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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
des Taiko-sama, denen natürlich das Christenthum entgegentrat. Im
Juli 1587, während der Emporkömmling zu Takata in Chikuzen
weilte, fühlte er sich nach dem Bericht der Jesuiten durch einen
portugiesischen Kapitän, der ihm zu Gefallen mit seinem grossen
Schiffe nicht in die seichte Bucht einlaufen wollte, und durch die
Keuschheit schöner Christenmädchen von Arima verletzt, die seine
Anträge zurückgewiesen hatten. Da erschien plötzlich ein Erlass von
ihm, der allen Jesuiten befahl, binnen zwanzig Tagen das Land zu
verlassen. Als man ihm vorstellte, dass in dieser Zeit kein Schiff
abgehe, wies er die Väter an, sich auf die Insel Hirado zu begeben
und hier zu warten, bis die nächste Fahrgelegenheit sich biete. Er
gewährte ihnen dazu eine halbjährige Frist. Dem Justo Ucondono
(Takayama, Daimio zu Akashi), der in seinem Eifer für das Christen-
thum hart gegen seine heidnischen Unterthanen gewesen war, stellte
er die Wahl, dem Christenthume oder seiner Herrschaft zu entsagen.
Derselbe wählte das letztere, erklärte bereit zu sein, für seinen Glau-
ben in den Tod zu gehen, und fand mit seiner Familie ein Asyl in
dem Territorium seines Freundes, des Admirals Konishi, nahe bei
Osaka. Diesen und den Commandanten der Cavallerie, Don Simon
Condera (Tago-no-Kami), liess Taiko-sama in ihren Stellungen, weil
er ihre Ergebenheit kannte und ihre Dienste zu sehr schätzte, als
dass er sie ihres Glaubens wegen hätte verlieren mögen.

Die Väter, 65 an der Zahl, versammelten sich dem Befehle ge-
mäss auf Hirado, beschlossen aber, im Lande zu bleiben, doch Alles
zu vermeiden, was den Verfolger weiter reizen könnte, ihre Kirchen
und Kapellen zu schliessen, nicht mehr öffentlich zu predigen und
keine Prozessionen zu veranstalten. Auf Einladung der christlichen
Fürsten vertheilten sie sich in deren Herrschaften, predigten und er-
mahnten die Christen, welche sich in Privathäusern versammelten, und
spendeten denselben die Sacramente. Taiko-sama, obgleich er dies
wusste, liess sie gewähren, zerstörte verschiedene Kirchen zu Osaka,
Sakai und anderwärts, trieb aber die Sache nicht auf die Spitze.
Anders verhielt sich Don Constantin, der junge König von Bungo,
dessen lockeres Leben sich schlecht mit der christlichen Lehre ver-
trug. Nachdem er in Folge seiner militärischen Unfähigkeit an Satsuma
fast sein ganzes Besitzthum verloren und dann im Jahre 1586 einen
Theil desselben durch die Tapferkeit seines Onkels und die Hülfe
des Taiko-sama wieder erhalten hatte, fürchtete er bei der Publication
des Edictes gegen die Christen seine Herrschaft zu verlieren, wenn
er nicht alsbald dem Christenthume entsagen und auch seine Unter-
thanen zur Rückkehr zum Heidenthume anhalten würde. Unter dem

5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
des Taikô-sama, denen natürlich das Christenthum entgegentrat. Im
Juli 1587, während der Emporkömmling zu Takata in Chikuzen
weilte, fühlte er sich nach dem Bericht der Jesuiten durch einen
portugiesischen Kapitän, der ihm zu Gefallen mit seinem grossen
Schiffe nicht in die seichte Bucht einlaufen wollte, und durch die
Keuschheit schöner Christenmädchen von Arima verletzt, die seine
Anträge zurückgewiesen hatten. Da erschien plötzlich ein Erlass von
ihm, der allen Jesuiten befahl, binnen zwanzig Tagen das Land zu
verlassen. Als man ihm vorstellte, dass in dieser Zeit kein Schiff
abgehe, wies er die Väter an, sich auf die Insel Hirado zu begeben
und hier zu warten, bis die nächste Fahrgelegenheit sich biete. Er
gewährte ihnen dazu eine halbjährige Frist. Dem Justo Ucondono
(Takayama, Daimio zu Akashi), der in seinem Eifer für das Christen-
thum hart gegen seine heidnischen Unterthanen gewesen war, stellte
er die Wahl, dem Christenthume oder seiner Herrschaft zu entsagen.
Derselbe wählte das letztere, erklärte bereit zu sein, für seinen Glau-
ben in den Tod zu gehen, und fand mit seiner Familie ein Asyl in
dem Territorium seines Freundes, des Admirals Konishi, nahe bei
Ôsaka. Diesen und den Commandanten der Cavallerie, Don Simon
Condera (Tago-no-Kami), liess Taikô-sama in ihren Stellungen, weil
er ihre Ergebenheit kannte und ihre Dienste zu sehr schätzte, als
dass er sie ihres Glaubens wegen hätte verlieren mögen.

