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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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II. Montanindustrie.
schon vor 25 Jahren ein Japaner nach holländischen Zeichnungen Hoh-
öfen an. Ich sah dieselben im Betrieb. Es war die alte Construction,
ohne Verwerthung der Gichtgase und mit primitivem Gussverfahren in
flache Brode auf Sand. Von den beiden Orten und Hohöfen befindet
sich Ohashi auf der Ostseite und Sahinai auf der Westseite der be-
waldeten Höhen, welche jene Wasserscheide bilden. Während der
letzten 10 Jahre trug sich die japanische Regierung bezüglich dieser
Eisensteinlager mit grossen Projecten. Man wollte aus Kamaishi ein
zweites Essen machen mit oder ohne Krupps Hülfe. Daraus ist nun
freilich nichts geworden. Vor 11 Jahren, als ich die Vorkommnisse
sah, war man mit Anlage einer 5 ri langen schmalspurigen Bahn von
den Lagerstätten bei Ohashi nach dem Hafen beschäftigt, sowie mit
Errichtung zweier Hohöfen nach neuesten Principien. Dieselben sind
schon lange in Thätigkeit, ebenso ein Puddelofen. Die Werke befinden
sich jetzt ebenfalls in Privathänden, nachdem die Regierung vergeb-
lich sich bemüht hat, sie mit Hülfe fremder Ingenieure in Schwung zu
bringen. Man wollte die immer schwerer zu beschaffende Holzkohle
durch Cokes ersetzen und machte behufs Darstellung der letzteren
mit den einheimischen Steinkohlen manche, aber meist misslungene
Versuche.

Zu Nakakosaka in der Provinz Kotsuke wurde durch engli-
sche Ingenieure ebenfalls ein Holzkohlen-Hohofen angelegt, der aber
den Besitzern bis jetzt keinen Nutzen gewährte.

Das ältere Schiefergebirge, welchem die meisten Lagerstätten der
japanischen Erze angehören, birgt in seinen Quarzitgängen neben
Kupferkies auch die Sulfide des Eisens zuweilen in grösseren, tech-
nisch verwerthbaren Mengen, und zwar soll (nach mündlichen Mitthei-
lungen von Herrn Grubendirector Vogel in Freiberg) Magnetkies im
allgemeinen viel häufiger auftreten als Schwefelkies, so z. B. in dem
Grenzgebiete von Bitchiu, Bizen und Mimasaka, woselbst die Kupfer-
werke von Ichigami, Nakaso und andere sich befinden. Dass man
diese Schwefelverbindungen des Eisens schon zur Gewinnung von
Schwefelsäure verwendet hätte, ist mir nicht bekannt, wenigstens ge-
schieht es nicht in der Münze von Ozaka, woselbst die Darstellung
dieser wichtigen Flüssigkeit vor etwa 20 Jahren zuerst in Japan ein-
geführt wurde. Dagegen kannten die Eingebornen schon lange die
Bereitung des Beni-gara oder Eisenroths (Colcothars), die sie wahr-
scheinlich den Chinesen entlehnt hatten, und benutzten dazu die mas-
senhafteren Vorkommnisse des Magnet- und Eisenkieses, wie sie es
noch heute thun; denn Beni-gara spielt nicht blos eine Rolle in ihrer
Heilkunde, sondern wird auch in verschiedenen ihrer Industriezweige,

II. Montanindustrie.
schon vor 25 Jahren ein Japaner nach holländischen Zeichnungen Hoh-
öfen an. Ich sah dieselben im Betrieb. Es war die alte Construction,
ohne Verwerthung der Gichtgase und mit primitivem Gussverfahren in
flache Brode auf Sand. Von den beiden Orten und Hohöfen befindet
sich Ohashi auf der Ostseite und Sahinai auf der Westseite der be-
waldeten Höhen, welche jene Wasserscheide bilden. Während der
letzten 10 Jahre trug sich die japanische Regierung bezüglich dieser
Eisensteinlager mit grossen Projecten. Man wollte aus Kamaishi ein
zweites Essen machen mit oder ohne Krupps Hülfe. Daraus ist nun
freilich nichts geworden. Vor 11 Jahren, als ich die Vorkommnisse
sah, war man mit Anlage einer 5 ri langen schmalspurigen Bahn von
den Lagerstätten bei Ohashi nach dem Hafen beschäftigt, sowie mit
Errichtung zweier Hohöfen nach neuesten Principien. Dieselben sind
schon lange in Thätigkeit, ebenso ein Puddelofen. Die Werke befinden
sich jetzt ebenfalls in Privathänden, nachdem die Regierung vergeb-
lich sich bemüht hat, sie mit Hülfe fremder Ingenieure in Schwung zu
bringen. Man wollte die immer schwerer zu beschaffende Holzkohle
durch Cokes ersetzen und machte behufs Darstellung der letzteren
mit den einheimischen Steinkohlen manche, aber meist misslungene
Versuche.

