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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Beet etwa 6 cm hoch überrieseln, worauf der Samen aus flacher Wanne
mit der Hand darauf gestreut wird. Derselbe wurde aufs sorgfältigste
ausgewählt, in vielen Fällen auch tagelang vorher unter Wasser ge-
halten. Die Reiskörner sinken rasch unter und liegen dann ziemlich
dicht neben einander auf und in dem schlammigen Boden. Nach
4--5 Tagen haben sie schon gekeimt. Das Wasser, welches unter
anderm auch den Vortheil bot, die frische Saat vor Vögeln zu schützen,
ist verdunstet oder in den Boden gedrungen und muss, wenn kein
Regen eintritt, durch einen neuen Zufluss aus der Leitung ersetzt
werden. In der Regel wird aber das Saatbeet nur Nachts überrieselt
und bei Tage trocken gelegt. Jenes dient zum Schutz gegen die Kälte,
dies zur grösseren Erwärmung des Bodens durch die Sonne.

In den meisten Gegenden Japans findet diese Aussaat des Reis
gegen Ende April oder Anfang Mai statt und etwa 30--45 Tage später
das Verpflanzen. In einigen Distrikten, z. B. in den Provinzen Mino
und Shinano (südwestlich von Tokio im Innern von Hondo), pflegt man
ganz allgemein die Cultur 2--4 Wochen später zu beginnen, *) in
andern, wie bei Kochi in Tosa (auf der Insel Shikoku), ebensoviel
früher. Dies hängt theils von klimatischen Ursachen ab, insofern
die zur Reisentwickelung nöthige Boden- und Wassertemperatur in den
verschiedenen Landestheilen erst spät oder schon zeitig im Frühling
eintritt, vornehmlich aber davon, dass in fruchtbaren Niederungen, wie
der reichen Ebene in Mino, das Reisland nicht brach lag und seine
Winterfrucht, besonders Gerste und Raps, erst im Juni reif und ge-
erntet wird, so dass vor Mitte oder Ende dieses Monats das Feld zur
Aufnahme der jungen Reispflanzen nicht hergerichtet sein kann.

Weitaus der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den
Winter über brach und bildet, zum Theil mit Wasser bedeckt, eine
Art Sumpf, den Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becassinen.
Dies ist vornehmlich der Fall, wo der Boden zur Erzielung zweier
Jahresernten nicht geeignet ist, sei es, dass der Winter zu lang und
die Vegetationszeit auf zu wenige Monate beschränkt ist, sei es, dass
er vorzugsweise aus den weniger fruchtbaren Zersetzungsprodukten
alter Schiefer und krystallinischer Gesteine besteht und desshalb zeit-
weise ruhen muss. Von einer andern Wechselwirthschaft ist aber
beim Reislande Ostasiens keine Rede; seit vielen Jahrhunderten dient
es jeden Sommer dem gleichen Zweck.

Während in andern Ländern die Reisfelder mit Pflügen, gezogen

*) In Shinano gilt allgemein der 33. Tag vor Hange (der 2. Juli) als die Zeit
zur Aussaat.

I. Land- und Forstwirthschaft.
Beet etwa 6 cm hoch überrieseln, worauf der Samen aus flacher Wanne
mit der Hand darauf gestreut wird. Derselbe wurde aufs sorgfältigste
ausgewählt, in vielen Fällen auch tagelang vorher unter Wasser ge-
halten. Die Reiskörner sinken rasch unter und liegen dann ziemlich
dicht neben einander auf und in dem schlammigen Boden. Nach
4—5 Tagen haben sie schon gekeimt. Das Wasser, welches unter
anderm auch den Vortheil bot, die frische Saat vor Vögeln zu schützen,
ist verdunstet oder in den Boden gedrungen und muss, wenn kein
Regen eintritt, durch einen neuen Zufluss aus der Leitung ersetzt
werden. In der Regel wird aber das Saatbeet nur Nachts überrieselt
und bei Tage trocken gelegt. Jenes dient zum Schutz gegen die Kälte,
dies zur grösseren Erwärmung des Bodens durch die Sonne.

