Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
nicht ohne den französischen Gesandten, vor Frankfurt, in
der Hofnung diese mächtige Reichsstadt gleichsam durch eine
Überraschung ihrer protestantischen Sympathien mit sich fort-
zureißen: da es vergeblich war, nahm er seinen Weg die
große Straße nach Fulda hin, und überstieg den Rhön, um
sich hier mit dem Churfürsten zu verbinden.

Auch dessen Truppen hatten indeß einen Versuch auf
Erfurt gemacht, der aber ebenfalls mißlang; 1 den Nachwin-
ter hatten sie in Mühlhausen und Nordhausen gehalten, je-
doch mit nichten, wie Spangenberg sich ausdrückt, zu From-
men und Freuden der Bürger: immer noch neue Lands-
knechtschaaren waren ihnen zugelaufen; jetzt endlich that sich
ihnen der wahre Kriegsherr öffentlich kund: Churfürst Mo-
ritz erschien bei ihnen in den Erfurter Gerichten, und führte
sie über den Thüringerwald nach Franken.

Hier hatte Markgraf Albrecht einen dritten Haufen ver-
sammelt.

Die drei Haufen vereinigten sich bei Rothenburg an
der Tauber, und schlugen nun, ohne einen Augenblick zu ver-
ziehen, die Straße nach Augsburg ein.

Eben in der Eroberung dieser Stadt, wo der Kaiser
so oft Reichstag gehalten, überhaupt seine Macht am stärk-
sten entwickelt hatte, die in mancher Beziehung als der Mit-
telpunct des Reiches erschien, sahen die Fürsten den großen
Schlag welcher die Reputation des Kaisers vernichten sollte.

1 Arnold Vita Mauritii, 1234. Militum proterviam Mauri-
tius molestam sibi esse fingebat -- sed si oppido potiti fuissent
milites, dubio procul neque Caesari neque cuiquam alteri illud
restituisset.

Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
nicht ohne den franzöſiſchen Geſandten, vor Frankfurt, in
der Hofnung dieſe mächtige Reichsſtadt gleichſam durch eine
Überraſchung ihrer proteſtantiſchen Sympathien mit ſich fort-
zureißen: da es vergeblich war, nahm er ſeinen Weg die
große Straße nach Fulda hin, und überſtieg den Rhön, um
ſich hier mit dem Churfürſten zu verbinden.

Auch deſſen Truppen hatten indeß einen Verſuch auf
Erfurt gemacht, der aber ebenfalls mißlang; 1 den Nachwin-
ter hatten ſie in Mühlhauſen und Nordhauſen gehalten, je-
doch mit nichten, wie Spangenberg ſich ausdrückt, zu From-
men und Freuden der Bürger: immer noch neue Lands-
knechtſchaaren waren ihnen zugelaufen; jetzt endlich that ſich
ihnen der wahre Kriegsherr öffentlich kund: Churfürſt Mo-
ritz erſchien bei ihnen in den Erfurter Gerichten, und führte
ſie über den Thüringerwald nach Franken.

Hier hatte Markgraf Albrecht einen dritten Haufen ver-
ſammelt.

Die drei Haufen vereinigten ſich bei Rothenburg an
der Tauber, und ſchlugen nun, ohne einen Augenblick zu ver-
ziehen, die Straße nach Augsburg ein.

Eben in der Eroberung dieſer Stadt, wo der Kaiſer
ſo oft Reichstag gehalten, überhaupt ſeine Macht am ſtärk-
ſten entwickelt hatte, die in mancher Beziehung als der Mit-
telpunct des Reiches erſchien, ſahen die Fürſten den großen
Schlag welcher die Reputation des Kaiſers vernichten ſollte.

