Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Buch. Achtes Capitel.
serlichen Hause und Sachsen über das Kloster Dobrilug,
die Königswahl, die clevisch-jülichschen Heirathspacten wur-
den vollkommen beigelegt; daß die letztern, natürlich ohne
Beziehung auf Geldern, anerkannt wurden, führte bei der An-
näherung zwischen dem Kaiser und dem Herzog von Cleve,
welche auf den Krieg gefolgt, zu dem Gedanken, auch Sach-
sen
wieder mit dem Haus Östreich in eine Familienverbin-
dung zu bringen. Es war von einer Vermählung zwischen
einem Sohne Johann Friedrichs und einer Tochter König
Ferdinands die Rede, jedoch nur unter der Bedingung daß
vorher die Vergleichung der Religion zu Stande gebracht
worden sey. Bemerken wir den Zusatz: "durch die Reichs-
stände, mit Wissen und Willen des Kaisers:" bei jeder Ge-
legenheit wiederholt man die Modalitäten, unter denen man
es zu einer Vergleichung will kommen lassen. Johann Fried-
rich
war voller Genugthuung; man sah ihn sein Erzamt
mit aller Zufriedenheit und Hingebung ausüben; prächtig
h[ - 4 Zeichen fehlen]er Hof.

Noch eine glänzendere Stellung aber hatte dieß Mal
der Landgraf. In der Berathung über die Türkenhülfe hatte
er ein Feuer, eine Beredtsamkeit entwickelt, zu der ihn sonst
nur die Angelegenheiten seines Glaubens, seiner Partei ent-
flammten. Der Bischof von Augsburg sagte, er scheine vom
heiligen Geist inspirirt zu seyn. Seine Glaubensgenossen da-
gegen priesen ihn, daß er ungehindert durch die Nähe des
Kaisers in der Kirche des Franciscanerklosters die evangelische
Predigt erschallen ließ, an der immer mehrere Tausende Theil
nahmen. Er hielt den glänzendsten gastfreiesten Hof: wenn
er zu Tafel gieng, bliesen die Trompeten, damit Reich und

Siebentes Buch. Achtes Capitel.
ſerlichen Hauſe und Sachſen über das Kloſter Dobrilug,
die Königswahl, die cleviſch-jülichſchen Heirathspacten wur-
den vollkommen beigelegt; daß die letztern, natürlich ohne
Beziehung auf Geldern, anerkannt wurden, führte bei der An-
näherung zwiſchen dem Kaiſer und dem Herzog von Cleve,
welche auf den Krieg gefolgt, zu dem Gedanken, auch Sach-
ſen
wieder mit dem Haus Öſtreich in eine Familienverbin-
dung zu bringen. Es war von einer Vermählung zwiſchen
einem Sohne Johann Friedrichs und einer Tochter König
Ferdinands die Rede, jedoch nur unter der Bedingung daß
vorher die Vergleichung der Religion zu Stande gebracht
worden ſey. Bemerken wir den Zuſatz: „durch die Reichs-
ſtände, mit Wiſſen und Willen des Kaiſers:“ bei jeder Ge-
legenheit wiederholt man die Modalitäten, unter denen man
es zu einer Vergleichung will kommen laſſen. Johann Fried-
rich
war voller Genugthuung; man ſah ihn ſein Erzamt
mit aller Zufriedenheit und Hingebung ausüben; prächtig
h[ – 4 Zeichen fehlen]er Hof.

