Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Zehntes Buch. Erstes Capitel. aufmerksam, daß dadurch das Recht verkürzt, der gesammteRechtszustand zweifelhaft werde. Indessen bestand Moritz so lange auf seinem Vorschlag, bis sie und der König sich ihm auf der andern Seite wieder näherten. Dabei blieb es auch jetzt, daß die Sache definitiv erst am Reichstag ab- gemacht werden möge: aber im Voraus erklärten die Für- sten, daß alsdann die Gleichheit bewilligt und die Form des Eides frei gelassen werden sollte. Nicht ganz so weit, denn nur in kleinen Schritten, sehr langsam, rücken diese Angelegen- heiten vorwärts, wollte König Ferdinand gehn. Die Gleich- heit im Voraus zu bewilligen, schien ihm ein Punct den der Kaiser nicht genehmigen würde, aber dazu gab er seine Zustimmung, daß es freistehen möge, ob man den Eid zu Gott, oder zu Gott und den Heiligen schwören solle. Man bemerkte, daß in den Rechten beide Formen gültig seyen. 1 Und war dieß nicht im Grunde eben dasselbe? Die evangelischen Assessoren waren bisher zurückgewiesen wor- den, weil sie den Eid zu den Heiligen nicht schwören woll- ten; sie mußten angenommen werden wenn man denselben nicht mehr forderte. Der Verpflichtung auf den Reichsab- schied von 1530 sollte durch eine Clausel begegnet werden, nach welcher kein früherer Schluß dem neuen Friedstand ab- brechen, derogiren solle. Dergestalt vereinigte man sich in einer aus beiden Re- 1 "Dieweilen ohne das bede Formen in Rechten befunden."
Auf des Churfürsten von Sachsen Replik Bedenken der Churfürsten Fürsten etc. Zehntes Buch. Erſtes Capitel. aufmerkſam, daß dadurch das Recht verkürzt, der geſammteRechtszuſtand zweifelhaft werde. Indeſſen beſtand Moritz ſo lange auf ſeinem Vorſchlag, bis ſie und der König ſich ihm auf der andern Seite wieder näherten. Dabei blieb es auch jetzt, daß die Sache definitiv erſt am Reichstag ab- gemacht werden möge: aber im Voraus erklärten die Für- ſten, daß alsdann die Gleichheit bewilligt und die Form des Eides frei gelaſſen werden ſollte. Nicht ganz ſo weit, denn nur in kleinen Schritten, ſehr langſam, rücken dieſe Angelegen- heiten vorwärts, wollte König Ferdinand gehn. Die Gleich- heit im Voraus zu bewilligen, ſchien ihm ein Punct den der Kaiſer nicht genehmigen würde, aber dazu gab er ſeine Zuſtimmung, daß es freiſtehen möge, ob man den Eid zu Gott, oder zu Gott und den Heiligen ſchwören ſolle. Man bemerkte, daß in den Rechten beide Formen gültig ſeyen. 1 Und war dieß nicht im Grunde eben daſſelbe? Die evangeliſchen Aſſeſſoren waren bisher zurückgewieſen wor- den, weil ſie den Eid zu den Heiligen nicht ſchwören woll- ten; ſie mußten angenommen werden wenn man denſelben nicht mehr forderte. Der Verpflichtung auf den Reichsab- ſchied von 1530 ſollte durch eine Clauſel begegnet werden, nach welcher kein früherer Schluß dem neuen Friedſtand ab- brechen, derogiren ſolle. Dergeſtalt vereinigte man ſich in einer aus beiden Re- 1 „Dieweilen ohne das bede Formen in Rechten befunden.“
