digst und Unterthänigst in einer Sache, die sie mit gutem Rechte hätten fordern können.
Der Kaiser hatte nicht allein den Sieg erfochten und die Macht im Allgemeinen in Händen, sondern es lagen ihm auch Streitsachen vor, die ihm auf das Wohl oder Wehe der einzelnen Fürsten und ihrer Häuser einen großen Ein- fluß sicherten.
Seinen Geburtstag, im Februar 1548, begieng Carl V da- mit, daß er, "sitzend in seiner kaiserlichen Krone, Zierheit und Majestät," wie ein gleichzeitiger Bericht sagt, die Chur Sach- sen auf seinen Verbündeten Moritz übertrug. Zehn Fahnen bezeichneten die verschiedenen Rechte und Gebietstheile welche Moritz in Empfang nahm. 1
Am 8ten April ward Adolf von Schaumburg in Ge- genwart des Kaisers und des Königs mit allem kirchlichen Pomp zum Erzbischof von Cölln geweiht. Es war die zweite Churwürde die der Kaiser in Folge seines Sieges vergabte.
Und schon lag die Entscheidung über eine dritte Chur- würde in seiner Hand. Herzog Wilhelm von Baiern sah mit Verdruß, daß der neue Churfürst von Sachsen und König Fer- dinand von dem Kriege große Vortheile zogen, er dagegen, der das Meiste gethan zu haben glaubte, leer ausgieng. Mit ver- doppeltem Ernst forderte er in die pfälzische Chur eingesetzt zu werden: -- gleich als sey er der Entsetzte und Beraubte, wollte er den Besitz der Vettern gar nicht mehr anerkennen, und lehnte, auf seinen Vertrag vom J. 1546 sich stützend,
1 Reimar Kock Lübecksche Chronik: Den 24 Febr. hefft Hartch Moritz tho Außborch mercedem iniquitatis, ik wolte seggen de Herl- chet - - duth, hefft de gode alde Cörforste angesehen und gelachet, dat me mit untruw sodane herrlchet vördenen shal und kann.
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
digſt und Unterthänigſt in einer Sache, die ſie mit gutem Rechte hätten fordern können.
Der Kaiſer hatte nicht allein den Sieg erfochten und die Macht im Allgemeinen in Händen, ſondern es lagen ihm auch Streitſachen vor, die ihm auf das Wohl oder Wehe der einzelnen Fürſten und ihrer Häuſer einen großen Ein- fluß ſicherten.
Seinen Geburtstag, im Februar 1548, begieng Carl V da- mit, daß er, „ſitzend in ſeiner kaiſerlichen Krone, Zierheit und Majeſtät,“ wie ein gleichzeitiger Bericht ſagt, die Chur Sach- ſen auf ſeinen Verbündeten Moritz übertrug. Zehn Fahnen bezeichneten die verſchiedenen Rechte und Gebietstheile welche Moritz in Empfang nahm. 1
Am 8ten April ward Adolf von Schaumburg in Ge- genwart des Kaiſers und des Königs mit allem kirchlichen Pomp zum Erzbiſchof von Cölln geweiht. Es war die zweite Churwürde die der Kaiſer in Folge ſeines Sieges vergabte.
Und ſchon lag die Entſcheidung über eine dritte Chur- würde in ſeiner Hand. Herzog Wilhelm von Baiern ſah mit Verdruß, daß der neue Churfürſt von Sachſen und König Fer- dinand von dem Kriege große Vortheile zogen, er dagegen, der das Meiſte gethan zu haben glaubte, leer ausgieng. Mit ver- doppeltem Ernſt forderte er in die pfälziſche Chur eingeſetzt zu werden: — gleich als ſey er der Entſetzte und Beraubte, wollte er den Beſitz der Vettern gar nicht mehr anerkennen, und lehnte, auf ſeinen Vertrag vom J. 1546 ſich ſtützend,
1 Reimar Kock Luͤbeckſche Chronik: Den 24 Febr. hefft Hartch Moritz tho Außborch mercedem iniquitatis, ik wolte ſeggen de Herl- chet ‒ ‒ duth, hefft de gode alde Coͤrforſte angeſehen und gelachet, dat me mit untruw ſodane herrlchet voͤrdenen ſhal und kann.
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Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
digſt und Unterthänigſt in einer Sache, die ſie mit gutem
Rechte hätten fordern können.
Der Kaiſer hatte nicht allein den Sieg erfochten und die
Macht im Allgemeinen in Händen, ſondern es lagen ihm
auch Streitſachen vor, die ihm auf das Wohl oder Wehe
der einzelnen Fürſten und ihrer Häuſer einen großen Ein-
fluß ſicherten.
Seinen Geburtstag, im Februar 1548, begieng Carl V da-
mit, daß er, „ſitzend in ſeiner kaiſerlichen Krone, Zierheit und
Majeſtät,“ wie ein gleichzeitiger Bericht ſagt, die Chur Sach-
ſen auf ſeinen Verbündeten Moritz übertrug. Zehn Fahnen
bezeichneten die verſchiedenen Rechte und Gebietstheile welche
Moritz in Empfang nahm. 1
Am 8ten April ward Adolf von Schaumburg in Ge-
genwart des Kaiſers und des Königs mit allem kirchlichen
Pomp zum Erzbiſchof von Cölln geweiht. Es war die zweite
Churwürde die der Kaiſer in Folge ſeines Sieges vergabte.
Und ſchon lag die Entſcheidung über eine dritte Chur-
würde in ſeiner Hand. Herzog Wilhelm von Baiern ſah mit
Verdruß, daß der neue Churfürſt von Sachſen und König Fer-
dinand von dem Kriege große Vortheile zogen, er dagegen, der
das Meiſte gethan zu haben glaubte, leer ausgieng. Mit ver-
doppeltem Ernſt forderte er in die pfälziſche Chur eingeſetzt
zu werden: — gleich als ſey er der Entſetzte und Beraubte,
wollte er den Beſitz der Vettern gar nicht mehr anerkennen,
und lehnte, auf ſeinen Vertrag vom J. 1546 ſich ſtützend,
1 Reimar Kock Luͤbeckſche Chronik: Den 24 Febr. hefft Hartch
Moritz tho Außborch mercedem iniquitatis, ik wolte ſeggen de Herl-
chet ‒ ‒ duth, hefft de gode alde Coͤrforſte angeſehen und gelachet,
dat me mit untruw ſodane herrlchet voͤrdenen ſhal und kann.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/44>, abgerufen am 23.07.2024.
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