die Wahlstatt und schoß Victoria, daß in Braunschweig die Fenster erzitterten.
Dieses Ereigniß ward aber für Niederdeutschland haupt- sächlich dadurch entscheidend, daß Markgraf Albrecht, durch ungünstige Nachrichten von seinen Erblanden vermocht, den Beschluß faßte dahin zurückzukehren.
Herzog Heinrich war und blieb dort zuletzt doch Herr und Meister im Felde.
Unverzüglich wandte er sich gegen Braunschweig; doch hätte es ihm wohl schwer werden sollen, mit seinem Geschütz, das er abermal auf einem nahen Berge aufpflanzte, die Stadt zur Überlieferung zu zwingen. Dagegen kam ihm seine Ver- bindung mit dem fränkischen Bunde, der sich seiner Kriegskräfte zu bedienen wünschte, zu einem friedlichen Austrag zu Stat- ten. Erasmus Ebner von Nürnberg leitete eine Unterhand- lung ein, an welcher auch bald die umliegenden Städte, auch Goßlar und Hildesheim Theil nahmen. Der Herzog selber war milder geworden, und da auch er seine Wieder- herstellung wenigstens guten Theils protestantischer Hülfe, der des gefallenen Churfürsten und der Stadt Nürnberg verdankte, mußte er wohl von der Heftigkeit ablassen, mit der er sonst die Bekenner der neuen Lehre verfolgt hatte. Ohnehin waren die Braunschweiger nicht gemeint sich seiner Gnade zu über- lassen. Als der Entwurf des Vertrags in einigen wesent- lichen Puncten abgeändert zu ihnen zurückkam, beschlossen sie lieber mehr Volk zu werben und den Krieg aufs Äußerste fortzusetzen. Hierauf fühlte sich Heinrich bewogen, den Ver- trag anzunehmen wie sie ihn vorgeschlagen.
So kam eine Streitsache zu Ende, welche alle nord-
Zehntes Buch. Viertes Capitel.
die Wahlſtatt und ſchoß Victoria, daß in Braunſchweig die Fenſter erzitterten.
Dieſes Ereigniß ward aber für Niederdeutſchland haupt- ſächlich dadurch entſcheidend, daß Markgraf Albrecht, durch ungünſtige Nachrichten von ſeinen Erblanden vermocht, den Beſchluß faßte dahin zurückzukehren.
Herzog Heinrich war und blieb dort zuletzt doch Herr und Meiſter im Felde.
Unverzüglich wandte er ſich gegen Braunſchweig; doch hätte es ihm wohl ſchwer werden ſollen, mit ſeinem Geſchütz, das er abermal auf einem nahen Berge aufpflanzte, die Stadt zur Überlieferung zu zwingen. Dagegen kam ihm ſeine Ver- bindung mit dem fränkiſchen Bunde, der ſich ſeiner Kriegskräfte zu bedienen wünſchte, zu einem friedlichen Austrag zu Stat- ten. Erasmus Ebner von Nürnberg leitete eine Unterhand- lung ein, an welcher auch bald die umliegenden Städte, auch Goßlar und Hildesheim Theil nahmen. Der Herzog ſelber war milder geworden, und da auch er ſeine Wieder- herſtellung wenigſtens guten Theils proteſtantiſcher Hülfe, der des gefallenen Churfürſten und der Stadt Nürnberg verdankte, mußte er wohl von der Heftigkeit ablaſſen, mit der er ſonſt die Bekenner der neuen Lehre verfolgt hatte. Ohnehin waren die Braunſchweiger nicht gemeint ſich ſeiner Gnade zu über- laſſen. Als der Entwurf des Vertrags in einigen weſent- lichen Puncten abgeändert zu ihnen zurückkam, beſchloſſen ſie lieber mehr Volk zu werben und den Krieg aufs Äußerſte fortzuſetzen. Hierauf fühlte ſich Heinrich bewogen, den Ver- trag anzunehmen wie ſie ihn vorgeſchlagen.
So kam eine Streitſache zu Ende, welche alle nord-
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Zehntes Buch. Viertes Capitel.
die Wahlſtatt und ſchoß Victoria, daß in Braunſchweig die
Fenſter erzitterten.
Dieſes Ereigniß ward aber für Niederdeutſchland haupt-
ſächlich dadurch entſcheidend, daß Markgraf Albrecht, durch
ungünſtige Nachrichten von ſeinen Erblanden vermocht, den
Beſchluß faßte dahin zurückzukehren.
Herzog Heinrich war und blieb dort zuletzt doch Herr
und Meiſter im Felde.
Unverzüglich wandte er ſich gegen Braunſchweig; doch
hätte es ihm wohl ſchwer werden ſollen, mit ſeinem Geſchütz,
das er abermal auf einem nahen Berge aufpflanzte, die Stadt
zur Überlieferung zu zwingen. Dagegen kam ihm ſeine Ver-
bindung mit dem fränkiſchen Bunde, der ſich ſeiner Kriegskräfte
zu bedienen wünſchte, zu einem friedlichen Austrag zu Stat-
ten. Erasmus Ebner von Nürnberg leitete eine Unterhand-
lung ein, an welcher auch bald die umliegenden Städte,
auch Goßlar und Hildesheim Theil nahmen. Der Herzog
ſelber war milder geworden, und da auch er ſeine Wieder-
herſtellung wenigſtens guten Theils proteſtantiſcher Hülfe, der
des gefallenen Churfürſten und der Stadt Nürnberg verdankte,
mußte er wohl von der Heftigkeit ablaſſen, mit der er ſonſt
die Bekenner der neuen Lehre verfolgt hatte. Ohnehin waren
die Braunſchweiger nicht gemeint ſich ſeiner Gnade zu über-
laſſen. Als der Entwurf des Vertrags in einigen weſent-
lichen Puncten abgeändert zu ihnen zurückkam, beſchloſſen ſie
lieber mehr Volk zu werben und den Krieg aufs Äußerſte
fortzuſetzen. Hierauf fühlte ſich Heinrich bewogen, den Ver-
trag anzunehmen wie ſie ihn vorgeſchlagen.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/348>, abgerufen am 22.11.2024.
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