Zu Nakakosaka in der Provinz Kotsuke wurde durch engli-
sche Ingenieure ebenfalls ein Holzkohlen-Hohofen angelegt, der aber
den Besitzern bis jetzt keinen Nutzen gewährte.

Das ältere Schiefergebirge, welchem die meisten Lagerstätten der
japanischen Erze angehören, birgt in seinen Quarzitgängen neben
Kupferkies auch die Sulfide des Eisens zuweilen in grösseren, tech-
nisch verwerthbaren Mengen, und zwar soll (nach mündlichen Mitthei-
lungen von Herrn Grubendirector Vogel in Freiberg) Magnetkies im
allgemeinen viel häufiger auftreten als Schwefelkies, so z. B. in dem
Grenzgebiete von Bitchiu, Bizen und Mimasaka, woselbst die Kupfer-
werke von Ichigami, Nakasô und andere sich befinden. Dass man
diese Schwefelverbindungen des Eisens schon zur Gewinnung von
Schwefelsäure verwendet hätte, ist mir nicht bekannt, wenigstens ge-
schieht es nicht in der Münze von Ôzaka, woselbst die Darstellung
dieser wichtigen Flüssigkeit vor etwa 20 Jahren zuerst in Japan ein-
geführt wurde. Dagegen kannten die Eingebornen schon lange die
Bereitung des Beni-gara oder Eisenroths (Colcothars), die sie wahr-
scheinlich den Chinesen entlehnt hatten, und benutzten dazu die mas-
senhafteren Vorkommnisse des Magnet- und Eisenkieses, wie sie es
noch heute thun; denn Beni-gara spielt nicht blos eine Rolle in ihrer
Heilkunde, sondern wird auch in verschiedenen ihrer Industriezweige,

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[360/0384] II. Montanindustrie. schon vor 25 Jahren ein Japaner nach holländischen Zeichnungen Hoh- öfen an. Ich sah dieselben im Betrieb. Es war die alte Construction, ohne Verwerthung der Gichtgase und mit primitivem Gussverfahren in flache Brode auf Sand. Von den beiden Orten und Hohöfen befindet sich Ohashi auf der Ostseite und Sahinai auf der Westseite der be- waldeten Höhen, welche jene Wasserscheide bilden. Während der letzten 10 Jahre trug sich die japanische Regierung bezüglich dieser Eisensteinlager mit grossen Projecten. Man wollte aus Kamaishi ein zweites Essen machen mit oder ohne Krupps Hülfe. Daraus ist nun freilich nichts geworden. Vor 11 Jahren, als ich die Vorkommnisse sah, war man mit Anlage einer 5 ri langen schmalspurigen Bahn von den Lagerstätten bei Ohashi nach dem Hafen beschäftigt, sowie mit Errichtung zweier Hohöfen nach neuesten Principien. Dieselben sind schon lange in Thätigkeit, ebenso ein Puddelofen. Die Werke befinden sich jetzt ebenfalls in Privathänden, nachdem die Regierung vergeb- lich sich bemüht hat, sie mit Hülfe fremder Ingenieure in Schwung zu bringen. Man wollte die immer schwerer zu beschaffende Holzkohle durch Cokes ersetzen und machte behufs Darstellung der letzteren mit den einheimischen Steinkohlen manche, aber meist misslungene Versuche. Zu Nakakosaka in der Provinz Kotsuke wurde durch engli- sche Ingenieure ebenfalls ein Holzkohlen-Hohofen angelegt, der aber den Besitzern bis jetzt keinen Nutzen gewährte. Das ältere Schiefergebirge, welchem die meisten Lagerstätten der japanischen Erze angehören, birgt in seinen Quarzitgängen neben Kupferkies auch die Sulfide des Eisens zuweilen in grösseren, tech- nisch verwerthbaren Mengen, und zwar soll (nach mündlichen Mitthei- lungen von Herrn Grubendirector Vogel in Freiberg) Magnetkies im allgemeinen viel häufiger auftreten als Schwefelkies, so z. B. in dem Grenzgebiete von Bitchiu, Bizen und Mimasaka, woselbst die Kupfer- werke von Ichigami, Nakasô und andere sich befinden. Dass man diese Schwefelverbindungen des Eisens schon zur Gewinnung von Schwefelsäure verwendet hätte, ist mir nicht bekannt, wenigstens ge- schieht es nicht in der Münze von Ôzaka, woselbst die Darstellung dieser wichtigen Flüssigkeit vor etwa 20 Jahren zuerst in Japan ein- geführt wurde. Dagegen kannten die Eingebornen schon lange die Bereitung des Beni-gara oder Eisenroths (Colcothars), die sie wahr- scheinlich den Chinesen entlehnt hatten, und benutzten dazu die mas- senhafteren Vorkommnisse des Magnet- und Eisenkieses, wie sie es noch heute thun; denn Beni-gara spielt nicht blos eine Rolle in ihrer Heilkunde, sondern wird auch in verschiedenen ihrer Industriezweige,

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/384>, abgerufen am 28.04.2024.