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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.

Nördlich der Alpen und Pyrenäen herrscht die winterkahle
lebende Hecke und der Weissdorn als beliebtestes Material zur Er-
zielung derselben; in der Mittelmeerregion greift man dagegen zu
verschiedenen immergrünen Sträuchern, so hin und wieder zu Myrthe,
Lorbeer, Viburnum Tinus, Durantha Plumieri, vornehmlich aber zu
Ligustrum japonicum und mit noch weit grösserer Vorliebe zu Evonymus
japonicus, dem japanischen Masa-ki. In der That überbieten solche
Evonymus-Hecken durch ihre Gleichmässigkeit und Geschlossenheit,
sowie die Fülle und den Glanz ihrer prächtig grünen Blätter an Schön-
heit alle andern. So sind z. B. diejenigen, welche in Las Delicias
zu Sevilla, den öffentlichen Anlagen am Corso und linken Ufer des
Guadalquivir alle Wege einfassen, unvergleichlich schön. Sie werden
hier, wie fast überall, unter der Schere gehalten, und zwar einen Meter
hoch und breit. Selbst zur Einfassung der Beete, wobei uns viel der
Bux dient, benutzt man die Pflanze mit Vorteil. Diese Einfassun-
gen werden natürlich schmal und niedrig gehalten und hübsch be-
schnitten. Auch anderwärts auf der iberischen Halbinsel, z. B. in Ma-
drid und Lissabon, sodann in Italien, sind solche Hecken häufig zu
sehen.

Die Hecken aus Ligustrum japonicum Thunb., dem Nedzumi-
mochi
der Japaner, wie solche z. B. an den Bahnhöfen zu Sevilla
und Huelva, aber auch schon in Südfrankreich und Norditalien zu
sehen sind, erinnern in ihrer Färbung an unsere gewöhnlichen Li-
gusterhecken, welche bekanntlich unter all unsern sommergrünen Pflan-
zungen derart am längsten ihren Blätterschmuck behalten. Die jungen
Blätter sind erst rothbraun und auch später nicht so hell und freund-
lich grün, wie diejenigen des Evonymus. Ihre Färbung und Gestalt
nähert sich derjenigen der nahe verwandten Syringablätter. -- Aber
die wichtigste Verwendung der beiden genannten immergrünen Gehölze
ist nicht die zu dichten und engbegrenzten Hecken, sondern zur Aus-
schmückung der Gärten und öffentlichen Anlagen der verschiedensten
Art. Wir begegnen ihnen im quadratischen Hofe andalusischer Gast-
und Wohnhäuser, auf den freien Plätzen fast aller südeuropäischen
Städte, in jeder Parkanlage. Dabei geht der japanische Liguster häufig
aus der Strauch- in die Baumform über mit Stämmen von 8--10 m
Höhe und 80--100 cm Umfang. Solche sah ich u. A. zu San Jose in
Malaga, in Lissabon und auf der Plaza mayor beim königl. Schlosse
zu Madrid. In Italien, wo die Pflanze ebenfalls sehr verbreitet ist,
sind ihre Dimensionen viel geringer. Evonymus japonicus ist weniger
empfindlich gegen die Winterkälte und gedeiht desshalb auch noch
im südlichen Frankreich, sowie in den Anlagen von Paris. Man be-

I. Land- und Forstwirthschaft.

Nördlich der Alpen und Pyrenäen herrscht die winterkahle
lebende Hecke und der Weissdorn als beliebtestes Material zur Er-
zielung derselben; in der Mittelmeerregion greift man dagegen zu
verschiedenen immergrünen Sträuchern, so hin und wieder zu Myrthe,
Lorbeer, Viburnum Tinus, Durantha Plumieri, vornehmlich aber zu
Ligustrum japonicum und mit noch weit grösserer Vorliebe zu Evonymus
japonicus, dem japanischen Masa-ki. In der That überbieten solche
Evonymus-Hecken durch ihre Gleichmässigkeit und Geschlossenheit,
sowie die Fülle und den Glanz ihrer prächtig grünen Blätter an Schön-
heit alle andern. So sind z. B. diejenigen, welche in Las Delicias
zu Sevilla, den öffentlichen Anlagen am Corso und linken Ufer des
Guadalquivir alle Wege einfassen, unvergleichlich schön. Sie werden
hier, wie fast überall, unter der Schere gehalten, und zwar einen Meter
hoch und breit. Selbst zur Einfassung der Beete, wobei uns viel der
Bux dient, benutzt man die Pflanze mit Vorteil. Diese Einfassun-
gen werden natürlich schmal und niedrig gehalten und hübsch be-
schnitten. Auch anderwärts auf der iberischen Halbinsel, z. B. in Ma-
drid und Lissabon, sodann in Italien, sind solche Hecken häufig zu
sehen.