Die Väter, 65 an der Zahl, versammelten sich dem Befehle ge-
mäss auf Hirado, beschlossen aber, im Lande zu bleiben, doch Alles
zu vermeiden, was den Verfolger weiter reizen könnte, ihre Kirchen
und Kapellen zu schliessen, nicht mehr öffentlich zu predigen und
keine Prozessionen zu veranstalten. Auf Einladung der christlichen
Fürsten vertheilten sie sich in deren Herrschaften, predigten und er-
mahnten die Christen, welche sich in Privathäusern versammelten, und
spendeten denselben die Sacramente. Taikô-sama, obgleich er dies
wusste, liess sie gewähren, zerstörte verschiedene Kirchen zu Ôsaka,
Sakai und anderwärts, trieb aber die Sache nicht auf die Spitze.
Anders verhielt sich Don Constantin, der junge König von Bungo,
dessen lockeres Leben sich schlecht mit der christlichen Lehre ver-
trug. Nachdem er in Folge seiner militärischen Unfähigkeit an Satsuma
fast sein ganzes Besitzthum verloren und dann im Jahre 1586 einen
Theil desselben durch die Tapferkeit seines Onkels und die Hülfe
des Taikô-sama wieder erhalten hatte, fürchtete er bei der Publication
des Edictes gegen die Christen seine Herrschaft zu verlieren, wenn
er nicht alsbald dem Christenthume entsagen und auch seine Unter-
thanen zur Rückkehr zum Heidenthume anhalten würde. Unter dem

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[335/0361] 5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc. des Taikô-sama, denen natürlich das Christenthum entgegentrat. Im Juli 1587, während der Emporkömmling zu Takata in Chikuzen weilte, fühlte er sich nach dem Bericht der Jesuiten durch einen portugiesischen Kapitän, der ihm zu Gefallen mit seinem grossen Schiffe nicht in die seichte Bucht einlaufen wollte, und durch die Keuschheit schöner Christenmädchen von Arima verletzt, die seine Anträge zurückgewiesen hatten. Da erschien plötzlich ein Erlass von ihm, der allen Jesuiten befahl, binnen zwanzig Tagen das Land zu verlassen. Als man ihm vorstellte, dass in dieser Zeit kein Schiff abgehe, wies er die Väter an, sich auf die Insel Hirado zu begeben und hier zu warten, bis die nächste Fahrgelegenheit sich biete. Er gewährte ihnen dazu eine halbjährige Frist. Dem Justo Ucondono (Takayama, Daimio zu Akashi), der in seinem Eifer für das Christen- thum hart gegen seine heidnischen Unterthanen gewesen war, stellte er die Wahl, dem Christenthume oder seiner Herrschaft zu entsagen. Derselbe wählte das letztere, erklärte bereit zu sein, für seinen Glau- ben in den Tod zu gehen, und fand mit seiner Familie ein Asyl in dem Territorium seines Freundes, des Admirals Konishi, nahe bei Ôsaka. Diesen und den Commandanten der Cavallerie, Don Simon Condera (Tago-no-Kami), liess Taikô-sama in ihren Stellungen, weil er ihre Ergebenheit kannte und ihre Dienste zu sehr schätzte, als dass er sie ihres Glaubens wegen hätte verlieren mögen. Die Väter, 65 an der Zahl, versammelten sich dem Befehle ge- mäss auf Hirado, beschlossen aber, im Lande zu bleiben, doch Alles zu vermeiden, was den Verfolger weiter reizen könnte, ihre Kirchen und Kapellen zu schliessen, nicht mehr öffentlich zu predigen und keine Prozessionen zu veranstalten. Auf Einladung der christlichen Fürsten vertheilten sie sich in deren Herrschaften, predigten und er- mahnten die Christen, welche sich in Privathäusern versammelten, und spendeten denselben die Sacramente. Taikô-sama, obgleich er dies wusste, liess sie gewähren, zerstörte verschiedene Kirchen zu Ôsaka, Sakai und anderwärts, trieb aber die Sache nicht auf die Spitze. Anders verhielt sich Don Constantin, der junge König von Bungo, dessen lockeres Leben sich schlecht mit der christlichen Lehre ver- trug. Nachdem er in Folge seiner militärischen Unfähigkeit an Satsuma fast sein ganzes Besitzthum verloren und dann im Jahre 1586 einen Theil desselben durch die Tapferkeit seines Onkels und die Hülfe des Taikô-sama wieder erhalten hatte, fürchtete er bei der Publication des Edictes gegen die Christen seine Herrschaft zu verlieren, wenn er nicht alsbald dem Christenthume entsagen und auch seine Unter- thanen zur Rückkehr zum Heidenthume anhalten würde. Unter dem

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/361>, abgerufen am 19.06.2024.