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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
in Furcht vor einander lebten. Taiko-sama schritt endlich zur Aus-
führung seines Planes, den lästigen Neffen und Kuwambaku zu be-
seitigen. Er sandte demselben eines Tages fünf Adjutanten, deren
jeder ihm eine Anklage vortragen musste und die ihm die kategorische
Aufforderung überbrachten, unverzüglich sein Schloss in Kioto zu
verlassen und sich mit keinem anderen Gefolge als zehn seiner Pagen
nach Fushimi vor Taiko-sama zu begeben und sich zu verantworten.
Taiko-sama sandte ihn noch am nämlichen Tage nach dem Kloster
Koya in Kii in die Verbannung. Dies geschah 1594. Ein Jahr
darauf wurden fünf der Pagen in seiner Begleitung zurückberufen,
Hidetsugu erhielt den Befehl, das Harakiri vorzunehmen, und folgte
demselben, als er gesehen, auf welche heroische Weise seine fünf
jungen Gefährten vor ihm sein Schicksal getheilt hatten. Taiko-sama
begnügte sich nicht mit diesen Opfern; seiner Rache fielen Alle an-
heim, welche mit Hidetsugu in näheren Beziehungen gestanden hatten;
alle Rathgeber, Weiber und Kinder des unglücklichen Prinzen wurden
gleichfalls dem Tode geweiht.

Zeitgenossen des Hidetsugu, insbesondere die portugiesischen Je-
suiten, schildern denselben als einen Mann von hohen Geistesgaben,
mit scharfem Verstande und Urtheile, weise, klug und discret, mit
feinen, zuvorkommenden Manieren, als wissbegierig und dem Christen-
thume geneigt. Aber diese guten Eigenschaften wurden verdunkelt
durch einen unbegreiflich rohen Zug seines Charakters, eine Herz-
losigkeit und Grausamkeit ohne Beispiel. Hidetsugu kannte kein
grösseres Vergnügen, als Menschen zu tödten, den zum Tode Verur-
theilten die Köpfe abzuschlagen oder auch Glied für Glied von den-
selben zu trennen. Es wird sogar berichtet, dass er Schwangeren
den Leib öffnete, um zu sehen, welche Lage die Kinder hatten.

Die Beziehungen des Hideyoshi zu den Missionären und dem
Christenthume schienen sich beim Beginn seiner Herrschaft freundlich
zu gestalten, doch dauerte die Gunst, welche er damals den portu-
giesischen Vätern erwies, nur so lange, als ihn die Sorge um die
Befestigung seiner Herrschaft sonst in Anspruch nahm. Die ersten
feindlichen Acte desselben gegen die neue Lehre fallen in das Jahr
1587. Um diese Zeit gab es in Japan nach der Histoire de l'Eglise
200000 Christen. Personen in hervorragender Lebensstellung, Könige
(Daimios), Prinzen, Generäle, hohe Beamte am Hofe, mit einem Worte
die Blüthe des japanischen Adels, sagt unser Gewährsmann mit ge-
ringer Uebertreibung, gehörten dazu. Immerhin aber war der Ein-
fluss der Feinde des Christenthums bei Hofe überwiegend. Er fand
eine gewaltige Stütze in der grenzenlosen Eitelkeit und Sinnlichkeit

I. Geschichte des japanischen Volkes.
in Furcht vor einander lebten. Taikô-sama schritt endlich zur Aus-
führung seines Planes, den lästigen Neffen und Kuwambaku zu be-
seitigen. Er sandte demselben eines Tages fünf Adjutanten, deren
jeder ihm eine Anklage vortragen musste und die ihm die kategorische
Aufforderung überbrachten, unverzüglich sein Schloss in Kiôto zu
verlassen und sich mit keinem anderen Gefolge als zehn seiner Pagen
nach Fushimi vor Taikô-sama zu begeben und sich zu verantworten.
Taikô-sama sandte ihn noch am nämlichen Tage nach dem Kloster
Koya in Kii in die Verbannung. Dies geschah 1594. Ein Jahr
darauf wurden fünf der Pagen in seiner Begleitung zurückberufen,
Hidetsugu erhielt den Befehl, das Harakiri vorzunehmen, und folgte
demselben, als er gesehen, auf welche heroische Weise seine fünf
jungen Gefährten vor ihm sein Schicksal getheilt hatten. Taikô-sama
begnügte sich nicht mit diesen Opfern; seiner Rache fielen Alle an-
heim, welche mit Hidetsugu in näheren Beziehungen gestanden hatten;
alle Rathgeber, Weiber und Kinder des unglücklichen Prinzen wurden
gleichfalls dem Tode geweiht.

