christi dem Zweiffel gerad zuwider: dan Christus spricht: Niemand wird mir meine Schaffe aus meiner Hand reissen/ Joh. 10. v. 28. Und anderswo schweret er einen Eyd/ und versichert uns damit seiner Gnade zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/210
Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/210>, abgerufen am 19.05.2024.