Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Abdankung des Kaisers. (Das Kaiserthum.)
gehoben, und Maximilian muß gestehn daß er sehr gut be-
handelt worden sey.

Sorgfältig vermied der Kaiser jede weitere Theilnahme
an Geschäften die mehr als bloße Canzleisachen waren. Zu
der Reichsversammlung, die im Juli 1556 in Regensburg
eröffnet ward, verweigerte er Abgeordnete zu schicken, was
er doch noch vor dem Jahre gethan, so daß er jetzt auch
gar nicht mehr gefragt werden konnte. "Ich werde mich",
schreibt Ferdinand, "dem Wunsche Ew. Majestät fügen, und
im Namen Gottes, so weit er es mir eingeben wird, die
Geschäfte führen." Man sieht: es ist das Gefühl des Be-
ginnens, das sich in diesem Briefe ausspricht: die Leitung
dieser Versammlung ist der Anfang der selbständigen Reichs-
verwaltung Ferdinands.

Endlich, im September 1556 kam dann auch die Zeit
wo der Kaiser wirklich von Seeland aus nach Spanien un-
ter Segel gieng. Es war eine seiner letzten Handlungen
in diesseitigen Landen, daß er eine Gesandtschaft, an deren
Spitze Wilhelm von Oranien stand, abordnete, um den Chur-
fürsten seine Verzichtleistung zu Gunsten seines Bruders an-
zukündigen. In der Urkunde sind die Ausdrücke, die jede
Bedingung dabei ausschließen, recht absichtlich gehäuft. Es
heißt darin, er trete demselben das heilige Reich und römi-
sche Kaiserthum ab, sammt dessen Verwaltung, Titel, Ho-
heit, Scepter und Krone, mit allen und jeglichen Rechten,
frei, vollkommen, unwiderruflich.

Wenn Ferdinand nicht rascher vorschritt, so liegt das
nur daran, daß die Dinge in Deutschland überhaupt lang-
sam gehn und vor allem gut vorbereitet seyn wollen.


Abdankung des Kaiſers. (Das Kaiſerthum.)
gehoben, und Maximilian muß geſtehn daß er ſehr gut be-
handelt worden ſey.

Sorgfältig vermied der Kaiſer jede weitere Theilnahme
an Geſchäften die mehr als bloße Canzleiſachen waren. Zu
der Reichsverſammlung, die im Juli 1556 in Regensburg
eröffnet ward, verweigerte er Abgeordnete zu ſchicken, was
er doch noch vor dem Jahre gethan, ſo daß er jetzt auch
gar nicht mehr gefragt werden konnte. „Ich werde mich“,
ſchreibt Ferdinand, „dem Wunſche Ew. Majeſtät fügen, und
im Namen Gottes, ſo weit er es mir eingeben wird, die
Geſchäfte führen.“ Man ſieht: es iſt das Gefühl des Be-
ginnens, das ſich in dieſem Briefe ausſpricht: die Leitung
dieſer Verſammlung iſt der Anfang der ſelbſtändigen Reichs-
verwaltung Ferdinands.

Endlich, im September 1556 kam dann auch die Zeit
wo der Kaiſer wirklich von Seeland aus nach Spanien un-
ter Segel gieng. Es war eine ſeiner letzten Handlungen
in dieſſeitigen Landen, daß er eine Geſandtſchaft, an deren
Spitze Wilhelm von Oranien ſtand, abordnete, um den Chur-
fürſten ſeine Verzichtleiſtung zu Gunſten ſeines Bruders an-
zukündigen. In der Urkunde ſind die Ausdrücke, die jede
Bedingung dabei ausſchließen, recht abſichtlich gehäuft. Es
heißt darin, er trete demſelben das heilige Reich und römi-
ſche Kaiſerthum ab, ſammt deſſen Verwaltung, Titel, Ho-
heit, Scepter und Krone, mit allen und jeglichen Rechten,
frei, vollkommen, unwiderruflich.

