ren. Man hat genug daran, um nach nichts weiter fragen zu dürfen. Doch hiervon künftig einmal bey einer anderen Gelegenheit.
Diese Mittel, durch welche wir Gehorsam erzwingen, wirken zugleich auch auf das Selbst- bewusstseyn, die Besonnenheit und Aufmerksam- keit des Kranken. Aus Furcht beachtet er die Wiederkehr der Dinge, die ihn einmal zur Furcht brachten. Allein wenn er bereits zum Gehorsam gebracht ist, so versuchen wir es durch eigene Mittel, ihn auf dem Wege der Besonnenheit wei- ter zu fördern. Diese Mittel zur Weckung der Aufmerksamkeit, deren absolutes Vermögen wir nach einer allgemeinen Idee aufgefasst haben, müssen ebenfalls der Empfänglichkeit des in An- frage stehenden Individuums entsprechen, mit sei- ner Seelen-Kultur überhaupt, dem Verhältniss der Sinnlichkeit zu den Verstandeskräften, den hervorstehenden Neigungen desselben und mit der Natur seiner Verrücktheit in ein richtiges Gleich- gewicht gesetzt seyn.
In der Regel divergirt die Aufmerksamkeit nur in zwey Richtungen, als Vertiefung im fixen Wahnsinn, und als Flatterhaftigkeit in der Narrheit. Ihre Verhältnisse zum Blödsinn und zur Raserey werde ich unten noch besonders angeben. Beide Anomalieen werden durch einer- ley Mittel behandelt, die nemlich Eindruck machen. Eindrücke fixiren den Flatterhaften und locken den Fixirten von dem Gegenstand ab, auf welchen
ren. Man hat genug daran, um nach nichts weiter fragen zu dürfen. Doch hiervon künftig einmal bey einer anderen Gelegenheit.
Dieſe Mittel, durch welche wir Gehorſam erzwingen, wirken zugleich auch auf das Selbſt- bewuſstſeyn, die Beſonnenheit und Aufmerkſam- keit des Kranken. Aus Furcht beachtet er die Wiederkehr der Dinge, die ihn einmal zur Furcht brachten. Allein wenn er bereits zum Gehorſam gebracht iſt, ſo verſuchen wir es durch eigene Mittel, ihn auf dem Wege der Beſonnenheit wei- ter zu fördern. Dieſe Mittel zur Weckung der Aufmerkſamkeit, deren abſolutes Vermögen wir nach einer allgemeinen Idee aufgefaſst haben, müſſen ebenfalls der Empfänglichkeit des in An- frage ſtehenden Individuums entſprechen, mit ſei- ner Seelen-Kultur überhaupt, dem Verhältniſs der Sinnlichkeit zu den Verſtandeskräften, den hervorſtehenden Neigungen deſſelben und mit der Natur ſeiner Verrücktheit in ein richtiges Gleich- gewicht geſetzt ſeyn.
In der Regel divergirt die Aufmerkſamkeit nur in zwey Richtungen, als Vertiefung im fixen Wahnſinn, und als Flatterhaftigkeit in der Narrheit. Ihre Verhältniſſe zum Blödſinn und zur Raſerey werde ich unten noch beſonders angeben. Beide Anomalieen werden durch einer- ley Mittel behandelt, die nemlich Eindruck machen. Eindrücke fixiren den Flatterhaften und locken den Fixirten von dem Gegenſtand ab, auf welchen
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ren. Man hat genug daran, um nach nichts
weiter fragen zu dürfen. Doch hiervon künftig
einmal bey einer anderen Gelegenheit.
Dieſe Mittel, durch welche wir Gehorſam
erzwingen, wirken zugleich auch auf das Selbſt-
bewuſstſeyn, die Beſonnenheit und Aufmerkſam-
keit des Kranken. Aus Furcht beachtet er die
Wiederkehr der Dinge, die ihn einmal zur Furcht
brachten. Allein wenn er bereits zum Gehorſam
gebracht iſt, ſo verſuchen wir es durch eigene
Mittel, ihn auf dem Wege der Beſonnenheit wei-
ter zu fördern. Dieſe Mittel zur Weckung der
Aufmerkſamkeit, deren abſolutes Vermögen wir
nach einer allgemeinen Idee aufgefaſst haben,
müſſen ebenfalls der Empfänglichkeit des in An-
frage ſtehenden Individuums entſprechen, mit ſei-
ner Seelen-Kultur überhaupt, dem Verhältniſs
der Sinnlichkeit zu den Verſtandeskräften, den
hervorſtehenden Neigungen deſſelben und mit der
Natur ſeiner Verrücktheit in ein richtiges Gleich-
gewicht geſetzt ſeyn.
In der Regel divergirt die Aufmerkſamkeit
nur in zwey Richtungen, als Vertiefung im
fixen Wahnſinn, und als Flatterhaftigkeit
in der Narrheit. Ihre Verhältniſſe zum Blödſinn
und zur Raſerey werde ich unten noch beſonders
angeben. Beide Anomalieen werden durch einer-
ley Mittel behandelt, die nemlich Eindruck machen.
Eindrücke fixiren den Flatterhaften und locken
den Fixirten von dem Gegenſtand ab, auf welchen
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/239>, abgerufen am 26.12.2024.
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