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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Erstes Capitel.
dann kehrte er plötzlich um: nachdem er noch die Küsten von
Sardinien geplündert, warf er sich auf Tunis, wo die Beni-
hafs regierten und der osmanischen Übermacht noch Widerstand
leisteten. Er nahm den Schein an, als ob er an des re-
gierenden Muley Hassan Stelle, der sich durch Grausamkeit
die Gemüther seiner Unterthanen entfremdet, dessen Bruder Re-
schid
setzen wolle: und um so leichter eroberte er die Stadt;
hierauf aber trug er kein Bedenken für sich selbst Besitz zu
ergreifen: gegen den Angriff des zurückkehrenden Hassan wußte
er sich mit seinem Geschütz zu behaupten. 1

Auch dieß Unternehmen war nun wohl nicht ganz ohne
Beziehung zu der Entzweiung zwischen dem Kaiser und dem
König von Frankreich. Fortwährend stand Suleiman in gu-
tem Verhältniß mit Franz I. Als ihm Carl in jenem Jahre
einmal den Antrag machen ließ in Constantinopel im Namen
der gesammten Christenheit mit ihm zu unterhandeln, lächelte
Suleiman: er wußte wohl, wie wenig die christlichen Fürsten
mit Carl Eines Sinnes seyen. 2 Franz I hatte dem Papst Cle-
mens
einst geradezu gesagt, daß er einen Anfall der Osma-
nen eher hervorzurufen als demselben zu widerstehen gedenke.
Nicht als ob zwischen Suleiman und Franz I der Angriff auf
Tunis verabredet gewesen wäre; aber sie waren einverstan-
den, dem Kaiser so viel wie möglich zu schaffen zu machen.
Wie hätte das aber besser geschehen können als durch diese
Eroberung. An dem Golf, von welchem einst die Seeherr-

1 Haji Khaliseh maritime wars, p. 51, bezeichnet die Araber
Hassans als "unable to maintain their ground against cannon and
musketry."
2 Enumeratio eorum quae per Duplicium Cornelium Scep-
perum acta et tractata, audita et visa sunt.
Sammlung von Ge-
vay
1534. p. 43.

Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
dann kehrte er plötzlich um: nachdem er noch die Küſten von
Sardinien geplündert, warf er ſich auf Tunis, wo die Beni-
hafs regierten und der osmaniſchen Übermacht noch Widerſtand
leiſteten. Er nahm den Schein an, als ob er an des re-
gierenden Muley Haſſan Stelle, der ſich durch Grauſamkeit
die Gemüther ſeiner Unterthanen entfremdet, deſſen Bruder Re-
ſchid
ſetzen wolle: und um ſo leichter eroberte er die Stadt;
hierauf aber trug er kein Bedenken für ſich ſelbſt Beſitz zu
ergreifen: gegen den Angriff des zurückkehrenden Haſſan wußte
er ſich mit ſeinem Geſchütz zu behaupten. 1

Auch dieß Unternehmen war nun wohl nicht ganz ohne
Beziehung zu der Entzweiung zwiſchen dem Kaiſer und dem
König von Frankreich. Fortwährend ſtand Suleiman in gu-
tem Verhältniß mit Franz I. Als ihm Carl in jenem Jahre
einmal den Antrag machen ließ in Conſtantinopel im Namen
der geſammten Chriſtenheit mit ihm zu unterhandeln, lächelte
Suleiman: er wußte wohl, wie wenig die chriſtlichen Fürſten
mit Carl Eines Sinnes ſeyen. 2 Franz I hatte dem Papſt Cle-
mens
einſt geradezu geſagt, daß er einen Anfall der Osma-
nen eher hervorzurufen als demſelben zu widerſtehen gedenke.
Nicht als ob zwiſchen Suleiman und Franz I der Angriff auf
Tunis verabredet geweſen wäre; aber ſie waren einverſtan-
den, dem Kaiſer ſo viel wie möglich zu ſchaffen zu machen.
Wie hätte das aber beſſer geſchehen können als durch dieſe
Eroberung. An dem Golf, von welchem einſt die Seeherr-

1 Haji Khaliſeh maritime wars, p. 51, bezeichnet die Araber
Haſſans als „unable to maintain their ground against cannon and
musketry.“
2 Enumeratio eorum quae per Duplicium Cornelium Scep-
perum acta et tractata, audita et visa sunt.
Sammlung von Ge-
vay
1534. p. 43.
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[12/0024] Siebentes Buch. Erſtes Capitel. dann kehrte er plötzlich um: nachdem er noch die Küſten von Sardinien geplündert, warf er ſich auf Tunis, wo die Beni- hafs regierten und der osmaniſchen Übermacht noch Widerſtand leiſteten. Er nahm den Schein an, als ob er an des re- gierenden Muley Haſſan Stelle, der ſich durch Grauſamkeit die Gemüther ſeiner Unterthanen entfremdet, deſſen Bruder Re- ſchid ſetzen wolle: und um ſo leichter eroberte er die Stadt; hierauf aber trug er kein Bedenken für ſich ſelbſt Beſitz zu ergreifen: gegen den Angriff des zurückkehrenden Haſſan wußte er ſich mit ſeinem Geſchütz zu behaupten. 1 Auch dieß Unternehmen war nun wohl nicht ganz ohne Beziehung zu der Entzweiung zwiſchen dem Kaiſer und dem König von Frankreich. Fortwährend ſtand Suleiman in gu- tem Verhältniß mit Franz I. Als ihm Carl in jenem Jahre einmal den Antrag machen ließ in Conſtantinopel im Namen der geſammten Chriſtenheit mit ihm zu unterhandeln, lächelte Suleiman: er wußte wohl, wie wenig die chriſtlichen Fürſten mit Carl Eines Sinnes ſeyen. 2 Franz I hatte dem Papſt Cle- mens einſt geradezu geſagt, daß er einen Anfall der Osma- nen eher hervorzurufen als demſelben zu widerſtehen gedenke. Nicht als ob zwiſchen Suleiman und Franz I der Angriff auf Tunis verabredet geweſen wäre; aber ſie waren einverſtan- den, dem Kaiſer ſo viel wie möglich zu ſchaffen zu machen. Wie hätte das aber beſſer geſchehen können als durch dieſe Eroberung. An dem Golf, von welchem einſt die Seeherr- 1 Haji Khaliſeh maritime wars, p. 51, bezeichnet die Araber Haſſans als „unable to maintain their ground against cannon and musketry.“ 2 Enumeratio eorum quae per Duplicium Cornelium Scep- perum acta et tractata, audita et visa sunt. Sammlung von Ge- vay 1534. p. 43.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/24>, abgerufen am 24.11.2024.