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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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ist auch von anderer Seite viel und weit verbreitet worden, nichtsdesto-
weniger ist sie aber eine durchaus irrige. Weite Reisen durch ver-
schiedene Theile der drei Hauptinseln von Alt-Japan und zahlreiche
Beobachtungen in Städten und auf dem Lande haben mir gezeigt, dass
Ziergärten überhaupt und insbesondere sorgfältig gepflegte den meisten
Wohnungen fehlen und nur bei den Häusern der Gebildeteren und
Wohlhabenderen zu finden sind. Hiermit stimmt denn auch ein alter
japanischer Spruch, den Dr. R. Lange in folgender Weise vortrefflich
verdeutscht hat:

"Ob auch des Lenzes Macht an allen Orten sich zeiget,
Findest du Blumen doch nicht blühend in jeglichem Dorf." *)

Ja selbst der angeführte Ersatz des Gartens, ein Hof mit mehreren
immergrünen Bäumen (richtiger Sträuchern), obwohl man ihm ziemlich
häufig begegnet, bildet immerhin nur eine Ausnahme. Die beiden Ge-
wächse, welche man so im engen Hofraume häufig trifft, sind eine
Fächerpalme von etwa 2 m Höhe, der To-shiro (Raphis flabelliformis
Ait.), vor allem aber Nanten (Nandina domestica Thunb.), ein Busch,
welcher ebenfalls die Höhe von 1--2 m selten überschreitet, dessen
Stamm im Alter sich mit rissiger Korkrinde bedeckt und der mit seinen
rothen Beerentrauben besonders im Winter und zur Ausschmückung der
Häuser auf Neujahr beliebt ist. Man benutzt ihn nicht selten als
Dekorationsmotiv im Kunstgewerbe und bildet ihn auch sonst nach, die
Blätter aus Seide, die Beeren aus Glas mit rothem Zinnober-Anstrich.
Auf Shikoku fand ich die Nandina wildwachsend.

Die Einfriedigung, jap. Kaki, der Gärten und Parkanlagen erfolgt
auf verschiedene Weise: durch übertünchte Lehm- und Steinmauern,
todte Zäune, vorwiegend aus Bambusrohr, und durch lebende Hecken
(Ike-gaki). Zur Erzeugung der letzteren steht ein herrliches Material in
grosser Auswahl zur Verfügung, wird aber theils gar nicht, theils nur
in beschränktem Umfang benutzt. Zu immergrünen Hecken bedient
man sich vornehmlich mehrerer Nadelhölzer, insbesondere der Crypto-
merie und des Podocarpus, sowie einiger kleineren Arten Bambusrohr,
niemals aber des prächtigen Evonymus oder des Ligusters, welche mit
so viel Erfolg in der Mittelmeerregion verwendet werden.

Lebende Hecken findet man besonders bei den Wohnungen der
Samurai. Sie werden in der Regel sorgfältig gepflegt und unter der

*) "Haru no iro no itari itaranu sato wa araji | sakeru sakazaru hana no miyu-
ramu." Altjapanische Frühlingslieder übersetzt und erläutert von Dr. R. Lange.
Berlin, Weidmann'sche Buchhandlung 1884.

7. Gartenbau.
ist auch von anderer Seite viel und weit verbreitet worden, nichtsdesto-
weniger ist sie aber eine durchaus irrige. Weite Reisen durch ver-
schiedene Theile der drei Hauptinseln von Alt-Japan und zahlreiche
Beobachtungen in Städten und auf dem Lande haben mir gezeigt, dass
Ziergärten überhaupt und insbesondere sorgfältig gepflegte den meisten
Wohnungen fehlen und nur bei den Häusern der Gebildeteren und
Wohlhabenderen zu finden sind. Hiermit stimmt denn auch ein alter
japanischer Spruch, den Dr. R. Lange in folgender Weise vortrefflich
verdeutscht hat:

„Ob auch des Lenzes Macht an allen Orten sich zeiget,
Findest du Blumen doch nicht blühend in jeglichem Dorf.“ *)

Ja selbst der angeführte Ersatz des Gartens, ein Hof mit mehreren
immergrünen Bäumen (richtiger Sträuchern), obwohl man ihm ziemlich
häufig begegnet, bildet immerhin nur eine Ausnahme. Die beiden Ge-
wächse, welche man so im engen Hofraume häufig trifft, sind eine
Fächerpalme von etwa 2 m Höhe, der Tô-shiro (Raphis flabelliformis
Ait.), vor allem aber Nanten (Nandina domestica Thunb.), ein Busch,
welcher ebenfalls die Höhe von 1—2 m selten überschreitet, dessen
Stamm im Alter sich mit rissiger Korkrinde bedeckt und der mit seinen
rothen Beerentrauben besonders im Winter und zur Ausschmückung der
Häuser auf Neujahr beliebt ist. Man benutzt ihn nicht selten als
Dekorationsmotiv im Kunstgewerbe und bildet ihn auch sonst nach, die
Blätter aus Seide, die Beeren aus Glas mit rothem Zinnober-Anstrich.
Auf Shikoku fand ich die Nandina wildwachsend.

