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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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selbe krank, das letzte endlich, wenn sie den
kranken Organismus gesund machen. Von diesen
Reizen können wir einen zwiefachen Gebrauch
machen, entweder diejenigen der Seele
entziehn, die mit ihr in Gemeinschaft
sind, oder andere mit ihr in Gemein-
schaft bringen, die es bis jetzt nicht
sind
. Wir entfernen solche Reize, die sie
krank machen und lassen solche zu, durch welche
das Spiel ihrer Kräfte in der Art erregt wird,
dass dadurch die Heilung einer Krankheit zu
Stande kommen kann. Dies kann man die po-
fitive
, jenes die negative Heilmethode nen-
nen. Der direkte Erfolg der positiven Methode
ist Erregung, der negativen Beruhigung.
Allein Erregungen können auch beruhigen, aber
indirect, indem durch sie die vorhandenen Ideen-
reihen ausgelöscht werden. Umgekehrt können
Beruhigungen durch entzogene Reize neue Thätig-
keiten wecken, sofern die Seele den Müssiggang
flieht und andere Beschäfftigungen sucht, wenn
sie von den vorhandenen zurückgewiesen wird.

Ich erwähne zuerst der negativen Me-
thode
. Sie wirkt durch Entfernung der Reize
und setzt daher voraus, dass der Arzt mit allen,
normalen und abnormen Reizen bekannt seyn
müsse, die die Seele specifisch erregen. Deren
giebt es drey Arten, Reize fürs Gemeinge-
fühl
, für die Sinnorgane und Hirnwir-
kungen
, die andere Hirnwirkungen oder die

ſelbe krank, das letzte endlich, wenn ſie den
kranken Organismus geſund machen. Von dieſen
Reizen können wir einen zwiefachen Gebrauch
machen, entweder diejenigen der Seele
entziehn, die mit ihr in Gemeinſchaft
ſind, oder andere mit ihr in Gemein-
ſchaft bringen, die es bis jetzt nicht
ſind
. Wir entfernen ſolche Reize, die ſie
krank machen und laſſen ſolche zu, durch welche
das Spiel ihrer Kräfte in der Art erregt wird,
daſs dadurch die Heilung einer Krankheit zu
Stande kommen kann. Dies kann man die po-
fitive
, jenes die negative Heilmethode nen-
nen. Der direkte Erfolg der poſitiven Methode
iſt Erregung, der negativen Beruhigung.
Allein Erregungen können auch beruhigen, aber
indirect, indem durch ſie die vorhandenen Ideen-
reihen ausgelöſcht werden. Umgekehrt können
Beruhigungen durch entzogene Reize neue Thätig-
keiten wecken, ſofern die Seele den Müſsiggang
flieht und andere Beſchäfftigungen ſucht, wenn
ſie von den vorhandenen zurückgewieſen wird.

Ich erwähne zuerſt der negativen Me-
thode
. Sie wirkt durch Entfernung der Reize
und ſetzt daher voraus, daſs der Arzt mit allen,
normalen und abnormen Reizen bekannt ſeyn
müſſe, die die Seele ſpecifiſch erregen. Deren
giebt es drey Arten, Reize fürs Gemeinge-
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, für die Sinnorgane und Hirnwir-
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[168/0173] ſelbe krank, das letzte endlich, wenn ſie den kranken Organismus geſund machen. Von dieſen Reizen können wir einen zwiefachen Gebrauch machen, entweder diejenigen der Seele entziehn, die mit ihr in Gemeinſchaft ſind, oder andere mit ihr in Gemein- ſchaft bringen, die es bis jetzt nicht ſind. Wir entfernen ſolche Reize, die ſie krank machen und laſſen ſolche zu, durch welche das Spiel ihrer Kräfte in der Art erregt wird, daſs dadurch die Heilung einer Krankheit zu Stande kommen kann. Dies kann man die po- fitive, jenes die negative Heilmethode nen- nen. Der direkte Erfolg der poſitiven Methode iſt Erregung, der negativen Beruhigung. Allein Erregungen können auch beruhigen, aber indirect, indem durch ſie die vorhandenen Ideen- reihen ausgelöſcht werden. Umgekehrt können Beruhigungen durch entzogene Reize neue Thätig- keiten wecken, ſofern die Seele den Müſsiggang flieht und andere Beſchäfftigungen ſucht, wenn ſie von den vorhandenen zurückgewieſen wird. Ich erwähne zuerſt der negativen Me- thode. Sie wirkt durch Entfernung der Reize und ſetzt daher voraus, daſs der Arzt mit allen, normalen und abnormen Reizen bekannt ſeyn müſſe, die die Seele ſpecifiſch erregen. Deren giebt es drey Arten, Reize fürs Gemeinge- fühl, für die Sinnorgane und Hirnwir- kungen, die andere Hirnwirkungen oder die

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/173>, abgerufen am 24.11.2024.