Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Fische.
Hilgendorf für junge Exemplare von Salmo Perryi Hilgd. ansieht,
während ich sie für eine eigene Art, eine specifisch japanische Berg-
forelle halte, die sich nie in den unteren Lauf der Flüsse verliert
und unter anderem durch drei Reihen zinnober- oder mennigrother
Punkte, deren mittlere der Linea lateralis entlang läuft, auszeichnet
und an unsere gewöhnliche Forelle erinnert. Verschieden hiervon ist
der Salmo pluvius Hilgd., eine Lachsart, deren Junge man unter
dem Namen "Iwana" ebenfalls in den Gebirgsbächen Japans findet,
doch viel seltener als den Amano-uwo und ohne dessen schöne Flecken
und Zeichnung. Die eigentlichen Lachse Japans, welche im Herbst
in ungeheueren Schaaren aus dem Meere in die unteren Flüsse der
mehr nördlichen Küsten, zumal der Insel Yezo, steigen und hier viele
Tausende von Menschen beschäftigen und nähren, sind: Oncorhynchus
Haberi Hilgd., der Shake, ferner der Masu (Oncorhynchus Perryi
Brevoort). Hilgendorf erwähnt weiter noch des Kiuri-uwo (Os-
merus eperlanus L.), eine Art Stint, ferner den Chika (Hypomesus
olidus Pall.).

Als häufig vorkommende Schnabel- und Hornhechte (Scom-
bresocidae)
sind anzuführen der Kuddera (Belone gigantea) und der
Saira (B. gracilis), ferner der geschätzte Sayori (Hemiramphus sayori
Schl.) und eine oder mehrere Arten fliegender Fische (Exocoetus),
von den Eingeborenen mit Tobi-no-uwo, d. h. Hühnerweihefisch, be-
zeichnet. Lieben die Glieder dieser Familie, gleich den grossen
Scomberoideen, ihren ärgsten Feinden, das freie Leben auf der Ober-
fläche des offenen Meeres, so begegnen wir im Gegensatze zu ihnen
in den beiden folgenden Familien fast ausschliesslich Süsswasser-Be-
wohnern, die sich zum Theil in schlammigen Gräben und Teichen
am wohlsten fühlen. Die Zahnkarpfen (Cyprinodonten) sind
durch den Metaka (Hoplochilus latipes) vertreten, das eigentliche
Karpfengeschlecht (Cyprinoideae) aber durch eine ganze
Reihe von Gattungen und Arten, unter denen indess nach Grösse und
Bedeutung der Karpfen oder Koi (Cyprinus carpio L.) und die japa-
nische Karausche oder Funa (C. Langsdorfii Schl., Carassius auratus L.)
obenan stehen. In fast allen Seen und Teichen, sowie in den grösseren
Flüssen und Bewässerungsgräben findet man dieselben und fängt sie
wie bei uns auf mancherlei Weise. Ihnen gegenüber treten mehrere
andere Arten, welche die Fauna japonica aufzählt, in den Hinter-
grund, ebenso eine kleine Barbenart, die ich als solche nachträglich
an den Schlundzähnen erkannte. Dieselbe findet sich unter dem
Namen Ida in Flüssen von Tosa auf Shikoku. Die Goldfische sind
in den Teichen bei Tempeln und sonst sehr häufig zu sehen. Die

Rein, Japan I. 15

Fische.
Hilgendorf für junge Exemplare von Salmo Perryi Hilgd. ansieht,
während ich sie für eine eigene Art, eine specifisch japanische Berg-
forelle halte, die sich nie in den unteren Lauf der Flüsse verliert
und unter anderem durch drei Reihen zinnober- oder mennigrother
Punkte, deren mittlere der Linea lateralis entlang läuft, auszeichnet
und an unsere gewöhnliche Forelle erinnert. Verschieden hiervon ist
der Salmo pluvius Hilgd., eine Lachsart, deren Junge man unter
dem Namen »Iwana« ebenfalls in den Gebirgsbächen Japans findet,
doch viel seltener als den Amano-uwo und ohne dessen schöne Flecken
und Zeichnung. Die eigentlichen Lachse Japans, welche im Herbst
in ungeheueren Schaaren aus dem Meere in die unteren Flüsse der
mehr nördlichen Küsten, zumal der Insel Yezo, steigen und hier viele
Tausende von Menschen beschäftigen und nähren, sind: Oncorhynchus
Haberi Hilgd., der Shake, ferner der Masu (Oncorhynchus Perryi
Brevoort). Hilgendorf erwähnt weiter noch des Kiuri-uwo (Os-
merus eperlanus L.), eine Art Stint, ferner den Chika (Hypomesus
olidus Pall.).

