von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So sieht man z. B. in der Umgebung von Tokio und Nagasaki selten Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen z. B. bei Ozaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.
Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be- ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps- stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein- wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk- armer Schiefer- und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie man dies denken sollte.
Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der Dämme
Rein, Japan II. 4
2. Nährpflanzen.
von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So sieht man z. B. in der Umgebung von Tôkio und Nagasáki selten Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen z. B. bei Ôzaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.
Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be- ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps- stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein- wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk- armer Schiefer- und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie man dies denken sollte.
Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der Dämme
Rein, Japan II. 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0069"n="49"/><fwplace="top"type="header">2. Nährpflanzen.</fw><lb/>
von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan<lb/>
und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter<lb/>
ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den<lb/>
Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist<lb/>
eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So<lb/>
sieht man z. B. in der Umgebung von Tôkio und Nagasáki selten<lb/>
Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen<lb/>
z. B. bei Ôzaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.</p><lb/><p>Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai<lb/>
mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus<lb/>
lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be-<lb/>
ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der<lb/>
Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps-<lb/>
stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in<lb/>
China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und<lb/>
andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von<lb/>
Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und<lb/>
in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder<lb/>
sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei<lb/>
zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich<lb/>
mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein-<lb/>
wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser<lb/>
Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die<lb/>
Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen<lb/>
oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der<lb/>
pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm<lb/>
und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen<lb/>
jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten<lb/>
Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des<lb/>
Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden<lb/>
sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk-<lb/>
armer Schiefer- und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel<lb/>
Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch<lb/>
auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken<lb/>
fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man<lb/>
beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im<lb/>
Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs<lb/>
von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie<lb/>
man dies denken sollte.</p><lb/><p>Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des<lb/>
Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der Dämme<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Rein</hi>, Japan II. 4</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[49/0069]
2. Nährpflanzen.
von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan
und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter
ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den
Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist
eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So
sieht man z. B. in der Umgebung von Tôkio und Nagasáki selten
Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen
z. B. bei Ôzaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.
Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai
mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus
lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be-
ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der
Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps-
stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in
China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und
andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von
Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und
in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder
sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei
zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich
mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein-
wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser
Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die
Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen
oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der
pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm
und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen
jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten
Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des
Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden
sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk-
armer Schiefer- und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel
Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch
auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken
fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man
beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im
Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs
von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie
man dies denken sollte.
Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des
Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der Dämme
Rein, Japan II. 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/69>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.