Auf des Churfuͤrſten von Sachſen Replik Bedenken der Churfuͤrſten Fuͤrſten ꝛc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0278" n="266"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> aufmerkſam, daß dadurch das Recht verkürzt, der geſammte<lb/> Rechtszuſtand zweifelhaft werde. Indeſſen beſtand Moritz<lb/> ſo lange auf ſeinem Vorſchlag, bis ſie und der König ſich<lb/> ihm auf der andern Seite wieder näherten. Dabei blieb<lb/> es auch jetzt, daß die Sache definitiv erſt am Reichstag ab-<lb/> gemacht werden möge: aber im Voraus erklärten die Für-<lb/> ſten, daß alsdann die Gleichheit bewilligt und die Form des<lb/> Eides frei gelaſſen werden ſollte. Nicht ganz ſo weit, denn<lb/> nur in kleinen Schritten, ſehr langſam, rücken dieſe Angelegen-<lb/> heiten vorwärts, wollte König Ferdinand gehn. Die Gleich-<lb/> heit im Voraus zu bewilligen, ſchien ihm ein Punct den<lb/> der Kaiſer nicht genehmigen würde, aber dazu gab er ſeine<lb/> Zuſtimmung, daß es freiſtehen möge, ob man den Eid<lb/> zu Gott, oder zu Gott und den Heiligen ſchwören ſolle.<lb/> Man bemerkte, daß in den Rechten beide Formen gültig<lb/> ſeyen. <note place="foot" n="1">„Dieweilen ohne das bede Formen in Rechten befunden.“<lb/> Auf des Churfuͤrſten von Sachſen Replik Bedenken der Churfuͤrſten<lb/> Fuͤrſten ꝛc.</note> Und war dieß nicht im Grunde eben daſſelbe?<lb/> Die evangeliſchen Aſſeſſoren waren bisher zurückgewieſen wor-<lb/> den, weil ſie den Eid zu den Heiligen nicht ſchwören woll-<lb/> ten; ſie mußten angenommen werden wenn man denſelben<lb/> nicht mehr forderte. Der Verpflichtung auf den Reichsab-<lb/> ſchied von 1530 ſollte durch eine Clauſel begegnet werden,<lb/> nach welcher kein früherer Schluß dem neuen Friedſtand ab-<lb/> brechen, derogiren ſolle.</p><lb/> <p>Dergeſtalt vereinigte man ſich in einer aus beiden Re-<lb/> ligionsparteien gemiſchten Verſammlung über die wichtigſten<lb/> Verhältniſſe die in Zukunft zwiſchen beiden obwalten ſollten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0278]
Zehntes Buch. Erſtes Capitel.
aufmerkſam, daß dadurch das Recht verkürzt, der geſammte
Rechtszuſtand zweifelhaft werde. Indeſſen beſtand Moritz
ſo lange auf ſeinem Vorſchlag, bis ſie und der König ſich
ihm auf der andern Seite wieder näherten. Dabei blieb
es auch jetzt, daß die Sache definitiv erſt am Reichstag ab-
gemacht werden möge: aber im Voraus erklärten die Für-
ſten, daß alsdann die Gleichheit bewilligt und die Form des
Eides frei gelaſſen werden ſollte. Nicht ganz ſo weit, denn
nur in kleinen Schritten, ſehr langſam, rücken dieſe Angelegen-
heiten vorwärts, wollte König Ferdinand gehn. Die Gleich-
heit im Voraus zu bewilligen, ſchien ihm ein Punct den
der Kaiſer nicht genehmigen würde, aber dazu gab er ſeine
Zuſtimmung, daß es freiſtehen möge, ob man den Eid
zu Gott, oder zu Gott und den Heiligen ſchwören ſolle.
Man bemerkte, daß in den Rechten beide Formen gültig
ſeyen. 1 Und war dieß nicht im Grunde eben daſſelbe?
Die evangeliſchen Aſſeſſoren waren bisher zurückgewieſen wor-
den, weil ſie den Eid zu den Heiligen nicht ſchwören woll-
ten; ſie mußten angenommen werden wenn man denſelben
nicht mehr forderte. Der Verpflichtung auf den Reichsab-
ſchied von 1530 ſollte durch eine Clauſel begegnet werden,
nach welcher kein früherer Schluß dem neuen Friedſtand ab-
brechen, derogiren ſolle.
Dergeſtalt vereinigte man ſich in einer aus beiden Re-
ligionsparteien gemiſchten Verſammlung über die wichtigſten
Verhältniſſe die in Zukunft zwiſchen beiden obwalten ſollten.
1 „Dieweilen ohne das bede Formen in Rechten befunden.“
Auf des Churfuͤrſten von Sachſen Replik Bedenken der Churfuͤrſten
Fuͤrſten ꝛc.
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