Wenn Ferdinand nicht raſcher vorſchritt, ſo liegt das
nur daran, daß die Dinge in Deutſchland überhaupt lang-
ſam gehn und vor allem gut vorbereitet ſeyn wollen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0425" n="413"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Abdankung des Kai&#x017F;ers. (Das Kai&#x017F;erthum.)</hi></fw><lb/>
gehoben, und Maximilian muß ge&#x017F;tehn daß er &#x017F;ehr gut be-<lb/>
handelt worden &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Sorgfältig vermied der Kai&#x017F;er jede weitere Theilnahme<lb/>
an Ge&#x017F;chäften die mehr als bloße Canzlei&#x017F;achen waren. Zu<lb/>
der Reichsver&#x017F;ammlung, die im Juli 1556 in Regensburg<lb/>
eröffnet ward, verweigerte er Abgeordnete zu &#x017F;chicken, was<lb/>
er doch noch vor dem Jahre gethan, &#x017F;o daß er jetzt auch<lb/>
gar nicht mehr gefragt werden konnte. &#x201E;Ich werde mich&#x201C;,<lb/>
&#x017F;chreibt Ferdinand, &#x201E;dem Wun&#x017F;che Ew. Maje&#x017F;tät fügen, und<lb/>
im Namen Gottes, &#x017F;o weit er es mir eingeben wird, die<lb/>
Ge&#x017F;chäfte führen.&#x201C; Man &#x017F;ieht: es i&#x017F;t das Gefühl des Be-<lb/>
ginnens, das &#x017F;ich in die&#x017F;em Briefe aus&#x017F;pricht: die Leitung<lb/>
die&#x017F;er Ver&#x017F;ammlung i&#x017F;t der Anfang der &#x017F;elb&#x017F;tändigen Reichs-<lb/>
verwaltung Ferdinands.</p><lb/>
          <p>Endlich, im September 1556 kam dann auch die Zeit<lb/>
wo der Kai&#x017F;er wirklich von Seeland aus nach Spanien un-<lb/>
ter Segel gieng. Es war eine &#x017F;einer letzten Handlungen<lb/>
in die&#x017F;&#x017F;eitigen Landen, daß er eine Ge&#x017F;andt&#x017F;chaft, an deren<lb/>
Spitze Wilhelm von Oranien &#x017F;tand, abordnete, um den Chur-<lb/>
für&#x017F;ten &#x017F;eine Verzichtlei&#x017F;tung zu Gun&#x017F;ten &#x017F;eines Bruders an-<lb/>
zukündigen. In der Urkunde &#x017F;ind die Ausdrücke, die jede<lb/>
Bedingung dabei aus&#x017F;chließen, recht ab&#x017F;ichtlich gehäuft. Es<lb/>
heißt darin, er trete dem&#x017F;elben das heilige Reich und römi-<lb/>
&#x017F;che Kai&#x017F;erthum ab, &#x017F;ammt de&#x017F;&#x017F;en Verwaltung, Titel, Ho-<lb/>
heit, Scepter und Krone, mit allen und jeglichen Rechten,<lb/>
frei, vollkommen, unwiderruflich.</p><lb/>
          <p>Wenn Ferdinand nicht ra&#x017F;cher vor&#x017F;chritt, &#x017F;o liegt das<lb/>
nur daran, daß die Dinge in Deut&#x017F;chland überhaupt lang-<lb/>
&#x017F;am gehn und vor allem gut vorbereitet &#x017F;eyn wollen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0425] Abdankung des Kaiſers. (Das Kaiſerthum.) gehoben, und Maximilian muß geſtehn daß er ſehr gut be- handelt worden ſey. Sorgfältig vermied der Kaiſer jede weitere Theilnahme an Geſchäften die mehr als bloße Canzleiſachen waren. Zu der Reichsverſammlung, die im Juli 1556 in Regensburg eröffnet ward, verweigerte er Abgeordnete zu ſchicken, was er doch noch vor dem Jahre gethan, ſo daß er jetzt auch gar nicht mehr gefragt werden konnte. „Ich werde mich“, ſchreibt Ferdinand, „dem Wunſche Ew. Majeſtät fügen, und im Namen Gottes, ſo weit er es mir eingeben wird, die Geſchäfte führen.“ Man ſieht: es iſt das Gefühl des Be- ginnens, das ſich in dieſem Briefe ausſpricht: die Leitung dieſer Verſammlung iſt der Anfang der ſelbſtändigen Reichs- verwaltung Ferdinands. Endlich, im September 1556 kam dann auch die Zeit wo der Kaiſer wirklich von Seeland aus nach Spanien un- ter Segel gieng. Es war eine ſeiner letzten Handlungen in dieſſeitigen Landen, daß er eine Geſandtſchaft, an deren Spitze Wilhelm von Oranien ſtand, abordnete, um den Chur- fürſten ſeine Verzichtleiſtung zu Gunſten ſeines Bruders an- zukündigen. In der Urkunde ſind die Ausdrücke, die jede Bedingung dabei ausſchließen, recht abſichtlich gehäuft. Es heißt darin, er trete demſelben das heilige Reich und römi- ſche Kaiſerthum ab, ſammt deſſen Verwaltung, Titel, Ho- heit, Scepter und Krone, mit allen und jeglichen Rechten, frei, vollkommen, unwiderruflich. Wenn Ferdinand nicht raſcher vorſchritt, ſo liegt das nur daran, daß die Dinge in Deutſchland überhaupt lang- ſam gehn und vor allem gut vorbereitet ſeyn wollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/425
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/425>, abgerufen am 20.05.2024.