1 Arnold Vita Mauritii, 1234. Militum proterviam Mauri-
tius molestam sibi esse fingebat — sed si oppido potiti fuissent
milites, dubio procul neque Caesari neque cuiquam alteri illud
restituisset.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0244" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
nicht ohne den franzö&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;andten, vor Frankfurt, in<lb/>
der Hofnung die&#x017F;e mächtige Reichs&#x017F;tadt gleich&#x017F;am durch eine<lb/>
Überra&#x017F;chung ihrer prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Sympathien mit &#x017F;ich fort-<lb/>
zureißen: da es vergeblich war, nahm er &#x017F;einen Weg die<lb/>
große Straße nach Fulda hin, und über&#x017F;tieg den Rhön, um<lb/>
&#x017F;ich hier mit dem Churfür&#x017F;ten zu verbinden.</p><lb/>
          <p>Auch de&#x017F;&#x017F;en Truppen hatten indeß einen Ver&#x017F;uch auf<lb/>
Erfurt gemacht, der aber ebenfalls mißlang; <note place="foot" n="1">Arnold <hi rendition="#aq">Vita Mauritii, 1234. Militum proterviam Mauri-<lb/>
tius molestam sibi esse fingebat &#x2014; sed si oppido potiti fuissent<lb/>
milites, dubio procul neque Caesari neque cuiquam alteri illud<lb/>
restituisset.</hi></note> den Nachwin-<lb/>
ter hatten &#x017F;ie in Mühlhau&#x017F;en und Nordhau&#x017F;en gehalten, je-<lb/>
doch mit nichten, wie Spangenberg &#x017F;ich ausdrückt, zu From-<lb/>
men und Freuden der Bürger: immer noch neue Lands-<lb/>
knecht&#x017F;chaaren waren ihnen zugelaufen; jetzt endlich that &#x017F;ich<lb/>
ihnen der wahre Kriegsherr öffentlich kund: Churfür&#x017F;t Mo-<lb/>
ritz er&#x017F;chien bei ihnen in den Erfurter Gerichten, und führte<lb/>
&#x017F;ie über den Thüringerwald nach Franken.</p><lb/>
          <p>Hier hatte Markgraf Albrecht einen dritten Haufen ver-<lb/>
&#x017F;ammelt.</p><lb/>
          <p>Die drei Haufen vereinigten &#x017F;ich bei Rothenburg an<lb/>
der Tauber, und &#x017F;chlugen nun, ohne einen Augenblick zu ver-<lb/>
ziehen, die Straße nach Augsburg ein.</p><lb/>
          <p>Eben in der Eroberung die&#x017F;er Stadt, wo der Kai&#x017F;er<lb/>
&#x017F;o oft Reichstag gehalten, überhaupt &#x017F;eine Macht am &#x017F;tärk-<lb/>
&#x017F;ten entwickelt hatte, die in mancher Beziehung als der Mit-<lb/>
telpunct des Reiches er&#x017F;chien, &#x017F;ahen die Für&#x017F;ten den großen<lb/>
Schlag welcher die Reputation des Kai&#x017F;ers vernichten &#x017F;ollte.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0244] Neuntes Buch. Sechstes Capitel. nicht ohne den franzöſiſchen Geſandten, vor Frankfurt, in der Hofnung dieſe mächtige Reichsſtadt gleichſam durch eine Überraſchung ihrer proteſtantiſchen Sympathien mit ſich fort- zureißen: da es vergeblich war, nahm er ſeinen Weg die große Straße nach Fulda hin, und überſtieg den Rhön, um ſich hier mit dem Churfürſten zu verbinden. Auch deſſen Truppen hatten indeß einen Verſuch auf Erfurt gemacht, der aber ebenfalls mißlang; 1 den Nachwin- ter hatten ſie in Mühlhauſen und Nordhauſen gehalten, je- doch mit nichten, wie Spangenberg ſich ausdrückt, zu From- men und Freuden der Bürger: immer noch neue Lands- knechtſchaaren waren ihnen zugelaufen; jetzt endlich that ſich ihnen der wahre Kriegsherr öffentlich kund: Churfürſt Mo- ritz erſchien bei ihnen in den Erfurter Gerichten, und führte ſie über den Thüringerwald nach Franken. Hier hatte Markgraf Albrecht einen dritten Haufen ver- ſammelt. Die drei Haufen vereinigten ſich bei Rothenburg an der Tauber, und ſchlugen nun, ohne einen Augenblick zu ver- ziehen, die Straße nach Augsburg ein. Eben in der Eroberung dieſer Stadt, wo der Kaiſer ſo oft Reichstag gehalten, überhaupt ſeine Macht am ſtärk- ſten entwickelt hatte, die in mancher Beziehung als der Mit- telpunct des Reiches erſchien, ſahen die Fürſten den großen Schlag welcher die Reputation des Kaiſers vernichten ſollte. 1 Arnold Vita Mauritii, 1234. Militum proterviam Mauri- tius molestam sibi esse fingebat — sed si oppido potiti fuissent milites, dubio procul neque Caesari neque cuiquam alteri illud restituisset.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/244
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/244>, abgerufen am 25.11.2024.