Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Friede zw. Hz. Heinrich u. d. St. Braunschweig. deutschen Gebiete seit so vielen Jahren in Athem gehalten.Der Herzog hatte den Städten die Veränderung der Reli- gion nicht nachsehen wollen, sondern vielmehr eben bei die- ser Gelegenheit sie völlig in seine Hände zu bringen gedacht. Dadurch waren die Städte bewogen worden, auch ihm die Anerkennung seiner Oberherrlichkeit zu versagen; Wechsel der Übermacht und der Herrschaft waren hier zahlreicher einge- treten als irgendwo sonst. Jetzt aber entschloß sich der Her- zog, die veränderte Religionsübung und die alten verbrief- ten Gerechtsame anzuerkennen; wofür man auch ihm hin- wieder seine Ehre gewährte. Die Abgeordneten der Bürger- schaft thaten einen Fußfall; er sagte ihnen, er vergebe ihnen von Herzen und wolle fortan ihr gnädigster Herr seyn und bleiben. Am 29sten October ward zu Braunschweig das Herr Gott dich loben wir unter Paukenschlag gesungen: in allen Kirchen dankte man Gott, daß er den "güldnen" Frie- den wieder schenke. 1 Schon früher war Herzog Erich durch Verwüstung sei- Hier fürs Erste gesichert, nahm Heinrich nun den Weg Er hätte unterwegs Gelegenheit nehmen können, sich an 1 Tobias Olfen 77. Ranke D. Gesch. V. 22
Friede zw. Hz. Heinrich u. d. St. Braunſchweig. deutſchen Gebiete ſeit ſo vielen Jahren in Athem gehalten.Der Herzog hatte den Städten die Veränderung der Reli- gion nicht nachſehen wollen, ſondern vielmehr eben bei die- ſer Gelegenheit ſie völlig in ſeine Hände zu bringen gedacht. Dadurch waren die Städte bewogen worden, auch ihm die Anerkennung ſeiner Oberherrlichkeit zu verſagen; Wechſel der Übermacht und der Herrſchaft waren hier zahlreicher einge- treten als irgendwo ſonſt. Jetzt aber entſchloß ſich der Her- zog, die veränderte Religionsübung und die alten verbrief- ten Gerechtſame anzuerkennen; wofür man auch ihm hin- wieder ſeine Ehre gewährte. Die Abgeordneten der Bürger- ſchaft thaten einen Fußfall; er ſagte ihnen, er vergebe ihnen von Herzen und wolle fortan ihr gnädigſter Herr ſeyn und bleiben. Am 29ſten October ward zu Braunſchweig das Herr Gott dich loben wir unter Paukenſchlag geſungen: in allen Kirchen dankte man Gott, daß er den „güldnen“ Frie- den wieder ſchenke. 1 Schon früher war Herzog Erich durch Verwüſtung ſei- Hier fürs Erſte geſichert, nahm Heinrich nun den Weg Er hätte unterwegs Gelegenheit nehmen können, ſich an 1 Tobias Olfen 77. Ranke D. Geſch. V. 22
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0349" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Friede zw. Hz. Heinrich u. d. St. Braunſchweig</hi>.</fw><lb/> deutſchen Gebiete ſeit ſo vielen Jahren in Athem gehalten.<lb/> Der Herzog hatte den Städten die Veränderung der Reli-<lb/> gion nicht nachſehen wollen, ſondern vielmehr eben bei die-<lb/> ſer Gelegenheit ſie völlig in ſeine Hände zu bringen gedacht.