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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichskrieg in Ungarn.
Reichsheeres durch einen gemeinen Pfennig einzubringen, war
zwar durchgegangen, aber unter Bestimmungen die ihnen
höchst unbequem fielen. Man blieb doch zugleich bei dem
Anschlag von 1521 stehn, durch welchen sie überbürdet zu
seyn glaubten, und belastete die Gewerbe noch einmal so
stark als anderes Einkommen. 1

Diese Veränderung in der Steuer hatte den besonderen
Nachtheil, daß ihre Einbringung, bei dem noch obwaltenden
Mangel an administrativer Geschicklichkeit, sehr schwer von
Statten gieng.

Gewiß unsre Altvordern schlugen sich tapfer: aber in
den Vorbereitungen des Krieges waren sie noch weit zurück.
Alle diese fast selbständigen Gewalten verfuhren dabei nach
dem Maaß ihres guten Willens und ihrer Einsicht.

Als Joachim II im Juni 1542 vor Wien anlangte,
fand er zwar stattliche Mannschaften, aber zugleich unbeschreib-
liche Mängel.

Da gab es Fähnlein, deren Dienstzeit schon abgelau-
fen war, als sie anlangten; andre führten das Geschütz nicht,
das sie den Reichsabschieden nach hätten bei sich haben sol-
len; noch andern fehlte es an Pulver; aus den Niederlan-
den
, Westphalen und Niedersachsen war Ende Juni noch
Niemand eingetroffen. 2

Um das Volk nur aus dem Lager zu bringen, mußte
König Ferdinand aus eignen Mitteln 30000 G. darleihen.


1 Beschwerniß der erbaren frei und Reichsstett so ihn dem
Bedenken der Churfürsten Fürsten und Stände befunden, 17 Martii
der königl. Mt übergeben. In den Frankfurter Reichstagsacten.
2 Ein großes Convolut des Berliner Archivs enthält die hierauf
bezüglichen Briefschaften.

Reichskrieg in Ungarn.
Reichsheeres durch einen gemeinen Pfennig einzubringen, war
zwar durchgegangen, aber unter Beſtimmungen die ihnen
höchſt unbequem fielen. Man blieb doch zugleich bei dem
Anſchlag von 1521 ſtehn, durch welchen ſie überbürdet zu
ſeyn glaubten, und belaſtete die Gewerbe noch einmal ſo
ſtark als anderes Einkommen. 1

Dieſe Veränderung in der Steuer hatte den beſonderen
Nachtheil, daß ihre Einbringung, bei dem noch obwaltenden
Mangel an adminiſtrativer Geſchicklichkeit, ſehr ſchwer von
Statten gieng.

Gewiß unſre Altvordern ſchlugen ſich tapfer: aber in
den Vorbereitungen des Krieges waren ſie noch weit zurück.
Alle dieſe faſt ſelbſtändigen Gewalten verfuhren dabei nach
dem Maaß ihres guten Willens und ihrer Einſicht.

Als Joachim II im Juni 1542 vor Wien anlangte,
fand er zwar ſtattliche Mannſchaften, aber zugleich unbeſchreib-
liche Mängel.

Da gab es Fähnlein, deren Dienſtzeit ſchon abgelau-
fen war, als ſie anlangten; andre führten das Geſchütz nicht,
das ſie den Reichsabſchieden nach hätten bei ſich haben ſol-
len; noch andern fehlte es an Pulver; aus den Niederlan-
den
, Weſtphalen und Niederſachſen war Ende Juni noch
Niemand eingetroffen. 2

Um das Volk nur aus dem Lager zu bringen, mußte
König Ferdinand aus eignen Mitteln 30000 G. darleihen.


1 Beſchwerniß der erbaren frei und Reichsſtett ſo ihn dem
Bedenken der Churfuͤrſten Fuͤrſten und Staͤnde befunden, 17 Martii
der koͤnigl. Mt uͤbergeben. In den Frankfurter Reichstagsacten.
2 Ein großes Convolut des Berliner Archivs enthaͤlt die hierauf
bezuͤglichen Briefſchaften.
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[239/0251] Reichskrieg in Ungarn. Reichsheeres durch einen gemeinen Pfennig einzubringen, war zwar durchgegangen, aber unter Beſtimmungen die ihnen höchſt unbequem fielen. Man blieb doch zugleich bei dem Anſchlag von 1521 ſtehn, durch welchen ſie überbürdet zu ſeyn glaubten, und belaſtete die Gewerbe noch einmal ſo ſtark als anderes Einkommen. 1 Dieſe Veränderung in der Steuer hatte den beſonderen Nachtheil, daß ihre Einbringung, bei dem noch obwaltenden Mangel an adminiſtrativer Geſchicklichkeit, ſehr ſchwer von Statten gieng. Gewiß unſre Altvordern ſchlugen ſich tapfer: aber in den Vorbereitungen des Krieges waren ſie noch weit zurück. Alle dieſe faſt ſelbſtändigen Gewalten verfuhren dabei nach dem Maaß ihres guten Willens und ihrer Einſicht. Als Joachim II im Juni 1542 vor Wien anlangte, fand er zwar ſtattliche Mannſchaften, aber zugleich unbeſchreib- liche Mängel. Da gab es Fähnlein, deren Dienſtzeit ſchon abgelau- fen war, als ſie anlangten; andre führten das Geſchütz nicht, das ſie den Reichsabſchieden nach hätten bei ſich haben ſol- len; noch andern fehlte es an Pulver; aus den Niederlan- den, Weſtphalen und Niederſachſen war Ende Juni noch Niemand eingetroffen. 2 Um das Volk nur aus dem Lager zu bringen, mußte König Ferdinand aus eignen Mitteln 30000 G. darleihen. 1 Beſchwerniß der erbaren frei und Reichsſtett ſo ihn dem Bedenken der Churfuͤrſten Fuͤrſten und Staͤnde befunden, 17 Martii der koͤnigl. Mt uͤbergeben. In den Frankfurter Reichstagsacten. 2 Ein großes Convolut des Berliner Archivs enthaͤlt die hierauf bezuͤglichen Briefſchaften.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/251>, abgerufen am 15.05.2024.