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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Unternehmung auf Tunis.
Einschließung seines Schlosses und Arsenales, Goletta, die sehr
langsam und methodisch vollzogen ward 1, ein ernstliches Hin-
derniß entgegenzusetzen. Nachdem man nur erst dahin ge-
kommen war, es zugleich von den Schiffen und aus dem
Lager zu beschießen, ward es unverzüglich und ohne viele
Mühe erstürmt. Die Spanier behaupten, von den Kanonen,
die sie da fanden, seyen einige mit den französischen Lilien
bezeichnet gewesen.

Um vieles schwieriger war es nun aber, Tunis selbst
anzugreifen.

Muley Hassan war in dem Lager des Kaisers erschie-
nen und hatte demselben Hofnung gemacht, daß ein großer
Theil der Eingebornen sich für ihn, den Verjagten, erheben
werde. In der Stadt Tunis unterschied man vier Parteien,
und nicht die geringste war die, welche sich zu den Benihafs
neigte. Aber die Gegenwart des mächtigen Corsaren hielt al-
les in Zaum. Die arabischen Stämme wurden überredet daß
der Kaiser das Land sich selber unterwerfen und den Islam ver-
tilgen wolle. Selbst wider ihren Willen folgten die Tunisier,
über 9000 Pferde stark, ihrem Gewaltherrn in das Feld.

Am 20sten Juli, noch vor Tag, war der Kaiser aufgebro-
chen, um auch ohne die Hülfe der Eingebornen einen Ver-
such auf Tunis zu machen. Er hatte sich vorgenommen, die

1 Etropius Diarium expeditionis Tunetanae bei Schardius II,
p.
326 schildert sie folgendergestalt. Milites aggeres exstruere, valla
figere, fossam circumducere, castella aggeribus imponere - - quin-
que dies operi faciundo impensi sunt: nono Kal. Jul. - - castella
imponi coepta sunt pro custodia et tuitione castrorum - - Non
fuit nostris integrum semel locum castris metandis deligere, sed
necesse fuit subinde mutare et paulatim proximius admovere,
quod non sine magno labore fieri potuit.

Unternehmung auf Tunis.
Einſchließung ſeines Schloſſes und Arſenales, Goletta, die ſehr
langſam und methodiſch vollzogen ward 1, ein ernſtliches Hin-
derniß entgegenzuſetzen. Nachdem man nur erſt dahin ge-
kommen war, es zugleich von den Schiffen und aus dem
Lager zu beſchießen, ward es unverzüglich und ohne viele
Mühe erſtürmt. Die Spanier behaupten, von den Kanonen,
die ſie da fanden, ſeyen einige mit den franzöſiſchen Lilien
bezeichnet geweſen.

Um vieles ſchwieriger war es nun aber, Tunis ſelbſt
anzugreifen.

Muley Haſſan war in dem Lager des Kaiſers erſchie-
nen und hatte demſelben Hofnung gemacht, daß ein großer
Theil der Eingebornen ſich für ihn, den Verjagten, erheben
werde. In der Stadt Tunis unterſchied man vier Parteien,
und nicht die geringſte war die, welche ſich zu den Benihafs
neigte. Aber die Gegenwart des mächtigen Corſaren hielt al-
les in Zaum. Die arabiſchen Stämme wurden überredet daß
der Kaiſer das Land ſich ſelber unterwerfen und den Islam ver-
tilgen wolle. Selbſt wider ihren Willen folgten die Tuniſier,
über 9000 Pferde ſtark, ihrem Gewaltherrn in das Feld.

Am 20ſten Juli, noch vor Tag, war der Kaiſer aufgebro-
chen, um auch ohne die Hülfe der Eingebornen einen Ver-
ſuch auf Tunis zu machen. Er hatte ſich vorgenommen, die

1 Etropius Diarium expeditionis Tunetanae bei Schardius II,
p.
326 ſchildert ſie folgendergeſtalt. Milites aggeres exstruere, valla
figere, fossam circumducere, castella aggeribus imponere ‒ ‒ quin-
que dies operi faciundo impensi sunt: nono Kal. Jul. ‒ ‒ castella
imponi coepta sunt pro custodia et tuitione castrorum ‒ ‒ Non
fuit nostris integrum semel locum castris metandis deligere, sed
necesse fuit subinde mutare et paulatim proximius admovere,
quod non sine magno labore fieri potuit.
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[15/0027] Unternehmung auf Tunis. Einſchließung ſeines Schloſſes und Arſenales, Goletta, die ſehr langſam und methodiſch vollzogen ward 1, ein ernſtliches Hin- derniß entgegenzuſetzen. Nachdem man nur erſt dahin ge- kommen war, es zugleich von den Schiffen und aus dem Lager zu beſchießen, ward es unverzüglich und ohne viele Mühe erſtürmt. Die Spanier behaupten, von den Kanonen, die ſie da fanden, ſeyen einige mit den franzöſiſchen Lilien bezeichnet geweſen. Um vieles ſchwieriger war es nun aber, Tunis ſelbſt anzugreifen. Muley Haſſan war in dem Lager des Kaiſers erſchie- nen und hatte demſelben Hofnung gemacht, daß ein großer Theil der Eingebornen ſich für ihn, den Verjagten, erheben werde. In der Stadt Tunis unterſchied man vier Parteien, und nicht die geringſte war die, welche ſich zu den Benihafs neigte. Aber die Gegenwart des mächtigen Corſaren hielt al- les in Zaum. Die arabiſchen Stämme wurden überredet daß der Kaiſer das Land ſich ſelber unterwerfen und den Islam ver- tilgen wolle. Selbſt wider ihren Willen folgten die Tuniſier, über 9000 Pferde ſtark, ihrem Gewaltherrn in das Feld. Am 20ſten Juli, noch vor Tag, war der Kaiſer aufgebro- chen, um auch ohne die Hülfe der Eingebornen einen Ver- ſuch auf Tunis zu machen. Er hatte ſich vorgenommen, die 1 Etropius Diarium expeditionis Tunetanae bei Schardius II, p. 326 ſchildert ſie folgendergeſtalt. Milites aggeres exstruere, valla figere, fossam circumducere, castella aggeribus imponere ‒ ‒ quin- que dies operi faciundo impensi sunt: nono Kal. Jul. ‒ ‒ castella imponi coepta sunt pro custodia et tuitione castrorum ‒ ‒ Non fuit nostris integrum semel locum castris metandis deligere, sed necesse fuit subinde mutare et paulatim proximius admovere, quod non sine magno labore fieri potuit.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/27>, abgerufen am 24.11.2024.