Bey dieser Erziehung sehe ich so wohl was das Säen als Pflanzen betrift, niemalen auf den Mondes-Wechsel, oder auf die Himmels-Zeichen, wohl aber auf des Himmels gute Witterung und verrichte solches, wenn vorher ein guter Regen, gefallen, oder sonst nicht allzuheisses Wetter ist. Jch halte es vor eine Abgötterey auf etwas an- deres im Säen und Pflanzen sein Vertrauen zu setzen, als auf GOtt, und wäre zu wünschen, daß alle Gärtner von diesen Vorurtheilen abstünden, und nachdem sie ihre Länderey zu rechter Zeit ge- dünget und gegraben, durch vergebliche Abwar- tung der Himmels-Zeichen, und des Mondes- Wechsels, die zum Säen und Pflanzen gehörige Jahres-Zeit und günstige Witterung nicht vorbey streichen liessen. Jch wil es lieber mit dem Hrn. Rathsmeister Reichard in Erfurt halten, wel- cher bey seiner viehljährigen und starken Oecono- mie im Garten- und Acker-Bau, welche ich mehr als einmal gesehen, nicht das geringste auf den Einfluß des Mondes und der Himmels-Zeichen hält, und solchen in seinen Schriften gänzlich ver- wirft und widerleget.
Redlich und aufrichtig habe ich das ganze Ge- heimniß, schöne Nelken zu erziehen, entdecket und gezeiget, worinne es bestehe und verborgen liege, nemlich in einer alten Wand. Jch nenne sie mit Bedacht Alt, denn neue Wand, Erde hat diese Wür- kung bey weiten nicht, indem sie wenig Salpeter in sich fasset, denn dieser ist es eben welcher die
vie-
Zweytes Cap. Von Erziehung
Bey dieſer Erziehung ſehe ich ſo wohl was das Saͤen als Pflanzen betrift, niemalen auf den Mondes-Wechſel, oder auf die Himmels-Zeichen, wohl aber auf des Himmels gute Witterung und verrichte ſolches, wenn vorher ein guter Regen, gefallen, oder ſonſt nicht allzuheiſſes Wetter iſt. Jch halte es vor eine Abgoͤtterey auf etwas an- deres im Saͤen und Pflanzen ſein Vertrauen zu ſetzen, als auf GOtt, und waͤre zu wuͤnſchen, daß alle Gaͤrtner von dieſen Vorurtheilen abſtuͤnden, und nachdem ſie ihre Laͤnderey zu rechter Zeit ge- duͤnget und gegraben, durch vergebliche Abwar- tung der Himmels-Zeichen, und des Mondes- Wechſels, die zum Saͤen und Pflanzen gehoͤrige Jahres-Zeit und guͤnſtige Witterung nicht vorbey ſtreichen lieſſen. Jch wil es lieber mit dem Hrn. Rathsmeiſter Reichard in Erfurt halten, wel- cher bey ſeiner viehljaͤhrigen und ſtarken Oecono- mie im Garten- und Acker-Bau, welche ich mehr als einmal geſehen, nicht das geringſte auf den Einfluß des Mondes und der Himmels-Zeichen haͤlt, und ſolchen in ſeinen Schriften gaͤnzlich ver- wirft und widerleget.
Redlich und aufrichtig habe ich das ganze Ge- heimniß, ſchoͤne Nelken zu erziehen, entdecket und gezeiget, worinne es beſtehe und verborgen liege, nemlich in einer alten Wand. Jch nenne ſie mit Bedacht Alt, denn neue Wand, Erde hat dieſe Wuͤr- kung bey weiten nicht, indem ſie wenig Salpeter in ſich faſſet, denn dieſer iſt es eben welcher die
vie-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0096"n="82"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweytes Cap. Von Erziehung</hi></fw><lb/><p>Bey dieſer Erziehung ſehe ich ſo wohl was<lb/>
das Saͤen als Pflanzen betrift, niemalen auf den<lb/>
Mondes-Wechſel, oder auf die Himmels-Zeichen,<lb/>
wohl aber auf des Himmels gute Witterung und<lb/>
verrichte ſolches, wenn vorher ein guter Regen,<lb/>
gefallen, oder ſonſt nicht allzuheiſſes Wetter iſt.<lb/>
Jch halte es vor eine Abgoͤtterey auf etwas an-<lb/>
deres im Saͤen und Pflanzen ſein Vertrauen zu<lb/>ſetzen, als auf GOtt, und waͤre zu wuͤnſchen, daß<lb/>
alle Gaͤrtner von dieſen Vorurtheilen abſtuͤnden,<lb/>
und nachdem ſie ihre Laͤnderey zu rechter Zeit ge-<lb/>
duͤnget und gegraben, durch vergebliche Abwar-<lb/>
tung der Himmels-Zeichen, und des Mondes-<lb/>
Wechſels, die zum Saͤen und Pflanzen gehoͤrige<lb/>
Jahres-Zeit und guͤnſtige Witterung nicht vorbey<lb/>ſtreichen lieſſen. Jch wil es lieber mit dem Hrn.<lb/>
Rathsmeiſter <hirendition="#fr">Reichard</hi> in Erfurt halten, wel-<lb/>
cher bey ſeiner viehljaͤhrigen und ſtarken Oecono-<lb/>
mie im Garten- und Acker-Bau, welche ich mehr<lb/>
als einmal geſehen, nicht das geringſte auf den<lb/>
Einfluß des Mondes und der Himmels-Zeichen<lb/>
haͤlt, und ſolchen in ſeinen Schriften gaͤnzlich ver-<lb/>
wirft und widerleget.</p><lb/><p>Redlich und aufrichtig habe ich das ganze Ge-<lb/>
heimniß, ſchoͤne Nelken zu erziehen, entdecket und<lb/>
gezeiget, worinne es beſtehe und verborgen liege,<lb/>
nemlich in einer <hirendition="#fr">alten Wand.</hi> Jch nenne ſie mit<lb/>
Bedacht Alt, denn neue Wand, Erde hat dieſe Wuͤr-<lb/>
kung bey weiten nicht, indem ſie wenig Salpeter<lb/>
in ſich faſſet, denn dieſer iſt es eben welcher die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vie-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[82/0096]
Zweytes Cap. Von Erziehung
Bey dieſer Erziehung ſehe ich ſo wohl was
das Saͤen als Pflanzen betrift, niemalen auf den
Mondes-Wechſel, oder auf die Himmels-Zeichen,
wohl aber auf des Himmels gute Witterung und
verrichte ſolches, wenn vorher ein guter Regen,
gefallen, oder ſonſt nicht allzuheiſſes Wetter iſt.
Jch halte es vor eine Abgoͤtterey auf etwas an-
deres im Saͤen und Pflanzen ſein Vertrauen zu
ſetzen, als auf GOtt, und waͤre zu wuͤnſchen, daß
alle Gaͤrtner von dieſen Vorurtheilen abſtuͤnden,
und nachdem ſie ihre Laͤnderey zu rechter Zeit ge-
duͤnget und gegraben, durch vergebliche Abwar-
tung der Himmels-Zeichen, und des Mondes-
Wechſels, die zum Saͤen und Pflanzen gehoͤrige
Jahres-Zeit und guͤnſtige Witterung nicht vorbey
ſtreichen lieſſen. Jch wil es lieber mit dem Hrn.
Rathsmeiſter Reichard in Erfurt halten, wel-
cher bey ſeiner viehljaͤhrigen und ſtarken Oecono-
mie im Garten- und Acker-Bau, welche ich mehr
als einmal geſehen, nicht das geringſte auf den
Einfluß des Mondes und der Himmels-Zeichen
haͤlt, und ſolchen in ſeinen Schriften gaͤnzlich ver-
wirft und widerleget.
Redlich und aufrichtig habe ich das ganze Ge-
heimniß, ſchoͤne Nelken zu erziehen, entdecket und
gezeiget, worinne es beſtehe und verborgen liege,
nemlich in einer alten Wand. Jch nenne ſie mit
Bedacht Alt, denn neue Wand, Erde hat dieſe Wuͤr-
kung bey weiten nicht, indem ſie wenig Salpeter
in ſich faſſet, denn dieſer iſt es eben welcher die
vie-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz06_1755/96>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.