sind z. B. die Eindrücke auf das Geruchs- und Geschmacks- Organ, angenehme oder unange- nehme Gefühle durchs Licht, durch widrige und gellende Töne. Allein sofern dieselben als Kör- perreize bloss körperliche Lust oder Unlust erre- gen, gehören sie zu der vorigen Classe psychi- scher Mittel. Wir müssen ferner zufällige und starke Gefühle mit den Sinnesanschauungen so verknüpfen, dass der Kranke genöthigt wird, bei- de als Gegenstände zu beachten, die im Zusam- menhange stehn und sich daher associiren. Wir wählen Eindrücke, die Furcht oder Hoffnung erregen, z. B. das glühende Eisen; solche, die die Einbildungskraft des Kranken an ihrer empfind- lichen Seite angreifen und seine Leidenschaften erregen, z. B. neue Münzen für den Geizhals; oder erregen endlich Sinnesanschauung, die durch ihre Grösse und Majestät die Aufmerksam- keit anziehn, z. B. nachgemachter Blitz, Donner, Meeresflächen.
Die zweite Gebrauchsart dieser psychischen Mittel ist nur bey Kranken statthaft, die bereits unterjocht und an unbedingten Gehorsam gewöhnt sind. Der Erfolg kann von dem grössten Nutzen seyn. Wir schieben den Sinnen eine ununterbro- chene Reihe von Objekten vor, begnügen uns damit, durch sie isolirte Anschauungen derselben zu erregen, ohne auf ihre Fortpflanzung im See- lenorgan etwas zu berechnen. Dadurch suchen wir ein fortdaurendes gleichsam passives Spiel von
ſind z. B. die Eindrücke auf das Geruchs- und Geſchmacks- Organ, angenehme oder unange- nehme Gefühle durchs Licht, durch widrige und gellende Töne. Allein ſofern dieſelben als Kör- perreize bloſs körperliche Luſt oder Unluſt erre- gen, gehören ſie zu der vorigen Claſſe pſychi- ſcher Mittel. Wir müſſen ferner zufällige und ſtarke Gefühle mit den Sinnesanſchauungen ſo verknüpfen, daſs der Kranke genöthigt wird, bei- de als Gegenſtände zu beachten, die im Zuſam- menhange ſtehn und ſich daher aſſociiren. Wir wählen Eindrücke, die Furcht oder Hoffnung erregen, z. B. das glühende Eiſen; ſolche, die die Einbildungskraft des Kranken an ihrer empfind- lichen Seite angreifen und ſeine Leidenſchaften erregen, z. B. neue Münzen für den Geizhals; oder erregen endlich Sinnesanſchauung, die durch ihre Gröſse und Majeſtät die Aufmerkſam- keit anziehn, z. B. nachgemachter Blitz, Donner, Meeresflächen.
Die zweite Gebrauchsart dieſer pſychiſchen Mittel iſt nur bey Kranken ſtatthaft, die bereits unterjocht und an unbedingten Gehorſam gewöhnt ſind. Der Erfolg kann von dem gröſsten Nutzen ſeyn. Wir ſchieben den Sinnen eine ununterbro- chene Reihe von Objekten vor, begnügen uns damit, durch ſie iſolirte Anſchauungen derſelben zu erregen, ohne auf ihre Fortpflanzung im See- lenorgan etwas zu berechnen. Dadurch ſuchen wir ein fortdaurendes gleichſam paſſives Spiel von
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ſind z. B. die Eindrücke auf das Geruchs- und
Geſchmacks- Organ, angenehme oder unange-
nehme Gefühle durchs Licht, durch widrige und
gellende Töne. Allein ſofern dieſelben als Kör-
perreize bloſs körperliche Luſt oder Unluſt erre-
gen, gehören ſie zu der vorigen Claſſe pſychi-
ſcher Mittel. Wir müſſen ferner zufällige und
ſtarke Gefühle mit den Sinnesanſchauungen ſo
verknüpfen, daſs der Kranke genöthigt wird, bei-
de als Gegenſtände zu beachten, die im Zuſam-
menhange ſtehn und ſich daher aſſociiren. Wir
wählen Eindrücke, die Furcht oder Hoffnung
erregen, z. B. das glühende Eiſen; ſolche, die die
Einbildungskraft des Kranken an ihrer empfind-
lichen Seite angreifen und ſeine Leidenſchaften
erregen, z. B. neue Münzen für den Geizhals;
oder erregen endlich Sinnesanſchauung, die
durch ihre Gröſse und Majeſtät die Aufmerkſam-
keit anziehn, z. B. nachgemachter Blitz, Donner,
Meeresflächen.
Die zweite Gebrauchsart dieſer pſychiſchen
Mittel iſt nur bey Kranken ſtatthaft, die bereits
unterjocht und an unbedingten Gehorſam gewöhnt
ſind. Der Erfolg kann von dem gröſsten Nutzen
ſeyn. Wir ſchieben den Sinnen eine ununterbro-
chene Reihe von Objekten vor, begnügen uns
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zu erregen, ohne auf ihre Fortpflanzung im See-
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/205>, abgerufen am 23.11.2024.
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