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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Erstes Capitel.
unter Maximilian von Eberstein, und in Genua eingeschifft:
wie man denn schon früher einmal die geschlossene Schlacht-
ordnung der Landsknechte im Kampfe mit den leichten Arabern
sehr vortheilhaft gefunden hatte. Die Spanier selbst erschienen
noch ganz als die alten: sie meinten bei diesem Zug ihre Se-
ligkeit zu verdienen, wie weltlich sie sich auch sonst auffüh-
ren mochten. Es war sehr in ihrem Sinn, wenn der Kai-
ser vor der Abfahrt von Barcellona noch unsrer Frau von
Monserrat einen Besuch machte, und an einer feierlichen Pro-
cession, er wie die Andern mit unbedecktem Haupte, Theil
nahm. Die Fahne die auf dem Admiralschiff wehte stellte
das Bild des Gekreuzigten dar, neben ihm Johannes und
Maria. Wer soll unser Anführer seyn? fragten die Großen
den Kaiser: -- "Der da," antwortete er, indem er ein Cruci-
fix hervorzog, "und ich bin sein Fähndrich." Er sah in dem
Crucifix eine Personification auch der Waffengewalt der latei-
nischen Christenheit, deren Sache wider den Islam er noch
einmal zu führen im Begriff war. 1 Dem Großadmiral An-
drea Doria
hatte der Papst einen geweihten Degen gesendet.

Die von beiden Seiten, von Italien und von Spanien
her ansegelnden Flotten vereinigten sich an der sardinischen
Küste, bei Cagliari; von hier nahmen sie am 14ten Juni 1535
ihren Lauf nach Tunis; die Landung am Golf geschah ohne
alle Schwierigkeit.

Es scheint, als habe Chaireddin den Nachrichten die er
von der Rüstung des Kaisers allerdings empfieng, doch nie-
mals geglaubt. Wenigstens war er nicht vorbereitet, der

1 Hist. di Guazzo p. 151, eine sehr devote Beschreibung, wo
aber doch der Strahlen Apollos gedacht wird, die den Tag herauf-
führen.

Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
unter Maximilian von Eberſtein, und in Genua eingeſchifft:
wie man denn ſchon früher einmal die geſchloſſene Schlacht-
ordnung der Landsknechte im Kampfe mit den leichten Arabern
ſehr vortheilhaft gefunden hatte. Die Spanier ſelbſt erſchienen
noch ganz als die alten: ſie meinten bei dieſem Zug ihre Se-
ligkeit zu verdienen, wie weltlich ſie ſich auch ſonſt auffüh-
ren mochten. Es war ſehr in ihrem Sinn, wenn der Kai-
ſer vor der Abfahrt von Barcellona noch unſrer Frau von
Monſerrat einen Beſuch machte, und an einer feierlichen Pro-
ceſſion, er wie die Andern mit unbedecktem Haupte, Theil
nahm. Die Fahne die auf dem Admiralſchiff wehte ſtellte
das Bild des Gekreuzigten dar, neben ihm Johannes und
Maria. Wer ſoll unſer Anführer ſeyn? fragten die Großen
den Kaiſer: — „Der da,“ antwortete er, indem er ein Cruci-
fix hervorzog, „und ich bin ſein Fähndrich.“ Er ſah in dem
Crucifix eine Perſonification auch der Waffengewalt der latei-
niſchen Chriſtenheit, deren Sache wider den Islam er noch
einmal zu führen im Begriff war. 1 Dem Großadmiral An-
drea Doria
hatte der Papſt einen geweihten Degen geſendet.

Die von beiden Seiten, von Italien und von Spanien
her anſegelnden Flotten vereinigten ſich an der ſardiniſchen
Küſte, bei Cagliari; von hier nahmen ſie am 14ten Juni 1535
ihren Lauf nach Tunis; die Landung am Golf geſchah ohne
alle Schwierigkeit.

Es ſcheint, als habe Chaireddin den Nachrichten die er
von der Rüſtung des Kaiſers allerdings empfieng, doch nie-
mals geglaubt. Wenigſtens war er nicht vorbereitet, der

1 Hist. di Guazzo p. 151, eine ſehr devote Beſchreibung, wo
aber doch der Strahlen Apollos gedacht wird, die den Tag herauf-
fuͤhren.
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[14/0026] Siebentes Buch. Erſtes Capitel. unter Maximilian von Eberſtein, und in Genua eingeſchifft: wie man denn ſchon früher einmal die geſchloſſene Schlacht- ordnung der Landsknechte im Kampfe mit den leichten Arabern ſehr vortheilhaft gefunden hatte. Die Spanier ſelbſt erſchienen noch ganz als die alten: ſie meinten bei dieſem Zug ihre Se- ligkeit zu verdienen, wie weltlich ſie ſich auch ſonſt auffüh- ren mochten. Es war ſehr in ihrem Sinn, wenn der Kai- ſer vor der Abfahrt von Barcellona noch unſrer Frau von Monſerrat einen Beſuch machte, und an einer feierlichen Pro- ceſſion, er wie die Andern mit unbedecktem Haupte, Theil nahm. Die Fahne die auf dem Admiralſchiff wehte ſtellte das Bild des Gekreuzigten dar, neben ihm Johannes und Maria. Wer ſoll unſer Anführer ſeyn? fragten die Großen den Kaiſer: — „Der da,“ antwortete er, indem er ein Cruci- fix hervorzog, „und ich bin ſein Fähndrich.“ Er ſah in dem Crucifix eine Perſonification auch der Waffengewalt der latei- niſchen Chriſtenheit, deren Sache wider den Islam er noch einmal zu führen im Begriff war. 1 Dem Großadmiral An- drea Doria hatte der Papſt einen geweihten Degen geſendet. Die von beiden Seiten, von Italien und von Spanien her anſegelnden Flotten vereinigten ſich an der ſardiniſchen Küſte, bei Cagliari; von hier nahmen ſie am 14ten Juni 1535 ihren Lauf nach Tunis; die Landung am Golf geſchah ohne alle Schwierigkeit. Es ſcheint, als habe Chaireddin den Nachrichten die er von der Rüſtung des Kaiſers allerdings empfieng, doch nie- mals geglaubt. Wenigſtens war er nicht vorbereitet, der 1 Hist. di Guazzo p. 151, eine ſehr devote Beſchreibung, wo aber doch der Strahlen Apollos gedacht wird, die den Tag herauf- fuͤhren.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/26>, abgerufen am 18.04.2024.