Zeitgenossen des Hidetsugu, insbesondere die portugiesischen Je-
suiten, schildern denselben als einen Mann von hohen Geistesgaben,
mit scharfem Verstande und Urtheile, weise, klug und discret, mit
feinen, zuvorkommenden Manieren, als wissbegierig und dem Christen-
thume geneigt. Aber diese guten Eigenschaften wurden verdunkelt
durch einen unbegreiflich rohen Zug seines Charakters, eine Herz-
losigkeit und Grausamkeit ohne Beispiel. Hidetsugu kannte kein
grösseres Vergnügen, als Menschen zu tödten, den zum Tode Verur-
theilten die Köpfe abzuschlagen oder auch Glied für Glied von den-
selben zu trennen. Es wird sogar berichtet, dass er Schwangeren
den Leib öffnete, um zu sehen, welche Lage die Kinder hatten.

Die Beziehungen des Hideyoshi zu den Missionären und dem
Christenthume schienen sich beim Beginn seiner Herrschaft freundlich
zu gestalten, doch dauerte die Gunst, welche er damals den portu-
giesischen Vätern erwies, nur so lange, als ihn die Sorge um die
Befestigung seiner Herrschaft sonst in Anspruch nahm. Die ersten
feindlichen Acte desselben gegen die neue Lehre fallen in das Jahr
1587. Um diese Zeit gab es in Japan nach der Histoire de l’Eglise
200000 Christen. Personen in hervorragender Lebensstellung, Könige
(Daimios), Prinzen, Generäle, hohe Beamte am Hofe, mit einem Worte
die Blüthe des japanischen Adels, sagt unser Gewährsmann mit ge-
ringer Uebertreibung, gehörten dazu. Immerhin aber war der Ein-
fluss der Feinde des Christenthums bei Hofe überwiegend. Er fand
eine gewaltige Stütze in der grenzenlosen Eitelkeit und Sinnlichkeit

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[334/0360] I. Geschichte des japanischen Volkes. in Furcht vor einander lebten. Taikô-sama schritt endlich zur Aus- führung seines Planes, den lästigen Neffen und Kuwambaku zu be- seitigen. Er sandte demselben eines Tages fünf Adjutanten, deren jeder ihm eine Anklage vortragen musste und die ihm die kategorische Aufforderung überbrachten, unverzüglich sein Schloss in Kiôto zu verlassen und sich mit keinem anderen Gefolge als zehn seiner Pagen nach Fushimi vor Taikô-sama zu begeben und sich zu verantworten. Taikô-sama sandte ihn noch am nämlichen Tage nach dem Kloster Koya in Kii in die Verbannung. Dies geschah 1594. Ein Jahr darauf wurden fünf der Pagen in seiner Begleitung zurückberufen, Hidetsugu erhielt den Befehl, das Harakiri vorzunehmen, und folgte demselben, als er gesehen, auf welche heroische Weise seine fünf jungen Gefährten vor ihm sein Schicksal getheilt hatten. Taikô-sama begnügte sich nicht mit diesen Opfern; seiner Rache fielen Alle an- heim, welche mit Hidetsugu in näheren Beziehungen gestanden hatten; alle Rathgeber, Weiber und Kinder des unglücklichen Prinzen wurden gleichfalls dem Tode geweiht. Zeitgenossen des Hidetsugu, insbesondere die portugiesischen Je- suiten, schildern denselben als einen Mann von hohen Geistesgaben, mit scharfem Verstande und Urtheile, weise, klug und discret, mit feinen, zuvorkommenden Manieren, als wissbegierig und dem Christen- thume geneigt. Aber diese guten Eigenschaften wurden verdunkelt durch einen unbegreiflich rohen Zug seines Charakters, eine Herz- losigkeit und Grausamkeit ohne Beispiel. Hidetsugu kannte kein grösseres Vergnügen, als Menschen zu tödten, den zum Tode Verur- theilten die Köpfe abzuschlagen oder auch Glied für Glied von den- selben zu trennen. Es wird sogar berichtet, dass er Schwangeren den Leib öffnete, um zu sehen, welche Lage die Kinder hatten. Die Beziehungen des Hideyoshi zu den Missionären und dem Christenthume schienen sich beim Beginn seiner Herrschaft freundlich zu gestalten, doch dauerte die Gunst, welche er damals den portu- giesischen Vätern erwies, nur so lange, als ihn die Sorge um die Befestigung seiner Herrschaft sonst in Anspruch nahm. Die ersten feindlichen Acte desselben gegen die neue Lehre fallen in das Jahr 1587. Um diese Zeit gab es in Japan nach der Histoire de l’Eglise 200000 Christen. Personen in hervorragender Lebensstellung, Könige (Daimios), Prinzen, Generäle, hohe Beamte am Hofe, mit einem Worte die Blüthe des japanischen Adels, sagt unser Gewährsmann mit ge- ringer Uebertreibung, gehörten dazu. Immerhin aber war der Ein- fluss der Feinde des Christenthums bei Hofe überwiegend. Er fand eine gewaltige Stütze in der grenzenlosen Eitelkeit und Sinnlichkeit

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/360>, abgerufen am 25.11.2024.