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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichstag zu Speier 1544.
Kaiser verweist darin die Vergleichung des Zwiespaltes auf
ein "gemeines freies christliches Concilium." Ob er dabei
nicht einige für den Augenblick verhaltene Gedanken hegte,
ist eine andre Frage, aber so viel wenigstens leuchtet ein,
daß dieß die Ausdrücke sind, in denen die Protestanten im-
mer ein Concil gefordert hatten. Und noch mehr. Sollte
ein solches Concilium nicht demnächst zu Stande kommen,
so erklärt sich der Kaiser "zu deutscher Nation Wohlfahrt"
entschlossen, für nächsten Herbst oder Winter einen Reichs-
tag vornehmlich in Sachen der Religion zu berufen und ihn
selbst zu besuchen. Da sollen die Stände mit den Refor-
mationsentwürfen, die sie indeß verfassen lassen, erscheinen:
gleichwie auch er thun will; nach ihrer Maaßgabe werde
man über eine freundliche Vergleichung der Religion ver-
handeln, und zunächst wenigstens bestimmen, wie es in den
streitigen Artikeln bis zu wirklicher Vollziehung eines Conci-
liums gehalten werden solle.

So kam man doch wieder bei jenem Gedanken a[ - 3 Zeichen fehlen]er
immer die Summe der nationalen Entwürfe in sich enthielt,
die Streitigkeiten unter sich selber auszutragen. Mit einer
gewissen Nothwendigkeit tritt er ein, so oft sich ein Miß-
verständniß zwischen Papst und Kaiser hervorthut. Die Pro-
testanten hätten nichts besseres gewünscht, als unter dem Vor-
tritt des Kaisers durch allgemeine Vereinbarung das Joch
des Papstes abzuschütteln und sich in nationalen Kriegszü-
gen zu versuchen.

Zwischen den Oberhäuptern der Protestanten und dem
kaiserlichen Hause hatte noch niemals ein so gutes Verhält-
niß obgewaltet. Die alten Zwistigkeiten zwischen dem kai-

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Reichstag zu Speier 1544.
Kaiſer verweiſt darin die Vergleichung des Zwieſpaltes auf
ein „gemeines freies chriſtliches Concilium.“ Ob er dabei
nicht einige für den Augenblick verhaltene Gedanken hegte,
iſt eine andre Frage, aber ſo viel wenigſtens leuchtet ein,
daß dieß die Ausdrücke ſind, in denen die Proteſtanten im-
mer ein Concil gefordert hatten. Und noch mehr. Sollte
ein ſolches Concilium nicht demnächſt zu Stande kommen,
ſo erklärt ſich der Kaiſer „zu deutſcher Nation Wohlfahrt“
entſchloſſen, für nächſten Herbſt oder Winter einen Reichs-
tag vornehmlich in Sachen der Religion zu berufen und ihn
ſelbſt zu beſuchen. Da ſollen die Stände mit den Refor-
mationsentwürfen, die ſie indeß verfaſſen laſſen, erſcheinen:
gleichwie auch er thun will; nach ihrer Maaßgabe werde
man über eine freundliche Vergleichung der Religion ver-
handeln, und zunächſt wenigſtens beſtimmen, wie es in den
ſtreitigen Artikeln bis zu wirklicher Vollziehung eines Conci-
liums gehalten werden ſolle.

So kam man doch wieder bei jenem Gedanken a[ – 3 Zeichen fehlen]er
immer die Summe der nationalen Entwürfe in ſich enthielt,
die Streitigkeiten unter ſich ſelber auszutragen. Mit einer
gewiſſen Nothwendigkeit tritt er ein, ſo oft ſich ein Miß-
verſtändniß zwiſchen Papſt und Kaiſer hervorthut. Die Pro-
teſtanten hätten nichts beſſeres gewünſcht, als unter dem Vor-
tritt des Kaiſers durch allgemeine Vereinbarung das Joch
des Papſtes abzuſchütteln und ſich in nationalen Kriegszü-
gen zu verſuchen.

Zwiſchen den Oberhäuptern der Proteſtanten und dem
kaiſerlichen Hauſe hatte noch niemals ein ſo gutes Verhält-
niß obgewaltet. Die alten Zwiſtigkeiten zwiſchen dem kai-

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[307/0319] Reichstag zu Speier 1544. Kaiſer verweiſt darin die Vergleichung des Zwieſpaltes auf ein „gemeines freies chriſtliches Concilium.“ Ob er dabei nicht einige für den Augenblick verhaltene Gedanken hegte, iſt eine andre Frage, aber ſo viel wenigſtens leuchtet ein, daß dieß die Ausdrücke ſind, in denen die Proteſtanten im- mer ein Concil gefordert hatten. Und noch mehr. Sollte ein ſolches Concilium nicht demnächſt zu Stande kommen, ſo erklärt ſich der Kaiſer „zu deutſcher Nation Wohlfahrt“ entſchloſſen, für nächſten Herbſt oder Winter einen Reichs- tag vornehmlich in Sachen der Religion zu berufen und ihn ſelbſt zu beſuchen. Da ſollen die Stände mit den Refor- mationsentwürfen, die ſie indeß verfaſſen laſſen, erſcheinen: gleichwie auch er thun will; nach ihrer Maaßgabe werde man über eine freundliche Vergleichung der Religion ver- handeln, und zunächſt wenigſtens beſtimmen, wie es in den ſtreitigen Artikeln bis zu wirklicher Vollziehung eines Conci- liums gehalten werden ſolle. So kam man doch wieder bei jenem Gedanken a___er immer die Summe der nationalen Entwürfe in ſich enthielt, die Streitigkeiten unter ſich ſelber auszutragen. Mit einer gewiſſen Nothwendigkeit tritt er ein, ſo oft ſich ein Miß- verſtändniß zwiſchen Papſt und Kaiſer hervorthut. Die Pro- teſtanten hätten nichts beſſeres gewünſcht, als unter dem Vor- tritt des Kaiſers durch allgemeine Vereinbarung das Joch des Papſtes abzuſchütteln und ſich in nationalen Kriegszü- gen zu verſuchen. Zwiſchen den Oberhäuptern der Proteſtanten und dem kaiſerlichen Hauſe hatte noch niemals ein ſo gutes Verhält- niß obgewaltet. Die alten Zwiſtigkeiten zwiſchen dem kai- 20*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/319>, abgerufen am 22.11.2024.