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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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derjenigen des grünen vornehmlich dadurch, dass die frisch geernteten
Blätter zur Entfaltung des Aromas und der Farbe eine Art Gährung
(Fermentation) durchmachen, bevor sie in die heissen Darrpfannen
kommen. Da von diesem Fermentationsprocess in hohem Grade Cha-
rakter und Güte des schwarzen Thees abhängen, ist die zweckmässige
Leitung desselben von grösster Wichtigkeit. Gewöhnlich geschieht
dies so, dass man die frischen Blätter über Nacht oder doch Stunden
lang auf Bambusrahmen liegen lässt. Sie werden dann emporgeworfen
und gelinde geschlagen, bis sie weich und biegsam sind. Hierauf
kommen diese welken Blätter mehrere Stunden lang auf einen Haufen,
wo sie warm, feucht und dunkel werden. Sie sind in dieser Beziehung
vergleichbar mit den zum Trocknen für's Herbar bestimmten Pflanzen,
welche der Botaniker längere Zeit in feuchtem Papier liegen lässt
und die dadurch statt grün, nach dem gewöhnlichen Verfahren, schwarz
werden. Ein längeres Verbleiben an der Luft in feuchtem Zustande
(nach Fortune oft 2--3 Tage) und stärkeres Erhitzen nachher in den
Pfannen bewirkt die Entwickelung des eigenthümlichen Aromas und
der schwarzen (richtiger dunklen) Farbe, sowie die rothbraune Fär-
bung der Infusion des trocknen Thees mit kochendem Wasser. Was
die übrigen Arbeiten in den Röstpfannen und sonst anlangt, so unter-
scheiden sich dieselben bei der Darstellung des schwarzen Thees nicht
von den bereits beim grünen erörterten.

Pecco, Souchong und Congo sind die der Güte nach geordneten,
bemerkenswerthesten schwarzen Theesorten China's, denen sich noch
Caper und Oolong anreihen. Im Allgemeinen ist es wohl richtig, wenn
behauptet wird, dass, von der Spitze der jungen Triebe aus gerechnet,
Pecco aus der Endknospe und dem ersten (jüngsten) Blatt bereitet
wird, Souchong aus den beiden folgenden und Congo aus dem vierten,
fünften und sechsten, also den älteren Blättern. Caper ist, wie schon
früher bemerkt wurde, ein feiner schwarzer Thee, dessen Blätter durch
besondere Behandlung wie die des grünen Perlthees stark kugelförmig
gerollt wurden. Der Oolong wird in der Provinz Fukien bereitet und
vorwiegend in Indien und Australien verbraucht. Es ist eine schwarze
Theesorte mit dem Geschmack des grünen. Der Congo d. h. "wohl-
gearbeitet" wird nach einem Distrikt in Fukien auch Bohea genannt.
Er bildet die grosse Masse des billigeren schwarzen Thees und wurde
in seiner geringsten Sorte in London schon zu 3 Pence das Pfund ver-
kauft. Der gebräuchliche bessere, schwarze Thee ist Souchong (d. h.
kleine, seltene Sorte), wozu auch der Caravanenthee grösstentheils
gehört. Der Pecco (Pek-ho, d. h. weisser Flaum) ist der feinste und
theuerste schwarze Thee. Für die unentwickelten Blättchen der

3. Handelsgewächse.
derjenigen des grünen vornehmlich dadurch, dass die frisch geernteten
Blätter zur Entfaltung des Aromas und der Farbe eine Art Gährung
(Fermentation) durchmachen, bevor sie in die heissen Darrpfannen
kommen. Da von diesem Fermentationsprocess in hohem Grade Cha-
rakter und Güte des schwarzen Thees abhängen, ist die zweckmässige
Leitung desselben von grösster Wichtigkeit. Gewöhnlich geschieht
dies so, dass man die frischen Blätter über Nacht oder doch Stunden
lang auf Bambusrahmen liegen lässt. Sie werden dann emporgeworfen
und gelinde geschlagen, bis sie weich und biegsam sind. Hierauf
kommen diese welken Blätter mehrere Stunden lang auf einen Haufen,
wo sie warm, feucht und dunkel werden. Sie sind in dieser Beziehung
vergleichbar mit den zum Trocknen für’s Herbar bestimmten Pflanzen,
welche der Botaniker längere Zeit in feuchtem Papier liegen lässt
und die dadurch statt grün, nach dem gewöhnlichen Verfahren, schwarz
werden. Ein längeres Verbleiben an der Luft in feuchtem Zustande
(nach Fortune oft 2—3 Tage) und stärkeres Erhitzen nachher in den
Pfannen bewirkt die Entwickelung des eigenthümlichen Aromas und
der schwarzen (richtiger dunklen) Farbe, sowie die rothbraune Fär-
bung der Infusion des trocknen Thees mit kochendem Wasser. Was
die übrigen Arbeiten in den Röstpfannen und sonst anlangt, so unter-
scheiden sich dieselben bei der Darstellung des schwarzen Thees nicht
von den bereits beim grünen erörterten.

