Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
von seinem Feinde Arras geschmiedet worden seyn. Aber
wahr ist, und er selber gesteht es unumwunden, daß er die
französischen Anträge nicht völlig von sich wies. 1 Die Mei-
nung, vom kaiserlichen Hofe mißhandelt, vom Reiche mit
Vernichtung bedroht zu seyn, und der trotzige Wunsch, die
Waffen um jeden Preis in der Hand zu behalten, trieben
ihn zu diesem verzweifelten Schritte. Doch könnte man nicht
sagen, worauf die Verabredungen gegangen sind. Es scheint
als seyen einige frühere Verbündete im Verständniß gew[ - 2 Zeichen fehlen]
sen, wie Johann Albrecht von Meklenburg, Erich von [ - 3 Zeichen fehlen]
lenberg. Auch die alten Kriegsobersten suchte Heinrich II
zu gewinnen, deren Name bei jeder neuen Bewegung er-
scheint, Christoph von Oldenburg, Wrisberg, von dem wir
einen Brief haben, worin er dem Kaiser gar nicht verhehlt,
daß er mit fremden Fürsten in Unterhandlung stehe. Bis
an die Grenzen von Polen und Pommern waren Muster-
plätze eingerichtet, wohin die Landsknechte bereits ihren Lauf
zu nehmen begannen; überall sah man gardende Reiter;
bald machte sich der Markgraf selbst wieder nach Nieder-
deutschland auf den Weg. Aus einer Instruction für einen
nach Deutschland bestimmten Abgeordneten sehen wir, daß
sich der König sogar der Antipathien der deutschen Linie des
Hauses Östreich gegen den Kaiser zu bedienen dachte. 2


1 Schreiben Albrechts an den Kaiser vom 22sten April. "Ob
nun durch dieß alls ich als ein armer verlaßner verderbter und ver-
jagter Fürst, der vermög der Acht genzlich ausgetilkt werden soll, zum
höchsten dazu gedrungen die wege zu suchen, das ich mein Aufent-
haltung und Schutz haben möge, wo ich halt den find, das wirdet
niemands unparteilich verdenken können." (Arch. zu Berlin.)
2 Instruction au comte de Roquendolf, pour offrir secours
au Roi de Boheme.
Ribier II, 507.

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
von ſeinem Feinde Arras geſchmiedet worden ſeyn. Aber
wahr iſt, und er ſelber geſteht es unumwunden, daß er die
franzöſiſchen Anträge nicht völlig von ſich wies. 1 Die Mei-
nung, vom kaiſerlichen Hofe mißhandelt, vom Reiche mit
Vernichtung bedroht zu ſeyn, und der trotzige Wunſch, die
Waffen um jeden Preis in der Hand zu behalten, trieben
ihn zu dieſem verzweifelten Schritte. Doch könnte man nicht
ſagen, worauf die Verabredungen gegangen ſind. Es ſcheint
als ſeyen einige frühere Verbündete im Verſtändniß gew[ – 2 Zeichen fehlen]
ſen, wie Johann Albrecht von Meklenburg, Erich von [ – 3 Zeichen fehlen]
lenberg. Auch die alten Kriegsoberſten ſuchte Heinrich II
zu gewinnen, deren Name bei jeder neuen Bewegung er-
ſcheint, Chriſtoph von Oldenburg, Wrisberg, von dem wir
einen Brief haben, worin er dem Kaiſer gar nicht verhehlt,
daß er mit fremden Fürſten in Unterhandlung ſtehe. Bis
an die Grenzen von Polen und Pommern waren Muſter-
plätze eingerichtet, wohin die Landsknechte bereits ihren Lauf
zu nehmen begannen; überall ſah man gardende Reiter;
bald machte ſich der Markgraf ſelbſt wieder nach Nieder-
deutſchland auf den Weg. Aus einer Inſtruction für einen
nach Deutſchland beſtimmten Abgeordneten ſehen wir, daß
ſich der König ſogar der Antipathien der deutſchen Linie des
Hauſes Öſtreich gegen den Kaiſer zu bedienen dachte. 2