In den meisten Gegenden Japans findet diese Aussaat des Reis
gegen Ende April oder Anfang Mai statt und etwa 30—45 Tage später
das Verpflanzen. In einigen Distrikten, z. B. in den Provinzen Mino
und Shináno (südwestlich von Tôkio im Innern von Hondo), pflegt man
ganz allgemein die Cultur 2—4 Wochen später zu beginnen, *) in
andern, wie bei Kôchi in Tosa (auf der Insel Shikóku), ebensoviel
früher. Dies hängt theils von klimatischen Ursachen ab, insofern
die zur Reisentwickelung nöthige Boden- und Wassertemperatur in den
verschiedenen Landestheilen erst spät oder schon zeitig im Frühling
eintritt, vornehmlich aber davon, dass in fruchtbaren Niederungen, wie
der reichen Ebene in Mino, das Reisland nicht brach lag und seine
Winterfrucht, besonders Gerste und Raps, erst im Juni reif und ge-
erntet wird, so dass vor Mitte oder Ende dieses Monats das Feld zur
Aufnahme der jungen Reispflanzen nicht hergerichtet sein kann.

Weitaus der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den
Winter über brach und bildet, zum Theil mit Wasser bedeckt, eine
Art Sumpf, den Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becassinen.
Dies ist vornehmlich der Fall, wo der Boden zur Erzielung zweier
Jahresernten nicht geeignet ist, sei es, dass der Winter zu lang und
die Vegetationszeit auf zu wenige Monate beschränkt ist, sei es, dass
er vorzugsweise aus den weniger fruchtbaren Zersetzungsprodukten
alter Schiefer und krystallinischer Gesteine besteht und desshalb zeit-
weise ruhen muss. Von einer andern Wechselwirthschaft ist aber
beim Reislande Ostasiens keine Rede; seit vielen Jahrhunderten dient
es jeden Sommer dem gleichen Zweck.

Während in andern Ländern die Reisfelder mit Pflügen, gezogen

*) In Shináno gilt allgemein der 33. Tag vor Hange (der 2. Juli) als die Zeit
zur Aussaat.
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[48/0068] I. Land- und Forstwirthschaft. Beet etwa 6 cm hoch überrieseln, worauf der Samen aus flacher Wanne mit der Hand darauf gestreut wird. Derselbe wurde aufs sorgfältigste ausgewählt, in vielen Fällen auch tagelang vorher unter Wasser ge- halten. Die Reiskörner sinken rasch unter und liegen dann ziemlich dicht neben einander auf und in dem schlammigen Boden. Nach 4—5 Tagen haben sie schon gekeimt. Das Wasser, welches unter anderm auch den Vortheil bot, die frische Saat vor Vögeln zu schützen, ist verdunstet oder in den Boden gedrungen und muss, wenn kein Regen eintritt, durch einen neuen Zufluss aus der Leitung ersetzt werden. In der Regel wird aber das Saatbeet nur Nachts überrieselt und bei Tage trocken gelegt. Jenes dient zum Schutz gegen die Kälte, dies zur grösseren Erwärmung des Bodens durch die Sonne. In den meisten Gegenden Japans findet diese Aussaat des Reis gegen Ende April oder Anfang Mai statt und etwa 30—45 Tage später das Verpflanzen. In einigen Distrikten, z. B. in den Provinzen Mino und Shináno (südwestlich von Tôkio im Innern von Hondo), pflegt man ganz allgemein die Cultur 2—4 Wochen später zu beginnen, *) in andern, wie bei Kôchi in Tosa (auf der Insel Shikóku), ebensoviel früher. Dies hängt theils von klimatischen Ursachen ab, insofern die zur Reisentwickelung nöthige Boden- und Wassertemperatur in den verschiedenen Landestheilen erst spät oder schon zeitig im Frühling eintritt, vornehmlich aber davon, dass in fruchtbaren Niederungen, wie der reichen Ebene in Mino, das Reisland nicht brach lag und seine Winterfrucht, besonders Gerste und Raps, erst im Juni reif und ge- erntet wird, so dass vor Mitte oder Ende dieses Monats das Feld zur Aufnahme der jungen Reispflanzen nicht hergerichtet sein kann. Weitaus der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter über brach und bildet, zum Theil mit Wasser bedeckt, eine Art Sumpf, den Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becassinen. Dies ist vornehmlich der Fall, wo der Boden zur Erzielung zweier Jahresernten nicht geeignet ist, sei es, dass der Winter zu lang und die Vegetationszeit auf zu wenige Monate beschränkt ist, sei es, dass er vorzugsweise aus den weniger fruchtbaren Zersetzungsprodukten alter Schiefer und krystallinischer Gesteine besteht und desshalb zeit- weise ruhen muss. Von einer andern Wechselwirthschaft ist aber beim Reislande Ostasiens keine Rede; seit vielen Jahrhunderten dient es jeden Sommer dem gleichen Zweck. Während in andern Ländern die Reisfelder mit Pflügen, gezogen *) In Shináno gilt allgemein der 33. Tag vor Hange (der 2. Juli) als die Zeit zur Aussaat.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/68>, abgerufen am 22.11.2024.