Noch eine glänzendere Stellung aber hatte dieß Mal
der Landgraf. In der Berathung über die Türkenhülfe hatte
er ein Feuer, eine Beredtſamkeit entwickelt, zu der ihn ſonſt
nur die Angelegenheiten ſeines Glaubens, ſeiner Partei ent-
flammten. Der Biſchof von Augsburg ſagte, er ſcheine vom
heiligen Geiſt inſpirirt zu ſeyn. Seine Glaubensgenoſſen da-
gegen prieſen ihn, daß er ungehindert durch die Nähe des
Kaiſers in der Kirche des Franciscanerkloſters die evangeliſche
Predigt erſchallen ließ, an der immer mehrere Tauſende Theil
nahmen. Er hielt den glänzendſten gaſtfreieſten Hof: wenn
er zu Tafel gieng, blieſen die Trompeten, damit Reich und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0320" n="308"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Achtes Capitel</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;erlichen Hau&#x017F;e und <placeName>Sach&#x017F;en</placeName> über das Klo&#x017F;ter <placeName>Dobrilug</placeName>,<lb/>
die Königswahl, die clevi&#x017F;ch-jülich&#x017F;chen Heirathspacten wur-<lb/>
den vollkommen beigelegt; daß die letztern, natürlich ohne<lb/>
Beziehung auf <placeName>Geldern</placeName>, anerkannt wurden, führte bei der An-<lb/>
näherung zwi&#x017F;chen dem Kai&#x017F;er und dem Herzog von <placeName>Cleve</placeName>,<lb/>
welche auf den Krieg gefolgt, zu dem Gedanken, auch <placeName>Sach-<lb/>
&#x017F;en</placeName> wieder mit dem Haus Ö&#x017F;treich in eine Familienverbin-<lb/>
dung zu bringen. Es war von einer Vermählung zwi&#x017F;chen<lb/>
einem Sohne <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrichs</persName> und einer Tochter König<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinands</persName> die Rede, jedoch nur unter der Bedingung daß<lb/>
vorher die Vergleichung der Religion zu Stande gebracht<lb/>
worden &#x017F;ey. Bemerken wir den Zu&#x017F;atz: &#x201E;durch die Reichs-<lb/>
&#x017F;tände, mit Wi&#x017F;&#x017F;en und Willen des Kai&#x017F;ers:&#x201C; bei jeder Ge-<lb/>
legenheit wiederholt man die Modalitäten, unter denen man<lb/>
es zu einer Vergleichung will kommen la&#x017F;&#x017F;en. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Fried-<lb/>
rich</persName> war voller Genugthuung; man &#x017F;ah ihn &#x017F;ein Erzamt<lb/>
mit aller Zufriedenheit und Hingebung ausüben; prächtig<lb/>
h<gap unit="chars" quantity="4"/>er Hof.</p><lb/>
          <p>Noch eine glänzendere Stellung aber hatte dieß Mal<lb/>
der Landgraf. In der Berathung über die Türkenhülfe hatte<lb/>
er ein Feuer, eine Beredt&#x017F;amkeit entwickelt, zu der ihn &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nur die Angelegenheiten &#x017F;eines Glaubens, &#x017F;einer Partei ent-<lb/>
flammten. Der Bi&#x017F;chof von <placeName>Augsburg</placeName> &#x017F;agte, er &#x017F;cheine vom<lb/>
heiligen Gei&#x017F;t in&#x017F;pirirt zu &#x017F;eyn. Seine Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en da-<lb/>
gegen prie&#x017F;en ihn, daß er ungehindert durch die Nähe des<lb/>
Kai&#x017F;ers in der Kirche des Franciscanerklo&#x017F;ters die evangeli&#x017F;che<lb/>
Predigt er&#x017F;challen ließ, an der immer mehrere Tau&#x017F;ende Theil<lb/>
nahmen. Er hielt den glänzend&#x017F;ten ga&#x017F;tfreie&#x017F;ten Hof: wenn<lb/>
er zu Tafel gieng, blie&#x017F;en die Trompeten, damit Reich und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0320] Siebentes Buch. Achtes Capitel. ſerlichen Hauſe und Sachſen über das Kloſter Dobrilug, die Königswahl, die cleviſch-jülichſchen Heirathspacten wur- den vollkommen beigelegt; daß die letztern, natürlich ohne Beziehung auf Geldern, anerkannt wurden, führte bei der An- näherung zwiſchen dem Kaiſer und dem Herzog von Cleve, welche auf den Krieg gefolgt, zu dem Gedanken, auch Sach- ſen wieder mit dem Haus Öſtreich in eine Familienverbin- dung zu bringen. Es war von einer Vermählung zwiſchen einem Sohne Johann Friedrichs und einer Tochter König Ferdinands die Rede, jedoch nur unter der Bedingung daß vorher die Vergleichung der Religion zu Stande gebracht worden ſey. Bemerken wir den Zuſatz: „durch die Reichs- ſtände, mit Wiſſen und Willen des Kaiſers:“ bei jeder Ge- legenheit wiederholt man die Modalitäten, unter denen man es zu einer Vergleichung will kommen laſſen. Johann Fried- rich war voller Genugthuung; man ſah ihn ſein Erzamt mit aller Zufriedenheit und Hingebung ausüben; prächtig h____er Hof. Noch eine glänzendere Stellung aber hatte dieß Mal der Landgraf. In der Berathung über die Türkenhülfe hatte er ein Feuer, eine Beredtſamkeit entwickelt, zu der ihn ſonſt nur die Angelegenheiten ſeines Glaubens, ſeiner Partei ent- flammten. Der Biſchof von Augsburg ſagte, er ſcheine vom heiligen Geiſt inſpirirt zu ſeyn. Seine Glaubensgenoſſen da- gegen prieſen ihn, daß er ungehindert durch die Nähe des Kaiſers in der Kirche des Franciscanerkloſters die evangeliſche Predigt erſchallen ließ, an der immer mehrere Tauſende Theil nahmen. Er hielt den glänzendſten gaſtfreieſten Hof: wenn er zu Tafel gieng, blieſen die Trompeten, damit Reich und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/320
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/320>, abgerufen am 21.05.2024.