Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Achtes Buch. Zweites Capitel. weit davon entfernt, den Umfang der gegen sie vereinigtenFeindseligkeiten zu kennen; die Kriegsräthe fürchteten durch Rücksichtslosigkeit zu bewirken was doch schon geschehen war, und wiesen Schärtlin an, um Gottes Willen das baierische Gebiet nicht zu betreten. In guter Ruhe konnten nun die beiden Kriegshaufen ihre Ordnungen vollenden und den Weg nach dem kaiserlichen Hauptquartier einschlagen. Auf dieser Seite zu seinem Verdruß zurückgehalten, faßte Er hatte Füßen besetzt, wo man ihm Huldigung gelei- Triumphirend berichtete Schärtlin den Ständen, daß er Sein Gedanke war nun, durch Tyrol, wo er wenig Achtes Buch. Zweites Capitel. weit davon entfernt, den Umfang der gegen ſie vereinigtenFeindſeligkeiten zu kennen; die Kriegsräthe fürchteten durch Rückſichtsloſigkeit zu bewirken was doch ſchon geſchehen war, und wieſen Schärtlin an, um Gottes Willen das baieriſche Gebiet nicht zu betreten. In guter Ruhe konnten nun die beiden Kriegshaufen ihre Ordnungen vollenden und den Weg nach dem kaiſerlichen Hauptquartier einſchlagen. Auf dieſer Seite zu ſeinem Verdruß zurückgehalten, faßte Er hatte Füßen beſetzt, wo man ihm Huldigung gelei- Triumphirend berichtete Schärtlin den Ständen, daß er Sein Gedanke war nun, durch Tyrol, wo er wenig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0432" n="420"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> weit davon entfernt, den Umfang der gegen ſie vereinigten<lb/> Feindſeligkeiten zu kennen; die Kriegsräthe fürchteten durch<lb/> Rückſichtsloſigkeit zu bewirken was doch ſchon geſchehen war,<lb/> und wieſen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schärtlin</persName> an, um Gottes Willen das baieriſche<lb/> Gebiet nicht zu betreten. In guter Ruhe konnten nun die<lb/> beiden Kriegshaufen ihre Ordnungen vollenden und den Weg<lb/> nach dem kaiſerlichen Hauptquartier einſchlagen.</p><lb/> <p>Auf dieſer Seite zu ſeinem Verdruß zurückgehalten, faßte<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schärtlin</persName> nach einer andern hin einen nicht minder weitaus-<lb/> ſehenden Plan.</p><lb/> <p>Er hatte Füßen beſetzt, wo man ihm Huldigung gelei-<lb/> ſtet haben würde, <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schaͤrtlin</persName>: „alle Unterthanen liefen mir nach, wollten gern<lb/> Huldigung thun.“</note> wenn er nur beauftragt geweſen wäre<lb/> ſie anzunehmen; noch in derſelben Nacht ließ er durch ſei-<lb/> nen Locotenenten <persName ref="nognd">Schankwitz</persName> einen Verſuch auf die nicht weit<lb/> entfernte Clauſe machen, der auf das beſte gelang. <persName ref="nognd">Schank-<lb/> witz</persName> griff eben noch zur rechten Stunde an, als anderthalb-<lb/> hundert Schützen zwar zur Vertheidigung bereits eingerückt<lb/> waren, aber ermüdet im erſten Schlafe lagen: durch den<lb/> plötzlichen Lärm aufgeſchreckt wußten ſie kaum ihre Waffen<lb/> zu finden, und wurden ohne viel Anſtrengung beſiegt.</p><lb/> <p>Triumphirend berichtete <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schärtlin</persName> den Ständen, daß er<lb/> dieſen wichtigen Platz zu ihren Handen gebracht, daß ihm<lb/> der erſte Schlag gelungen ſey.</p><lb/> <p>Sein Gedanke war nun, durch <placeName>Tyrol</placeName>, wo er wenig<lb/> Widerſtand zu erwarten hatte, — eine Aufforderung der Re-<lb/> gierung dazu war ſo gut wie ohne Erfolg geblieben: aus<lb/> 40 Gerichten ſollen ſich nur 18 Mann gemeldet haben, <note xml:id="fn25i" n="2" place="foot" next="#fn25f"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/123943817">Avila</persName> behauptet, <persName ref="nognd">Caſtelalt</persName> habe <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schaͤrtlin</persName> zum Ruͤckzug ge-</note> —<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [420/0432]
Achtes Buch. Zweites Capitel.
weit davon entfernt, den Umfang der gegen ſie vereinigten
Feindſeligkeiten zu kennen; die Kriegsräthe fürchteten durch
Rückſichtsloſigkeit zu bewirken was doch ſchon geſchehen war,
und wieſen Schärtlin an, um Gottes Willen das baieriſche
Gebiet nicht zu betreten. In guter Ruhe konnten nun die
beiden Kriegshaufen ihre Ordnungen vollenden und den Weg
nach dem kaiſerlichen Hauptquartier einſchlagen.
Auf dieſer Seite zu ſeinem Verdruß zurückgehalten, faßte
Schärtlin nach einer andern hin einen nicht minder weitaus-
ſehenden Plan.
Er hatte Füßen beſetzt, wo man ihm Huldigung gelei-
ſtet haben würde, 1 wenn er nur beauftragt geweſen wäre
ſie anzunehmen; noch in derſelben Nacht ließ er durch ſei-
nen Locotenenten Schankwitz einen Verſuch auf die nicht weit
entfernte Clauſe machen, der auf das beſte gelang. Schank-
witz griff eben noch zur rechten Stunde an, als anderthalb-
hundert Schützen zwar zur Vertheidigung bereits eingerückt
waren, aber ermüdet im erſten Schlafe lagen: durch den
plötzlichen Lärm aufgeſchreckt wußten ſie kaum ihre Waffen
zu finden, und wurden ohne viel Anſtrengung beſiegt.
Triumphirend berichtete Schärtlin den Ständen, daß er
dieſen wichtigen Platz zu ihren Handen gebracht, daß ihm
der erſte Schlag gelungen ſey.
Sein Gedanke war nun, durch Tyrol, wo er wenig
Widerſtand zu erwarten hatte, — eine Aufforderung der Re-
gierung dazu war ſo gut wie ohne Erfolg geblieben: aus
40 Gerichten ſollen ſich nur 18 Mann gemeldet haben, 2 —
1 Schaͤrtlin: „alle Unterthanen liefen mir nach, wollten gern
Huldigung thun.“
2 Avila behauptet, Caſtelalt habe Schaͤrtlin zum Ruͤckzug ge-
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