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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Stellung und Politik Carls V.
seines vertrautesten Rathes Granvella übergehn; der ihm
aufgelegten Capitulation zum Trotz hielt er fremde Truppen
im Reiche.

Für die innere Verwaltung des Reichs war ihm der
religiöse Zwiespalt, der sie übrigens so schwierig machte, doch
in einer andern Beziehung wieder vortheilhaft. Wir wis-
sen, wie die Protestanten durch die Zugeständnisse die ihnen
geschahen, gewonnen wurden und dabei doch auch die Ka-
tholischen, besonders die Bischöfe, den vornehmsten Rückhalt
der ihr Bestehen sicherte, in der kaiserlichen Macht erblickten.
Schon bisher kam es denn doch zu allgemeinen Bewilligun-
gen, gemeinschaftlichen Kriegszügen, wiewohl in der Regel erst
nach zweifelhaften Unterhandlungen und neuen Concessionen.
Nunmehr aber war es ihm gelungen, auch dieser Nothwen-
digkeit widersprechender Rücksichten zu entkommen; in Folge
des Krieges beherrschte er die Berathungen der Reichsver-
sammlung zu Augsburg, wenn nicht vollständig, doch in
ihren wichtigsten Momenten: der deutsche Reichstag fieng
an, seinem Einfluß zu unterliegen, so gut wie andre Stände-
versammlungen seiner Lande. Auch die Autonomie der Städte
hat er, obwohl er sich zuweilen als Städtefreund bezeichnete,
in Deutschland so wenig begünstigt wie in seinen erblichen
Gebieten. Den Antheil an der Reichsregierung, den sie un-
ter seinen letzten Vorfahren wenn nicht ganz rechtsbestän-
dig, doch thatsächlich gewonnen, haben sie unter ihm, eben
auch großentheils in Folge des Krieges, welcher eine Art
von Städtekrieg und zwar der unglücklichste von allen ge-
wesen ist, wieder verloren. Genug, zu der Macht welche
die Regierung der übrigen dem burgundisch-östreichischen Hause

Stellung und Politik Carls V.
ſeines vertrauteſten Rathes Granvella übergehn; der ihm
aufgelegten Capitulation zum Trotz hielt er fremde Truppen
im Reiche.

Für die innere Verwaltung des Reichs war ihm der
religiöſe Zwieſpalt, der ſie übrigens ſo ſchwierig machte, doch
in einer andern Beziehung wieder vortheilhaft. Wir wiſ-
ſen, wie die Proteſtanten durch die Zugeſtändniſſe die ihnen
geſchahen, gewonnen wurden und dabei doch auch die Ka-
tholiſchen, beſonders die Biſchöfe, den vornehmſten Rückhalt
der ihr Beſtehen ſicherte, in der kaiſerlichen Macht erblickten.
Schon bisher kam es denn doch zu allgemeinen Bewilligun-
gen, gemeinſchaftlichen Kriegszügen, wiewohl in der Regel erſt
nach zweifelhaften Unterhandlungen und neuen Conceſſionen.
Nunmehr aber war es ihm gelungen, auch dieſer Nothwen-
digkeit widerſprechender Rückſichten zu entkommen; in Folge
des Krieges beherrſchte er die Berathungen der Reichsver-
ſammlung zu Augsburg, wenn nicht vollſtändig, doch in
ihren wichtigſten Momenten: der deutſche Reichstag fieng
an, ſeinem Einfluß zu unterliegen, ſo gut wie andre Stände-
verſammlungen ſeiner Lande. Auch die Autonomie der Städte
hat er, obwohl er ſich zuweilen als Städtefreund bezeichnete,
in Deutſchland ſo wenig begünſtigt wie in ſeinen erblichen
Gebieten. Den Antheil an der Reichsregierung, den ſie un-
ter ſeinen letzten Vorfahren wenn nicht ganz rechtsbeſtän-
dig, doch thatſächlich gewonnen, haben ſie unter ihm, eben
auch großentheils in Folge des Krieges, welcher eine Art
von Städtekrieg und zwar der unglücklichſte von allen ge-
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[95/0107] Stellung und Politik Carls V. ſeines vertrauteſten Rathes Granvella übergehn; der ihm aufgelegten Capitulation zum Trotz hielt er fremde Truppen im Reiche. Für die innere Verwaltung des Reichs war ihm der religiöſe Zwieſpalt, der ſie übrigens ſo ſchwierig machte, doch in einer andern Beziehung wieder vortheilhaft. Wir wiſ- ſen, wie die Proteſtanten durch die Zugeſtändniſſe die ihnen geſchahen, gewonnen wurden und dabei doch auch die Ka- tholiſchen, beſonders die Biſchöfe, den vornehmſten Rückhalt der ihr Beſtehen ſicherte, in der kaiſerlichen Macht erblickten. Schon bisher kam es denn doch zu allgemeinen Bewilligun- gen, gemeinſchaftlichen Kriegszügen, wiewohl in der Regel erſt nach zweifelhaften Unterhandlungen und neuen Conceſſionen. Nunmehr aber war es ihm gelungen, auch dieſer Nothwen- digkeit widerſprechender Rückſichten zu entkommen; in Folge des Krieges beherrſchte er die Berathungen der Reichsver- ſammlung zu Augsburg, wenn nicht vollſtändig, doch in ihren wichtigſten Momenten: der deutſche Reichstag fieng an, ſeinem Einfluß zu unterliegen, ſo gut wie andre Stände- verſammlungen ſeiner Lande. Auch die Autonomie der Städte hat er, obwohl er ſich zuweilen als Städtefreund bezeichnete, in Deutſchland ſo wenig begünſtigt wie in ſeinen erblichen Gebieten. Den Antheil an der Reichsregierung, den ſie un- ter ſeinen letzten Vorfahren wenn nicht ganz rechtsbeſtän- dig, doch thatſächlich gewonnen, haben ſie unter ihm, eben auch großentheils in Folge des Krieges, welcher eine Art von Städtekrieg und zwar der unglücklichſte von allen ge- weſen iſt, wieder verloren. Genug, zu der Macht welche die Regierung der übrigen dem burgundiſch-öſtreichiſchen Hauſe

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/107>, abgerufen am 24.11.2024.