übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten den Mächte ist es allezeit gewesen, selber Einfluß auszuüben, aber keine Rückwirkung zu erfahren.
In diesem Augenblicke setzte der Kaiser aber noch eine andre, sehr ungewohnte, für seine Gewalt sehr bedeutende Bewilligung durch.
Wie es bei jenem Bundesentwurf einer seiner vornehm- sten Gedanken gewesen war, sich die Mittel zur Fortsetzung des Krieges zu verschaffen, so trug er jetzt auch bei dem Reiche, über das er so viel vermochte, auf Bildung "eines Vorrathes" d. i. einer Reichskriegscasse an. "Denn vor allem sey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er- halten: er könne nicht dafür stehn, ob sich nicht gar bald Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär- tiger Fürst das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik, anfechten werde: nun wisse jedermann welchen Nachtheil die bisherige Unverfassung veranlaßt habe, verfaßte Hand da- gegen wehre Beschwerungen ohne Mühe ab; ihm, der schon so viele Bürden trage, könne man keine weitere Anstrengung zumuthen: er müsse die Stände ersuchen, einen nahmhaften Geldvorrath zusammenzubringen, der dann, aber nicht ohne ihr Vorwissen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange- wendet werden solle." 1
Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin so mächtigen Kaisers, um jede innere Bewegung auf Kosten des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht
1 Kais. Mt Proposition und begeren etlich Geld im Reich zum Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingstabend 20 Mai 1548. (Berl. Archiv.)
Bewilligung einer Reichskriegscaſſe.
übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten den Mächte iſt es allezeit geweſen, ſelber Einfluß auszuüben, aber keine Rückwirkung zu erfahren.
In dieſem Augenblicke ſetzte der Kaiſer aber noch eine andre, ſehr ungewohnte, für ſeine Gewalt ſehr bedeutende Bewilligung durch.
Wie es bei jenem Bundesentwurf einer ſeiner vornehm- ſten Gedanken geweſen war, ſich die Mittel zur Fortſetzung des Krieges zu verſchaffen, ſo trug er jetzt auch bei dem Reiche, über das er ſo viel vermochte, auf Bildung „eines Vorrathes“ d. i. einer Reichskriegscaſſe an. „Denn vor allem ſey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er- halten: er könne nicht dafür ſtehn, ob ſich nicht gar bald Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär- tiger Fürſt das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik, anfechten werde: nun wiſſe jedermann welchen Nachtheil die bisherige Unverfaſſung veranlaßt habe, verfaßte Hand da- gegen wehre Beſchwerungen ohne Mühe ab; ihm, der ſchon ſo viele Bürden trage, könne man keine weitere Anſtrengung zumuthen: er müſſe die Stände erſuchen, einen nahmhaften Geldvorrath zuſammenzubringen, der dann, aber nicht ohne ihr Vorwiſſen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange- wendet werden ſolle.“ 1
Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin ſo mächtigen Kaiſers, um jede innere Bewegung auf Koſten des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht
1 Kaiſ. Mt Propoſition und begeren etlich Geld im Reich zum Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingſtabend 20 Mai 1548. (Berl. Archiv.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0041"n="29"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Bewilligung einer Reichskriegscaſſe</hi>.</fw><lb/>
übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten<lb/>
den Mächte iſt es allezeit geweſen, ſelber Einfluß auszuüben,<lb/>
aber keine Rückwirkung zu erfahren.</p><lb/><p>In dieſem Augenblicke ſetzte der Kaiſer aber noch eine<lb/>
andre, ſehr ungewohnte, für ſeine Gewalt ſehr bedeutende<lb/>
Bewilligung durch.</p><lb/><p>Wie es bei jenem Bundesentwurf einer ſeiner vornehm-<lb/>ſten Gedanken geweſen war, ſich die Mittel zur Fortſetzung<lb/>
des Krieges zu verſchaffen, ſo trug er jetzt auch bei dem<lb/>
Reiche, über das er ſo viel vermochte, auf Bildung „eines<lb/>
Vorrathes“ d. i. einer Reichskriegscaſſe an. „Denn vor<lb/>
allem ſey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er-<lb/>
halten: er könne nicht dafür ſtehn, ob ſich nicht gar bald<lb/>
Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär-<lb/>
tiger Fürſt das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik,<lb/>
anfechten werde: nun wiſſe jedermann welchen Nachtheil die<lb/>
bisherige Unverfaſſung veranlaßt habe, verfaßte Hand da-<lb/>
gegen wehre Beſchwerungen ohne Mühe ab; ihm, der ſchon<lb/>ſo viele Bürden trage, könne man keine weitere Anſtrengung<lb/>
zumuthen: er müſſe die Stände erſuchen, einen nahmhaften<lb/>
Geldvorrath zuſammenzubringen, der dann, aber nicht ohne<lb/>
ihr Vorwiſſen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange-<lb/>
wendet werden ſolle.“<noteplace="foot"n="1">Kaiſ. Mt Propoſition und begeren etlich Geld im Reich zum<lb/>
Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingſtabend 20 Mai 1548. (Berl.<lb/>
Archiv.)</note></p><lb/><p>Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin ſo<lb/>
mächtigen Kaiſers, um jede innere Bewegung auf Koſten<lb/>
des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[29/0041]
Bewilligung einer Reichskriegscaſſe.
übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten
den Mächte iſt es allezeit geweſen, ſelber Einfluß auszuüben,
aber keine Rückwirkung zu erfahren.
In dieſem Augenblicke ſetzte der Kaiſer aber noch eine
andre, ſehr ungewohnte, für ſeine Gewalt ſehr bedeutende
Bewilligung durch.
Wie es bei jenem Bundesentwurf einer ſeiner vornehm-
ſten Gedanken geweſen war, ſich die Mittel zur Fortſetzung
des Krieges zu verſchaffen, ſo trug er jetzt auch bei dem
Reiche, über das er ſo viel vermochte, auf Bildung „eines
Vorrathes“ d. i. einer Reichskriegscaſſe an. „Denn vor
allem ſey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er-
halten: er könne nicht dafür ſtehn, ob ſich nicht gar bald
Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär-
tiger Fürſt das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik,
anfechten werde: nun wiſſe jedermann welchen Nachtheil die
bisherige Unverfaſſung veranlaßt habe, verfaßte Hand da-
gegen wehre Beſchwerungen ohne Mühe ab; ihm, der ſchon
ſo viele Bürden trage, könne man keine weitere Anſtrengung
zumuthen: er müſſe die Stände erſuchen, einen nahmhaften
Geldvorrath zuſammenzubringen, der dann, aber nicht ohne
ihr Vorwiſſen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange-
wendet werden ſolle.“ 1
Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin ſo
mächtigen Kaiſers, um jede innere Bewegung auf Koſten
des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht
1 Kaiſ. Mt Propoſition und begeren etlich Geld im Reich zum
Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingſtabend 20 Mai 1548. (Berl.
Archiv.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/41>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.