<lb/> Dadurch waren die Städte bewogen worden, auch ihm die<lb/> Anerkennung ſeiner Oberherrlichkeit zu verſagen; Wechſel der<lb/> Übermacht und der Herrſchaft waren hier zahlreicher einge-<lb/> treten als irgendwo ſonſt. Jetzt aber entſchloß ſich der Her-<lb/> zog, die veränderte Religionsübung und die alten verbrief-<lb/> ten Gerechtſame anzuerkennen; wofür man auch ihm hin-<lb/> wieder ſeine Ehre gewährte. Die Abgeordneten der Bürger-<lb/> ſchaft thaten einen Fußfall; er ſagte ihnen, er vergebe ihnen<lb/> von Herzen und wolle fortan ihr gnädigſter Herr ſeyn und<lb/> bleiben. Am 29ſten October ward zu Braunſchweig das<lb/> Herr Gott dich loben wir unter Paukenſchlag geſungen: in<lb/> allen Kirchen dankte man Gott, daß er den „güldnen“ Frie-<lb/> den wieder ſchenke. <note place="foot" n="1">Tobias Olfen 77.</note></p><lb/> <p>Schon früher war Herzog Erich durch Verwüſtung ſei-<lb/> nes Gebietes zu einem Abkommen genöthigt worden: ſo viel-<lb/> fachem Vorgang mußten jetzt auch die Edelleute folgen. Hein-<lb/> rich wandte das Geld, das ihm ſein alter Gegner Landgraf<lb/> Philipp zum Abtrag zahlte, zu ihrer Befriedigung an.</p><lb/> <p>Hier fürs Erſte geſichert, nahm Heinrich nun den Weg<lb/> nach Franken, wohin ihn ſeine Bundesverwandten dringend<lb/> einluden.</p><lb/> <p>Er hätte unterwegs Gelegenheit nehmen können, ſich an<lb/> ſeinen alten Gegnern, dem Grafen Albrecht von Mansfeld<lb/> und Johann Friedrich, zu rächen. Auch ſchien es wohl, als<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Ranke D. Geſch. <hi rendition="#aq">V.</hi> 22</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [337/0349]
Friede zw. Hz. Heinrich u. d. St. Braunſchweig.
deutſchen Gebiete ſeit ſo vielen Jahren in Athem gehalten.
Der Herzog hatte den Städten die Veränderung der Reli-
gion nicht nachſehen wollen, ſondern vielmehr eben bei die-
ſer Gelegenheit ſie völlig in ſeine Hände zu bringen gedacht.
Dadurch waren die Städte bewogen worden, auch ihm die
Anerkennung ſeiner Oberherrlichkeit zu verſagen; Wechſel der
Übermacht und der Herrſchaft waren hier zahlreicher einge-
treten als irgendwo ſonſt. Jetzt aber entſchloß ſich der Her-
zog, die veränderte Religionsübung und die alten verbrief-
ten Gerechtſame anzuerkennen; wofür man auch ihm hin-
wieder ſeine Ehre gewährte. Die Abgeordneten der Bürger-
ſchaft thaten einen Fußfall; er ſagte ihnen, er vergebe ihnen
von Herzen und wolle fortan ihr gnädigſter Herr ſeyn und
bleiben. Am 29ſten October ward zu Braunſchweig das
Herr Gott dich loben wir unter Paukenſchlag geſungen: in
allen Kirchen dankte man Gott, daß er den „güldnen“ Frie-
den wieder ſchenke. 1
Schon früher war Herzog Erich durch Verwüſtung ſei-
nes Gebietes zu einem Abkommen genöthigt worden: ſo viel-
fachem Vorgang mußten jetzt auch die Edelleute folgen. Hein-
rich wandte das Geld, das ihm ſein alter Gegner Landgraf
Philipp zum Abtrag zahlte, zu ihrer Befriedigung an.
Hier fürs Erſte geſichert, nahm Heinrich nun den Weg
nach Franken, wohin ihn ſeine Bundesverwandten dringend
einluden.
Er hätte unterwegs Gelegenheit nehmen können, ſich an
ſeinen alten Gegnern, dem Grafen Albrecht von Mansfeld
und Johann Friedrich, zu rächen. Auch ſchien es wohl, als
1 Tobias Olfen 77.
Ranke D. Geſch. V. 22
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |