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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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Bewegungsnerven erregen. Unter diesen Reizen
wirkt diejenige Classe, die das Gemeingefühl
afficirt, am stärksten auf das Gehirn. Durch das
Gemeingefühl wird der eigne Körper vorgestellt,
der die Existenz des Menschen überhaupt, also auch
alle Arten derselben begründet und daher das
nächste Interesse für ihn hat. Dies Object wird
dunkel vorgestellt, und daher der Phantasie zu
chimärischen Dichtungen ein freier Spielraum ge-
lassen. Mit dem Gemeingefühl steht das Gefühls-
vermögen, welches so viel über den Menschen
vermag, in einer engen Verbindung. Denn es
beruht vorzüglich auf die Zustände des Körpers,
und diese werden durchs Gemeingefühl vorge-
stellt. Wir können zuweilen durch Entfernung
schädlicher Darmreize, durch Abstumpfung zu
reizbarer Nerven des Unterleibes und durch
Kühlung erhitzter Geschlechtstheile auf der Stelle
Anomalieen im Seelenorgan heilen, die durch
diese Reize veranlasst sind. Doch diesen Gegen-
stand setze ich bey Seite, weil ich ihn in der
Folge noch einmal berühren werde. So können
wir auch dadurch dem Seelenorgan Ruhe ver-
schaffen, dass wir die Sinnesreize mässigen, oder
sie ganz entfernen. Durchgehends werden Kran-
ke, die in Gefässsiebern phantasiren, oder Wöch-
nerinnen, die an Raserey leiden, durch vieles
Licht, Gemählde, Spiegel, Geräusch, viele Be-
suche, Widersprüche u. s. w. mehr aufgeregt;
hingegen in finstern und geräuschleeren Zimmern

Bewegungsnerven erregen. Unter dieſen Reizen
wirkt diejenige Claſſe, die das Gemeingefühl
afficirt, am ſtärkſten auf das Gehirn. Durch das
Gemeingefühl wird der eigne Körper vorgeſtellt,
der die Exiſtenz des Menſchen überhaupt, alſo auch
alle Arten derſelben begründet und daher das
nächſte Intereſſe für ihn hat. Dies Object wird
dunkel vorgeſtellt, und daher der Phantaſie zu
chimäriſchen Dichtungen ein freier Spielraum ge-
laſſen. Mit dem Gemeingefühl ſteht das Gefühls-
vermögen, welches ſo viel über den Menſchen
vermag, in einer engen Verbindung. Denn es
beruht vorzüglich auf die Zuſtände des Körpers,
und dieſe werden durchs Gemeingefühl vorge-
ſtellt. Wir können zuweilen durch Entfernung
ſchädlicher Darmreize, durch Abſtumpfung zu
reizbarer Nerven des Unterleibes und durch
Kühlung erhitzter Geſchlechtstheile auf der Stelle
Anomalieen im Seelenorgan heilen, die durch
dieſe Reize veranlaſst ſind. Doch dieſen Gegen-
ſtand ſetze ich bey Seite, weil ich ihn in der
Folge noch einmal berühren werde. So können
wir auch dadurch dem Seelenorgan Ruhe ver-
ſchaffen, daſs wir die Sinnesreize mäſsigen, oder
ſie ganz entfernen. Durchgehends werden Kran-
ke, die in Gefäſsſiebern phantaſiren, oder Wöch-
nerinnen, die an Raſerey leiden, durch vieles
Licht, Gemählde, Spiegel, Geräuſch, viele Be-
ſuche, Widerſprüche u. ſ. w. mehr aufgeregt;
hingegen in finſtern und geräuſchleeren Zimmern

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[169/0174] Bewegungsnerven erregen. Unter dieſen Reizen wirkt diejenige Claſſe, die das Gemeingefühl afficirt, am ſtärkſten auf das Gehirn. Durch das Gemeingefühl wird der eigne Körper vorgeſtellt, der die Exiſtenz des Menſchen überhaupt, alſo auch alle Arten derſelben begründet und daher das nächſte Intereſſe für ihn hat. Dies Object wird dunkel vorgeſtellt, und daher der Phantaſie zu chimäriſchen Dichtungen ein freier Spielraum ge- laſſen. Mit dem Gemeingefühl ſteht das Gefühls- vermögen, welches ſo viel über den Menſchen vermag, in einer engen Verbindung. Denn es beruht vorzüglich auf die Zuſtände des Körpers, und dieſe werden durchs Gemeingefühl vorge- ſtellt. Wir können zuweilen durch Entfernung ſchädlicher Darmreize, durch Abſtumpfung zu reizbarer Nerven des Unterleibes und durch Kühlung erhitzter Geſchlechtstheile auf der Stelle Anomalieen im Seelenorgan heilen, die durch dieſe Reize veranlaſst ſind. Doch dieſen Gegen- ſtand ſetze ich bey Seite, weil ich ihn in der Folge noch einmal berühren werde. So können wir auch dadurch dem Seelenorgan Ruhe ver- ſchaffen, daſs wir die Sinnesreize mäſsigen, oder ſie ganz entfernen. Durchgehends werden Kran- ke, die in Gefäſsſiebern phantaſiren, oder Wöch- nerinnen, die an Raſerey leiden, durch vieles Licht, Gemählde, Spiegel, Geräuſch, viele Be- ſuche, Widerſprüche u. ſ. w. mehr aufgeregt; hingegen in finſtern und geräuſchleeren Zimmern

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/174>, abgerufen am 24.11.2024.