In Speier hatte man es nicht an Vorkehrungen feh- len lassen: ein neuer Reichstag war im Sommer 1542 nach Nürnberg zusammenberufen um dem Unternehmen die gehö- rige Unterstützung von innen her zu verschaffen. Aber wie sehr gebrach es doch in diesen Dingen an Sorgfalt! Un- ter andern hatte man beschlossen, einen Ausschuß zur Cor- respondenz mit dem Feldhauptmann aufzustellen; als Joa- chims Briefe an denselben eingiengen, war er noch gar nicht ernannt.
Am 5ten August stand das Heer bei Comorn. Es belief sich zwar bei weitem nicht auf eine so große Anzahl wie man ins Feld zu stellen beabsichtigt, aber doch auf 25--26000 M. z. F., 5000 M. z. Pf., womit sich auch schon etwas ausrichten ließ. 1 Churfürst Joachim meinte, es werde nun zu Ernst und Kriegshandlungen kommen, schien allen guten Muth dazu zu haben, und rückte vorwärts nach Gran.
Hier aber, in den letzten Wochen des August, den er- sten des September, stiegen die Unordnungen ins Unerträg- liche. Für die früheren Monate waren die meisten Fähn- lein noch mit Geld von ihrer Heimath aus versehen wor- den: jetzt aber fieng es an zu fehlen. Hans Schott, Haupt- mann von der Wetterau, erklärte am 11ten September, daß er schon 14 Tage, der Hauptmann von Cölln, daß er mit seinen Leuten schon den drei und dreißigsten Tag unbesoldet sey. In ähnlicher Lage waren die sämmtlichen Truppen des Oberrheins. Herzog Ernst von Lüneburg forderte bereits die Heimkehr seiner Leute. Noch schlimmer glaubten Die-
1 So schlägt Joachim das Volk selbst an. Schreiben vom 5ten Aug. im Feldlager zu St. Johann.
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
In Speier hatte man es nicht an Vorkehrungen feh- len laſſen: ein neuer Reichstag war im Sommer 1542 nach Nürnberg zuſammenberufen um dem Unternehmen die gehö- rige Unterſtützung von innen her zu verſchaffen. Aber wie ſehr gebrach es doch in dieſen Dingen an Sorgfalt! Un- ter andern hatte man beſchloſſen, einen Ausſchuß zur Cor- reſpondenz mit dem Feldhauptmann aufzuſtellen; als Joa- chims Briefe an denſelben eingiengen, war er noch gar nicht ernannt.
Am 5ten Auguſt ſtand das Heer bei Comorn. Es belief ſich zwar bei weitem nicht auf eine ſo große Anzahl wie man ins Feld zu ſtellen beabſichtigt, aber doch auf 25—26000 M. z. F., 5000 M. z. Pf., womit ſich auch ſchon etwas ausrichten ließ. 1 Churfürſt Joachim meinte, es werde nun zu Ernſt und Kriegshandlungen kommen, ſchien allen guten Muth dazu zu haben, und rückte vorwärts nach Gran.
Hier aber, in den letzten Wochen des Auguſt, den er- ſten des September, ſtiegen die Unordnungen ins Unerträg- liche. Für die früheren Monate waren die meiſten Fähn- lein noch mit Geld von ihrer Heimath aus verſehen wor- den: jetzt aber fieng es an zu fehlen. Hans Schott, Haupt- mann von der Wetterau, erklärte am 11ten September, daß er ſchon 14 Tage, der Hauptmann von Cölln, daß er mit ſeinen Leuten ſchon den drei und dreißigſten Tag unbeſoldet ſey. In ähnlicher Lage waren die ſämmtlichen Truppen des Oberrheins. Herzog Ernſt von Lüneburg forderte bereits die Heimkehr ſeiner Leute. Noch ſchlimmer glaubten Die-
1 So ſchlaͤgt Joachim das Volk ſelbſt an. Schreiben vom 5ten Aug. im Feldlager zu St. Johann.
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Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
In Speier hatte man es nicht an Vorkehrungen feh-
len laſſen: ein neuer Reichstag war im Sommer 1542 nach
Nürnberg zuſammenberufen um dem Unternehmen die gehö-
rige Unterſtützung von innen her zu verſchaffen. Aber wie
ſehr gebrach es doch in dieſen Dingen an Sorgfalt! Un-
ter andern hatte man beſchloſſen, einen Ausſchuß zur Cor-
reſpondenz mit dem Feldhauptmann aufzuſtellen; als Joa-
chims Briefe an denſelben eingiengen, war er noch gar nicht
ernannt.
Am 5ten Auguſt ſtand das Heer bei Comorn. Es belief
ſich zwar bei weitem nicht auf eine ſo große Anzahl wie man
ins Feld zu ſtellen beabſichtigt, aber doch auf 25—26000
M. z. F., 5000 M. z. Pf., womit ſich auch ſchon etwas
ausrichten ließ. 1 Churfürſt Joachim meinte, es werde nun
zu Ernſt und Kriegshandlungen kommen, ſchien allen guten
Muth dazu zu haben, und rückte vorwärts nach Gran.
Hier aber, in den letzten Wochen des Auguſt, den er-
ſten des September, ſtiegen die Unordnungen ins Unerträg-
liche. Für die früheren Monate waren die meiſten Fähn-
lein noch mit Geld von ihrer Heimath aus verſehen wor-
den: jetzt aber fieng es an zu fehlen. Hans Schott, Haupt-
mann von der Wetterau, erklärte am 11ten September, daß
er ſchon 14 Tage, der Hauptmann von Cölln, daß er mit
ſeinen Leuten ſchon den drei und dreißigſten Tag unbeſoldet
ſey. In ähnlicher Lage waren die ſämmtlichen Truppen des
Oberrheins. Herzog Ernſt von Lüneburg forderte bereits
die Heimkehr ſeiner Leute. Noch ſchlimmer glaubten Die-
1 So ſchlaͤgt Joachim das Volk ſelbſt an. Schreiben vom
5ten Aug. im Feldlager zu St. Johann.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/252>, abgerufen am 24.11.2024.
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