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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Bewilligung einer Reichskriegscasse.
übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten
den Mächte ist es allezeit gewesen, selber Einfluß auszuüben,
aber keine Rückwirkung zu erfahren.

In diesem Augenblicke setzte der Kaiser aber noch eine
andre, sehr ungewohnte, für seine Gewalt sehr bedeutende
Bewilligung durch.

Wie es bei jenem Bundesentwurf einer seiner vornehm-
sten Gedanken gewesen war, sich die Mittel zur Fortsetzung
des Krieges zu verschaffen, so trug er jetzt auch bei dem
Reiche, über das er so viel vermochte, auf Bildung "eines
Vorrathes" d. i. einer Reichskriegscasse an. "Denn vor
allem sey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er-
halten: er könne nicht dafür stehn, ob sich nicht gar bald
Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär-
tiger Fürst das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik,
anfechten werde: nun wisse jedermann welchen Nachtheil die
bisherige Unverfassung veranlaßt habe, verfaßte Hand da-
gegen wehre Beschwerungen ohne Mühe ab; ihm, der schon
so viele Bürden trage, könne man keine weitere Anstrengung
zumuthen: er müsse die Stände ersuchen, einen nahmhaften
Geldvorrath zusammenzubringen, der dann, aber nicht ohne
ihr Vorwissen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange-
wendet werden solle." 1

Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin so
mächtigen Kaisers, um jede innere Bewegung auf Kosten
des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht

1 Kais. Mt Proposition und begeren etlich Geld im Reich zum
Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingstabend 20 Mai 1548. (Berl.
Archiv.)

Bewilligung einer Reichskriegscaſſe.
übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten
den Mächte iſt es allezeit geweſen, ſelber Einfluß auszuüben,
aber keine Rückwirkung zu erfahren.

In dieſem Augenblicke ſetzte der Kaiſer aber noch eine
andre, ſehr ungewohnte, für ſeine Gewalt ſehr bedeutende
Bewilligung durch.

Wie es bei jenem Bundesentwurf einer ſeiner vornehm-
ſten Gedanken geweſen war, ſich die Mittel zur Fortſetzung
des Krieges zu verſchaffen, ſo trug er jetzt auch bei dem
Reiche, über das er ſo viel vermochte, auf Bildung „eines
Vorrathes“ d. i. einer Reichskriegscaſſe an. „Denn vor
allem ſey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er-
halten: er könne nicht dafür ſtehn, ob ſich nicht gar bald
Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär-
tiger Fürſt das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik,
anfechten werde: nun wiſſe jedermann welchen Nachtheil die
bisherige Unverfaſſung veranlaßt habe, verfaßte Hand da-
gegen wehre Beſchwerungen ohne Mühe ab; ihm, der ſchon
ſo viele Bürden trage, könne man keine weitere Anſtrengung
zumuthen: er müſſe die Stände erſuchen, einen nahmhaften
Geldvorrath zuſammenzubringen, der dann, aber nicht ohne
ihr Vorwiſſen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange-
wendet werden ſolle.“ 1

Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin ſo
mächtigen Kaiſers, um jede innere Bewegung auf Koſten
des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht

1 Kaiſ. Mt Propoſition und begeren etlich Geld im Reich zum
Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingſtabend 20 Mai 1548. (Berl.
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[29/0041] Bewilligung einer Reichskriegscaſſe. übergehend, jenes bleibt immer. Die Politik der vorwalten den Mächte iſt es allezeit geweſen, ſelber Einfluß auszuüben, aber keine Rückwirkung zu erfahren. In dieſem Augenblicke ſetzte der Kaiſer aber noch eine andre, ſehr ungewohnte, für ſeine Gewalt ſehr bedeutende Bewilligung durch. Wie es bei jenem Bundesentwurf einer ſeiner vornehm- ſten Gedanken geweſen war, ſich die Mittel zur Fortſetzung des Krieges zu verſchaffen, ſo trug er jetzt auch bei dem Reiche, über das er ſo viel vermochte, auf Bildung „eines Vorrathes“ d. i. einer Reichskriegscaſſe an. „Denn vor allem ſey es nun auch nöthig den erlangten Frieden zu er- halten: er könne nicht dafür ſtehn, ob ſich nicht gar bald Jemand innerhalb des Reiches auflehnen oder ein auswär- tiger Fürſt das Reich, wenn auch nur durch geheime Practik, anfechten werde: nun wiſſe jedermann welchen Nachtheil die bisherige Unverfaſſung veranlaßt habe, verfaßte Hand da- gegen wehre Beſchwerungen ohne Mühe ab; ihm, der ſchon ſo viele Bürden trage, könne man keine weitere Anſtrengung zumuthen: er müſſe die Stände erſuchen, einen nahmhaften Geldvorrath zuſammenzubringen, der dann, aber nicht ohne ihr Vorwiſſen, zur Erhaltung Friedens und Rechtens ange- wendet werden ſolle.“ 1 Eine Summe Geldes in der Hand eines ohnehin ſo mächtigen Kaiſers, um jede innere Bewegung auf Koſten des Reiches zu erdrücken: wahrhaftig, man braucht nicht 1 Kaiſ. Mt Propoſition und begeren etlich Geld im Reich zum Vorrath zu erlegen. Actum am Pfingſtabend 20 Mai 1548. (Berl. Archiv.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/41>, abgerufen am 24.04.2024.