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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichstag zu Speier 1544.
behalt, daß man darüber nicht abschließe ohne auch die übri-
gen Artikel erledigt zu haben.

Hiebei aber gegen Frankreich anzugehn, dazu bewog sie
nicht sowohl Nationalhaß, zu dem sie keinen Grund noch An-
laß hatten, als der Widerwille welchen die Verbindung dieser
Macht mit den Osmanen, ihr gemeinschaftliches Unternehmen
auf Nizza hervorgerufen. Mit ihrem Widerstand gegen den
Papst meinten die Protestanten nicht etwa sich von der Ein-
heit der Christenheit abzusondern; vielmehr hielten sie an die-
sem Gedanken, in dem Gegensatz wider die Osmanen, mit
allem Eifer fest. Hatten die Franzosen zuweilen die religiöse
Meinung als Abfall bezeichnet, so gaben die Deutschen ihrem
politischen Betragen diese Anklage zurück. In allen Brief-
wechseln dieser Zeit findet man Ausrufungen gegen den aller-
christlichsten König der türkisch geworden: man behauptete
wohl, er habe mit Erlaubniß des Papstes bei Marseille eine
Moschee gebaut. Joachim II beantwortete die Anträge des
päpstlichen Nepoten, die auch an ihn gelangt, damit, daß
er den Papst aufforderte, vor allem den König von Frank-
reich
zu züchtigen, ihm den Titel des Allerchristlichsten zu ent-
reißen, und sich mit Kaiser und Reich gegen die Türken zu
verbünden. Die Ausdrücke der Verträge die der Kaiser mit
England und Dänemark schloß, die Entschuldigungen selbst
welche die Franzosen in Italien wie in Deutschland vortru-
gen, zeigen wie ganz allgemein diese Stimmung war. Wenn
nun der Kaiser den Ständen vorstellte, dem König zu Leibe zu
gehn, der mit den Türken im Bunde stehe, sey ohne Zwei-
fel eben so gut wie ein Kriegszug gegen diese selbst, so fand
er damit allgemeinen Beifall. Jene Vermittelungsanträge

Reichstag zu Speier 1544.
behalt, daß man darüber nicht abſchließe ohne auch die übri-
gen Artikel erledigt zu haben.

Hiebei aber gegen Frankreich anzugehn, dazu bewog ſie
nicht ſowohl Nationalhaß, zu dem ſie keinen Grund noch An-
laß hatten, als der Widerwille welchen die Verbindung dieſer
Macht mit den Osmanen, ihr gemeinſchaftliches Unternehmen
auf Nizza hervorgerufen. Mit ihrem Widerſtand gegen den
Papſt meinten die Proteſtanten nicht etwa ſich von der Ein-
heit der Chriſtenheit abzuſondern; vielmehr hielten ſie an die-
ſem Gedanken, in dem Gegenſatz wider die Osmanen, mit
allem Eifer feſt. Hatten die Franzoſen zuweilen die religiöſe
Meinung als Abfall bezeichnet, ſo gaben die Deutſchen ihrem
politiſchen Betragen dieſe Anklage zurück. In allen Brief-
wechſeln dieſer Zeit findet man Ausrufungen gegen den aller-
chriſtlichſten König der türkiſch geworden: man behauptete
wohl, er habe mit Erlaubniß des Papſtes bei Marſeille eine
Moſchee gebaut. Joachim II beantwortete die Anträge des
päpſtlichen Nepoten, die auch an ihn gelangt, damit, daß
er den Papſt aufforderte, vor allem den König von Frank-
reich
zu züchtigen, ihm den Titel des Allerchriſtlichſten zu ent-
reißen, und ſich mit Kaiſer und Reich gegen die Türken zu
verbünden. Die Ausdrücke der Verträge die der Kaiſer mit
England und Dänemark ſchloß, die Entſchuldigungen ſelbſt
welche die Franzoſen in Italien wie in Deutſchland vortru-
gen, zeigen wie ganz allgemein dieſe Stimmung war. Wenn
nun der Kaiſer den Ständen vorſtellte, dem König zu Leibe zu
gehn, der mit den Türken im Bunde ſtehe, ſey ohne Zwei-
fel eben ſo gut wie ein Kriegszug gegen dieſe ſelbſt, ſo fand
er damit allgemeinen Beifall. Jene Vermittelungsanträge

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[301/0313] Reichstag zu Speier 1544. behalt, daß man darüber nicht abſchließe ohne auch die übri- gen Artikel erledigt zu haben. Hiebei aber gegen Frankreich anzugehn, dazu bewog ſie nicht ſowohl Nationalhaß, zu dem ſie keinen Grund noch An- laß hatten, als der Widerwille welchen die Verbindung dieſer Macht mit den Osmanen, ihr gemeinſchaftliches Unternehmen auf Nizza hervorgerufen. Mit ihrem Widerſtand gegen den Papſt meinten die Proteſtanten nicht etwa ſich von der Ein- heit der Chriſtenheit abzuſondern; vielmehr hielten ſie an die- ſem Gedanken, in dem Gegenſatz wider die Osmanen, mit allem Eifer feſt. Hatten die Franzoſen zuweilen die religiöſe Meinung als Abfall bezeichnet, ſo gaben die Deutſchen ihrem politiſchen Betragen dieſe Anklage zurück. In allen Brief- wechſeln dieſer Zeit findet man Ausrufungen gegen den aller- chriſtlichſten König der türkiſch geworden: man behauptete wohl, er habe mit Erlaubniß des Papſtes bei Marſeille eine Moſchee gebaut. Joachim II beantwortete die Anträge des päpſtlichen Nepoten, die auch an ihn gelangt, damit, daß er den Papſt aufforderte, vor allem den König von Frank- reich zu züchtigen, ihm den Titel des Allerchriſtlichſten zu ent- reißen, und ſich mit Kaiſer und Reich gegen die Türken zu verbünden. Die Ausdrücke der Verträge die der Kaiſer mit England und Dänemark ſchloß, die Entſchuldigungen ſelbſt welche die Franzoſen in Italien wie in Deutſchland vortru- gen, zeigen wie ganz allgemein dieſe Stimmung war. Wenn nun der Kaiſer den Ständen vorſtellte, dem König zu Leibe zu gehn, der mit den Türken im Bunde ſtehe, ſey ohne Zwei- fel eben ſo gut wie ein Kriegszug gegen dieſe ſelbſt, ſo fand er damit allgemeinen Beifall. Jene Vermittelungsanträge

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/313>, abgerufen am 22.11.2024.