Pecco, Souchong und Congo sind die der Güte nach geordneten,
bemerkenswerthesten schwarzen Theesorten China’s, denen sich noch
Caper und Oolong anreihen. Im Allgemeinen ist es wohl richtig, wenn
behauptet wird, dass, von der Spitze der jungen Triebe aus gerechnet,
Pecco aus der Endknospe und dem ersten (jüngsten) Blatt bereitet
wird, Souchong aus den beiden folgenden und Congo aus dem vierten,
fünften und sechsten, also den älteren Blättern. Caper ist, wie schon
früher bemerkt wurde, ein feiner schwarzer Thee, dessen Blätter durch
besondere Behandlung wie die des grünen Perlthees stark kugelförmig
gerollt wurden. Der Oolong wird in der Provinz Fukien bereitet und
vorwiegend in Indien und Australien verbraucht. Es ist eine schwarze
Theesorte mit dem Geschmack des grünen. Der Congo d. h. »wohl-
gearbeitet« wird nach einem Distrikt in Fukien auch Bohea genannt.
Er bildet die grosse Masse des billigeren schwarzen Thees und wurde
in seiner geringsten Sorte in London schon zu 3 Pence das Pfund ver-
kauft. Der gebräuchliche bessere, schwarze Thee ist Souchong (d. h.
kleine, seltene Sorte), wozu auch der Caravanenthee grösstentheils
gehört. Der Pecco (Pek-ho, d. h. weisser Flaum) ist der feinste und
theuerste schwarze Thee. Für die unentwickelten Blättchen der

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[143/0165] 3. Handelsgewächse. derjenigen des grünen vornehmlich dadurch, dass die frisch geernteten Blätter zur Entfaltung des Aromas und der Farbe eine Art Gährung (Fermentation) durchmachen, bevor sie in die heissen Darrpfannen kommen. Da von diesem Fermentationsprocess in hohem Grade Cha- rakter und Güte des schwarzen Thees abhängen, ist die zweckmässige Leitung desselben von grösster Wichtigkeit. Gewöhnlich geschieht dies so, dass man die frischen Blätter über Nacht oder doch Stunden lang auf Bambusrahmen liegen lässt. Sie werden dann emporgeworfen und gelinde geschlagen, bis sie weich und biegsam sind. Hierauf kommen diese welken Blätter mehrere Stunden lang auf einen Haufen, wo sie warm, feucht und dunkel werden. Sie sind in dieser Beziehung vergleichbar mit den zum Trocknen für’s Herbar bestimmten Pflanzen, welche der Botaniker längere Zeit in feuchtem Papier liegen lässt und die dadurch statt grün, nach dem gewöhnlichen Verfahren, schwarz werden. Ein längeres Verbleiben an der Luft in feuchtem Zustande (nach Fortune oft 2—3 Tage) und stärkeres Erhitzen nachher in den Pfannen bewirkt die Entwickelung des eigenthümlichen Aromas und der schwarzen (richtiger dunklen) Farbe, sowie die rothbraune Fär- bung der Infusion des trocknen Thees mit kochendem Wasser. Was die übrigen Arbeiten in den Röstpfannen und sonst anlangt, so unter- scheiden sich dieselben bei der Darstellung des schwarzen Thees nicht von den bereits beim grünen erörterten. Pecco, Souchong und Congo sind die der Güte nach geordneten, bemerkenswerthesten schwarzen Theesorten China’s, denen sich noch Caper und Oolong anreihen. Im Allgemeinen ist es wohl richtig, wenn behauptet wird, dass, von der Spitze der jungen Triebe aus gerechnet, Pecco aus der Endknospe und dem ersten (jüngsten) Blatt bereitet wird, Souchong aus den beiden folgenden und Congo aus dem vierten, fünften und sechsten, also den älteren Blättern. Caper ist, wie schon früher bemerkt wurde, ein feiner schwarzer Thee, dessen Blätter durch besondere Behandlung wie die des grünen Perlthees stark kugelförmig gerollt wurden. Der Oolong wird in der Provinz Fukien bereitet und vorwiegend in Indien und Australien verbraucht. Es ist eine schwarze Theesorte mit dem Geschmack des grünen. Der Congo d. h. »wohl- gearbeitet« wird nach einem Distrikt in Fukien auch Bohea genannt. Er bildet die grosse Masse des billigeren schwarzen Thees und wurde in seiner geringsten Sorte in London schon zu 3 Pence das Pfund ver- kauft. Der gebräuchliche bessere, schwarze Thee ist Souchong (d. h. kleine, seltene Sorte), wozu auch der Caravanenthee grösstentheils gehört. Der Pecco (Pek-ho, d. h. weisser Flaum) ist der feinste und theuerste schwarze Thee. Für die unentwickelten Blättchen der

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/165>, abgerufen am 28.03.2024.