Als häufig vorkommende Schnabel- und Hornhechte (Scom-
bresocidae)
sind anzuführen der Kuddera (Belone gigantea) und der
Saira (B. gracilis), ferner der geschätzte Sayori (Hemiramphus sayori
Schl.) und eine oder mehrere Arten fliegender Fische (Exocoetus),
von den Eingeborenen mit Tobi-no-uwo, d. h. Hühnerweihefisch, be-
zeichnet. Lieben die Glieder dieser Familie, gleich den grossen
Scomberoideen, ihren ärgsten Feinden, das freie Leben auf der Ober-
fläche des offenen Meeres, so begegnen wir im Gegensatze zu ihnen
in den beiden folgenden Familien fast ausschliesslich Süsswasser-Be-
wohnern, die sich zum Theil in schlammigen Gräben und Teichen
am wohlsten fühlen. Die Zahnkarpfen (Cyprinodonten) sind
durch den Metaka (Hoplochilus latipes) vertreten, das eigentliche
Karpfengeschlecht (Cyprinoideae) aber durch eine ganze
Reihe von Gattungen und Arten, unter denen indess nach Grösse und
Bedeutung der Karpfen oder Koi (Cyprinus carpio L.) und die japa-
nische Karausche oder Funa (C. Langsdorfii Schl., Carassius auratus L.)
obenan stehen. In fast allen Seen und Teichen, sowie in den grösseren
Flüssen und Bewässerungsgräben findet man dieselben und fängt sie
wie bei uns auf mancherlei Weise. Ihnen gegenüber treten mehrere
andere Arten, welche die Fauna japonica aufzählt, in den Hinter-
grund, ebenso eine kleine Barbenart, die ich als solche nachträglich
an den Schlundzähnen erkannte. Dieselbe findet sich unter dem
Namen Ida in Flüssen von Tosa auf Shikoku. Die Goldfische sind
in den Teichen bei Tempeln und sonst sehr häufig zu sehen. Die