Die Einfriedigung, jap. Kaki, der Gärten und Parkanlagen erfolgt
auf verschiedene Weise: durch übertünchte Lehm- und Steinmauern,
todte Zäune, vorwiegend aus Bambusrohr, und durch lebende Hecken
(Ike-gaki). Zur Erzeugung der letzteren steht ein herrliches Material in
grosser Auswahl zur Verfügung, wird aber theils gar nicht, theils nur
in beschränktem Umfang benutzt. Zu immergrünen Hecken bedient
man sich vornehmlich mehrerer Nadelhölzer, insbesondere der Crypto-
merie und des Podocarpus, sowie einiger kleineren Arten Bambusrohr,
niemals aber des prächtigen Evonymus oder des Ligusters, welche mit
so viel Erfolg in der Mittelmeerregion verwendet werden.

Lebende Hecken findet man besonders bei den Wohnungen der
Samurai. Sie werden in der Regel sorgfältig gepflegt und unter der

*) „Haru no iro no itari itaranu sato wa araji | sakeru sakazaru hana no miyu-
ramu.“ Altjapanische Frühlingslieder übersetzt und erläutert von Dr. R. Lange.
Berlin, Weidmann’sche Buchhandlung 1884.
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[311/0335] 7. Gartenbau. ist auch von anderer Seite viel und weit verbreitet worden, nichtsdesto- weniger ist sie aber eine durchaus irrige. Weite Reisen durch ver- schiedene Theile der drei Hauptinseln von Alt-Japan und zahlreiche Beobachtungen in Städten und auf dem Lande haben mir gezeigt, dass Ziergärten überhaupt und insbesondere sorgfältig gepflegte den meisten Wohnungen fehlen und nur bei den Häusern der Gebildeteren und Wohlhabenderen zu finden sind. Hiermit stimmt denn auch ein alter japanischer Spruch, den Dr. R. Lange in folgender Weise vortrefflich verdeutscht hat: „Ob auch des Lenzes Macht an allen Orten sich zeiget, Findest du Blumen doch nicht blühend in jeglichem Dorf.“ *) Ja selbst der angeführte Ersatz des Gartens, ein Hof mit mehreren immergrünen Bäumen (richtiger Sträuchern), obwohl man ihm ziemlich häufig begegnet, bildet immerhin nur eine Ausnahme. Die beiden Ge- wächse, welche man so im engen Hofraume häufig trifft, sind eine Fächerpalme von etwa 2 m Höhe, der Tô-shiro (Raphis flabelliformis Ait.), vor allem aber Nanten (Nandina domestica Thunb.), ein Busch, welcher ebenfalls die Höhe von 1—2 m selten überschreitet, dessen Stamm im Alter sich mit rissiger Korkrinde bedeckt und der mit seinen rothen Beerentrauben besonders im Winter und zur Ausschmückung der Häuser auf Neujahr beliebt ist. Man benutzt ihn nicht selten als Dekorationsmotiv im Kunstgewerbe und bildet ihn auch sonst nach, die Blätter aus Seide, die Beeren aus Glas mit rothem Zinnober-Anstrich. Auf Shikoku fand ich die Nandina wildwachsend. Die Einfriedigung, jap. Kaki, der Gärten und Parkanlagen erfolgt auf verschiedene Weise: durch übertünchte Lehm- und Steinmauern, todte Zäune, vorwiegend aus Bambusrohr, und durch lebende Hecken (Ike-gaki). Zur Erzeugung der letzteren steht ein herrliches Material in grosser Auswahl zur Verfügung, wird aber theils gar nicht, theils nur in beschränktem Umfang benutzt. Zu immergrünen Hecken bedient man sich vornehmlich mehrerer Nadelhölzer, insbesondere der Crypto- merie und des Podocarpus, sowie einiger kleineren Arten Bambusrohr, niemals aber des prächtigen Evonymus oder des Ligusters, welche mit so viel Erfolg in der Mittelmeerregion verwendet werden. Lebende Hecken findet man besonders bei den Wohnungen der Samurai. Sie werden in der Regel sorgfältig gepflegt und unter der *) „Haru no iro no itari itaranu sato wa araji | sakeru sakazaru hana no miyu- ramu.“ Altjapanische Frühlingslieder übersetzt und erläutert von Dr. R. Lange. Berlin, Weidmann’sche Buchhandlung 1884.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/335>, abgerufen am 21.11.2024.