1 Schreiben Albrechts an den Kaiſer vom 22ſten April. „Ob
nun durch dieß alls ich als ein armer verlaßner verderbter und ver-
jagter Fuͤrſt, der vermoͤg der Acht genzlich ausgetilkt werden ſoll, zum
hoͤchſten dazu gedrungen die wege zu ſuchen, das ich mein Aufent-
haltung und Schutz haben moͤge, wo ich halt den find, das wirdet
niemands unparteilich verdenken koͤnnen.“ (Arch. zu Berlin.)
2 Instruction au comte de Roquendolf, pour offrir secours
au Roi de Boheme.
Ribier II, 507.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0354" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
von &#x017F;einem Feinde Arras ge&#x017F;chmiedet worden &#x017F;eyn. Aber<lb/>
wahr i&#x017F;t, und er &#x017F;elber ge&#x017F;teht es unumwunden, daß er die<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;chen Anträge nicht völlig von &#x017F;ich wies. <note place="foot" n="1">Schreiben Albrechts an den Kai&#x017F;er vom 22&#x017F;ten April. &#x201E;Ob<lb/>
nun durch dieß alls ich als ein armer verlaßner verderbter und ver-<lb/>
jagter Fu&#x0364;r&#x017F;t, der vermo&#x0364;g der Acht genzlich ausgetilkt werden &#x017F;oll, zum<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten dazu gedrungen die wege zu &#x017F;uchen, das ich mein Aufent-<lb/>
haltung und Schutz haben mo&#x0364;ge, wo ich halt den find, das wirdet<lb/>
niemands unparteilich verdenken ko&#x0364;nnen.&#x201C; (Arch. zu Berlin.)</note> Die Mei-<lb/>
nung, vom kai&#x017F;erlichen Hofe mißhandelt, vom Reiche mit<lb/>
Vernichtung bedroht zu &#x017F;eyn, und der trotzige Wun&#x017F;ch, die<lb/>
Waffen um jeden Preis in der Hand zu behalten, trieben<lb/>
ihn zu die&#x017F;em verzweifelten Schritte. Doch könnte man nicht<lb/>
&#x017F;agen, worauf die Verabredungen gegangen &#x017F;ind. Es &#x017F;cheint<lb/>
als &#x017F;eyen einige frühere Verbündete im Ver&#x017F;tändniß gew<gap unit="chars" quantity="2"/><lb/>
&#x017F;en, wie Johann Albrecht von Meklenburg, Erich von <gap unit="chars" quantity="3"/><lb/>
lenberg. Auch die alten Kriegsober&#x017F;ten &#x017F;uchte Heinrich <hi rendition="#aq">II</hi><lb/>
zu gewinnen, deren Name bei jeder neuen Bewegung er-<lb/>
&#x017F;cheint, Chri&#x017F;toph von Oldenburg, Wrisberg, von dem wir<lb/>
einen Brief haben, worin er dem Kai&#x017F;er gar nicht verhehlt,<lb/>
daß er mit fremden Für&#x017F;ten in Unterhandlung &#x017F;tehe. Bis<lb/>
an die Grenzen von Polen und Pommern waren Mu&#x017F;ter-<lb/>
plätze eingerichtet, wohin die Landsknechte bereits ihren Lauf<lb/>
zu nehmen begannen; überall &#x017F;ah man gardende Reiter;<lb/>
bald machte &#x017F;ich der Markgraf &#x017F;elb&#x017F;t wieder nach Nieder-<lb/>
deut&#x017F;chland auf den Weg. Aus einer In&#x017F;truction für einen<lb/>
nach Deut&#x017F;chland be&#x017F;timmten Abgeordneten &#x017F;ehen wir, daß<lb/>
&#x017F;ich der König &#x017F;ogar der Antipathien der deut&#x017F;chen Linie des<lb/>
Hau&#x017F;es Ö&#x017F;treich gegen den Kai&#x017F;er zu bedienen dachte. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">Instruction au comte de Roquendolf, pour offrir secours<lb/>
au Roi de Boheme.</hi> Ribier <hi rendition="#aq">II,</hi> 507.</note></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0354] Zehntes Buch. Viertes Capitel. von ſeinem Feinde Arras geſchmiedet worden ſeyn. Aber wahr iſt, und er ſelber geſteht es unumwunden, daß er die franzöſiſchen Anträge nicht völlig von ſich wies. 1 Die Mei- nung, vom kaiſerlichen Hofe mißhandelt, vom Reiche mit Vernichtung bedroht zu ſeyn, und der trotzige Wunſch, die Waffen um jeden Preis in der Hand zu behalten, trieben ihn zu dieſem verzweifelten Schritte. Doch könnte man nicht ſagen, worauf die Verabredungen gegangen ſind. Es ſcheint als ſeyen einige frühere Verbündete im Verſtändniß gew__ ſen, wie Johann Albrecht von Meklenburg, Erich von ___ lenberg. Auch die alten Kriegsoberſten ſuchte Heinrich II zu gewinnen, deren Name bei jeder neuen Bewegung er- ſcheint, Chriſtoph von Oldenburg, Wrisberg, von dem wir einen Brief haben, worin er dem Kaiſer gar nicht verhehlt, daß er mit fremden Fürſten in Unterhandlung ſtehe. Bis an die Grenzen von Polen und Pommern waren Muſter- plätze eingerichtet, wohin die Landsknechte bereits ihren Lauf zu nehmen begannen; überall ſah man gardende Reiter; bald machte ſich der Markgraf ſelbſt wieder nach Nieder- deutſchland auf den Weg. Aus einer Inſtruction für einen nach Deutſchland beſtimmten Abgeordneten ſehen wir, daß ſich der König ſogar der Antipathien der deutſchen Linie des Hauſes Öſtreich gegen den Kaiſer zu bedienen dachte. 2 1 Schreiben Albrechts an den Kaiſer vom 22ſten April. „Ob nun durch dieß alls ich als ein armer verlaßner verderbter und ver- jagter Fuͤrſt, der vermoͤg der Acht genzlich ausgetilkt werden ſoll, zum hoͤchſten dazu gedrungen die wege zu ſuchen, das ich mein Aufent- haltung und Schutz haben moͤge, wo ich halt den find, das wirdet niemands unparteilich verdenken koͤnnen.“ (Arch. zu Berlin.) 2 Instruction au comte de Roquendolf, pour offrir secours au Roi de Boheme. Ribier II, 507.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/354
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/354>, abgerufen am 09.05.2024.