Rein, Japan I. 15
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0249" n="225"/><fw place="top" type="header">Fische.</fw><lb/><hi rendition="#g">Hilgendorf</hi> für junge Exemplare von Salmo Perryi Hilgd. ansieht,<lb/>
während ich sie für eine eigene Art, eine specifisch japanische Berg-<lb/>
forelle halte, die sich nie in den unteren Lauf der Flüsse verliert<lb/>
und unter anderem durch drei Reihen zinnober- oder mennigrother<lb/>
Punkte, deren mittlere der Linea lateralis entlang läuft, auszeichnet<lb/>
und an unsere gewöhnliche Forelle erinnert. Verschieden hiervon ist<lb/>
der Salmo pluvius Hilgd., eine Lachsart, deren Junge man unter<lb/>
dem Namen »Iwana« ebenfalls in den Gebirgsbächen Japans findet,<lb/>
doch viel seltener als den Amano-uwo und ohne dessen schöne Flecken<lb/>
und Zeichnung. Die eigentlichen Lachse Japans, welche im Herbst<lb/>
in ungeheueren Schaaren aus dem Meere in die unteren Flüsse der<lb/>
mehr nördlichen Küsten, zumal der Insel Yezo, steigen und hier viele<lb/>
Tausende von Menschen beschäftigen und nähren, sind: Oncorhynchus<lb/>
Haberi Hilgd., der <hi rendition="#g">Shake</hi>, ferner der <hi rendition="#g">Masu</hi> (Oncorhynchus Perryi<lb/>
Brevoort). Hilgendorf erwähnt weiter noch des Kiuri-uwo (Os-<lb/>
merus eperlanus L.), eine Art Stint, ferner den Chika (Hypomesus<lb/>
olidus Pall.).</p><lb/>
              <p>Als häufig vorkommende <hi rendition="#g">Schnabel-</hi> und <hi rendition="#g">Hornhechte (Scom-<lb/>
bresocidae)</hi> sind anzuführen der Kuddera (Belone gigantea) und der<lb/>
Saira (B. gracilis), ferner der geschätzte Sayori (Hemiramphus sayori<lb/>
Schl.) und eine oder mehrere Arten fliegender Fische (Exocoetus),<lb/>
von den Eingeborenen mit Tobi-no-uwo, d. h. Hühnerweihefisch, be-<lb/>
zeichnet. Lieben die Glieder dieser Familie, gleich den grossen<lb/>
Scomberoideen, ihren ärgsten Feinden, das freie Leben auf der Ober-<lb/>
fläche des offenen Meeres, so begegnen wir im Gegensatze zu ihnen<lb/>
in den beiden folgenden Familien fast ausschliesslich Süsswasser-Be-<lb/>
wohnern, die sich zum Theil in schlammigen Gräben und Teichen<lb/>
am wohlsten fühlen. Die <hi rendition="#g">Zahnkarpfen (Cyprinodonten)</hi> sind<lb/>
durch den Metaka (Hoplochilus latipes) vertreten, das eigentliche<lb/><hi rendition="#g">Karpfengeschlecht (Cyprinoideae)</hi> aber durch eine ganze<lb/>
Reihe von Gattungen und Arten, unter denen indess nach Grösse und<lb/>
Bedeutung der Karpfen oder <hi rendition="#g">Koi</hi> (Cyprinus carpio L.) und die japa-<lb/>
nische Karausche oder <hi rendition="#g">Funa</hi> (C. Langsdorfii Schl., Carassius auratus L.)<lb/>
obenan stehen. In fast allen Seen und Teichen, sowie in den grösseren<lb/>
Flüssen und Bewässerungsgräben findet man dieselben und fängt sie<lb/>
wie bei uns auf mancherlei Weise. Ihnen gegenüber treten mehrere<lb/>
andere Arten, welche die Fauna japonica aufzählt, in den Hinter-<lb/>
grund, ebenso eine kleine Barbenart, die ich als solche nachträglich<lb/>
an den Schlundzähnen erkannte. Dieselbe findet sich unter dem<lb/>
Namen <hi rendition="#g">Ida</hi> in Flüssen von Tosa auf Shikoku. Die Goldfische sind<lb/>
in den Teichen bei Tempeln und sonst sehr häufig zu sehen. Die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Rein</hi>, Japan I. 15</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0249] Fische. Hilgendorf für junge Exemplare von Salmo Perryi Hilgd. ansieht, während ich sie für eine eigene Art, eine specifisch japanische Berg- forelle halte, die sich nie in den unteren Lauf der Flüsse verliert und unter anderem durch drei Reihen zinnober- oder mennigrother Punkte, deren mittlere der Linea lateralis entlang läuft, auszeichnet und an unsere gewöhnliche Forelle erinnert. Verschieden hiervon ist der Salmo pluvius Hilgd., eine Lachsart, deren Junge man unter dem Namen »Iwana« ebenfalls in den Gebirgsbächen Japans findet, doch viel seltener als den Amano-uwo und ohne dessen schöne Flecken und Zeichnung. Die eigentlichen Lachse Japans, welche im Herbst in ungeheueren Schaaren aus dem Meere in die unteren Flüsse der mehr nördlichen Küsten, zumal der Insel Yezo, steigen und hier viele Tausende von Menschen beschäftigen und nähren, sind: Oncorhynchus Haberi Hilgd., der Shake, ferner der Masu (Oncorhynchus Perryi Brevoort). Hilgendorf erwähnt weiter noch des Kiuri-uwo (Os- merus eperlanus L.), eine Art Stint, ferner den Chika (Hypomesus olidus Pall.). Als häufig vorkommende Schnabel- und Hornhechte (Scom- bresocidae) sind anzuführen der Kuddera (Belone gigantea) und der Saira (B. gracilis), ferner der geschätzte Sayori (Hemiramphus sayori Schl.) und eine oder mehrere Arten fliegender Fische (Exocoetus), von den Eingeborenen mit Tobi-no-uwo, d. h. Hühnerweihefisch, be- zeichnet. Lieben die Glieder dieser Familie, gleich den grossen Scomberoideen, ihren ärgsten Feinden, das freie Leben auf der Ober- fläche des offenen Meeres, so begegnen wir im Gegensatze zu ihnen in den beiden folgenden Familien fast ausschliesslich Süsswasser-Be- wohnern, die sich zum Theil in schlammigen Gräben und Teichen am wohlsten fühlen. Die Zahnkarpfen (Cyprinodonten) sind durch den Metaka (Hoplochilus latipes) vertreten, das eigentliche Karpfengeschlecht (Cyprinoideae) aber durch eine ganze Reihe von Gattungen und Arten, unter denen indess nach Grösse und Bedeutung der Karpfen oder Koi (Cyprinus carpio L.) und die japa- nische Karausche oder Funa (C. Langsdorfii Schl., Carassius auratus L.) obenan stehen. In fast allen Seen und Teichen, sowie in den grösseren Flüssen und Bewässerungsgräben findet man dieselben und fängt sie wie bei uns auf mancherlei Weise. Ihnen gegenüber treten mehrere andere Arten, welche die Fauna japonica aufzählt, in den Hinter- grund, ebenso eine kleine Barbenart, die ich als solche nachträglich an den Schlundzähnen erkannte. Dieselbe findet sich unter dem Namen Ida in Flüssen von Tosa auf Shikoku. Die Goldfische sind in den Teichen bei Tempeln und sonst sehr häufig zu sehen. Die Rein, Japan I. 15

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/249
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/249>, abgerufen am 06.05.2024.