Die Hecken aus Ligustrum japonicum Thunb., dem Nedzumi-
mochi
der Japaner, wie solche z. B. an den Bahnhöfen zu Sevilla
und Huelva, aber auch schon in Südfrankreich und Norditalien zu
sehen sind, erinnern in ihrer Färbung an unsere gewöhnlichen Li-
gusterhecken, welche bekanntlich unter all unsern sommergrünen Pflan-
zungen derart am längsten ihren Blätterschmuck behalten. Die jungen
Blätter sind erst rothbraun und auch später nicht so hell und freund-
lich grün, wie diejenigen des Evonymus. Ihre Färbung und Gestalt
nähert sich derjenigen der nahe verwandten Syringablätter. — Aber
die wichtigste Verwendung der beiden genannten immergrünen Gehölze
ist nicht die zu dichten und engbegrenzten Hecken, sondern zur Aus-
schmückung der Gärten und öffentlichen Anlagen der verschiedensten
Art. Wir begegnen ihnen im quadratischen Hofe andalusischer Gast-
und Wohnhäuser, auf den freien Plätzen fast aller südeuropäischen
Städte, in jeder Parkanlage. Dabei geht der japanische Liguster häufig
aus der Strauch- in die Baumform über mit Stämmen von 8—10 m
Höhe und 80—100 cm Umfang. Solche sah ich u. A. zu San Jose in
Malaga, in Lissabon und auf der Plaza mayór beim königl. Schlosse
zu Madrid. In Italien, wo die Pflanze ebenfalls sehr verbreitet ist,
sind ihre Dimensionen viel geringer. Evonymus japonicus ist weniger
empfindlich gegen die Winterkälte und gedeiht desshalb auch noch
im südlichen Frankreich, sowie in den Anlagen von Paris. Man be-

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[342/0366] I. Land- und Forstwirthschaft. Nördlich der Alpen und Pyrenäen herrscht die winterkahle lebende Hecke und der Weissdorn als beliebtestes Material zur Er- zielung derselben; in der Mittelmeerregion greift man dagegen zu verschiedenen immergrünen Sträuchern, so hin und wieder zu Myrthe, Lorbeer, Viburnum Tinus, Durantha Plumieri, vornehmlich aber zu Ligustrum japonicum und mit noch weit grösserer Vorliebe zu Evonymus japonicus, dem japanischen Masa-ki. In der That überbieten solche Evonymus-Hecken durch ihre Gleichmässigkeit und Geschlossenheit, sowie die Fülle und den Glanz ihrer prächtig grünen Blätter an Schön- heit alle andern. So sind z. B. diejenigen, welche in Las Delicias zu Sevilla, den öffentlichen Anlagen am Corso und linken Ufer des Guadalquivir alle Wege einfassen, unvergleichlich schön. Sie werden hier, wie fast überall, unter der Schere gehalten, und zwar einen Meter hoch und breit. Selbst zur Einfassung der Beete, wobei uns viel der Bux dient, benutzt man die Pflanze mit Vorteil. Diese Einfassun- gen werden natürlich schmal und niedrig gehalten und hübsch be- schnitten. Auch anderwärts auf der iberischen Halbinsel, z. B. in Ma- drid und Lissabon, sodann in Italien, sind solche Hecken häufig zu sehen. Die Hecken aus Ligustrum japonicum Thunb., dem Nedzumi- mochi der Japaner, wie solche z. B. an den Bahnhöfen zu Sevilla und Huelva, aber auch schon in Südfrankreich und Norditalien zu sehen sind, erinnern in ihrer Färbung an unsere gewöhnlichen Li- gusterhecken, welche bekanntlich unter all unsern sommergrünen Pflan- zungen derart am längsten ihren Blätterschmuck behalten. Die jungen Blätter sind erst rothbraun und auch später nicht so hell und freund- lich grün, wie diejenigen des Evonymus. Ihre Färbung und Gestalt nähert sich derjenigen der nahe verwandten Syringablätter. — Aber die wichtigste Verwendung der beiden genannten immergrünen Gehölze ist nicht die zu dichten und engbegrenzten Hecken, sondern zur Aus- schmückung der Gärten und öffentlichen Anlagen der verschiedensten Art. Wir begegnen ihnen im quadratischen Hofe andalusischer Gast- und Wohnhäuser, auf den freien Plätzen fast aller südeuropäischen Städte, in jeder Parkanlage. Dabei geht der japanische Liguster häufig aus der Strauch- in die Baumform über mit Stämmen von 8—10 m Höhe und 80—100 cm Umfang. Solche sah ich u. A. zu San Jose in Malaga, in Lissabon und auf der Plaza mayór beim königl. Schlosse zu Madrid. In Italien, wo die Pflanze ebenfalls sehr verbreitet ist, sind ihre Dimensionen viel geringer. Evonymus japonicus ist weniger empfindlich gegen die Winterkälte und gedeiht desshalb auch noch im südlichen Frankreich, sowie in den Anlagen von Paris. Man be-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/366>, abgerufen am 27.04.2024.