der Termin aller dieser Zugeständnisse betrachtet ward, nicht weiter Maaß zu geben. Die Majorität, welche die vergli- chenen Artikel selbst zurückgewiesen, hatte doch die Protestan- ten darauf verpflichten wollen. Der Kaiser genehmigte, daß die den Artikeln beigefügten Erläuterungen der Theologen da- mit nicht ausgeschlossen seyn sollten.
So entschieden ward die Vergleichung aufgegeben. Auf der einen Seite behielten die hierarchischen Ideen ohne alle Modification den Platz; auf der andern wurden Bemerkun- gen anerkannt, durch welche sich die Protestanten auf die ei- genthümliche Ausbildung ihres Systems wieder zurückzogen.
Was soll man aber vollends dazu sagen, daß der Kai- ser an demselben Tage, wo er den Protestanten seine De- claration gab, auch den Nürnberger Bund, der gegen sie ge- schlossen worden, erneuerte. Es mag seyn, daß in der For- mel dieser Erneuerung die defensive Absicht noch entschiede- ner als in der ursprünglichen Abfassung ausgedrückt war; aber zugleich zeigte der Kaiser an, daß er den Papst ver- mocht habe in das Bündniß zu treten, der den vierten Theil der Beiträge übernehmen solle, und es liegt doch am Tage daß durch die Theilnahme desselben die exclusiv romanistische Tendenz des Bundes gewaltig verstärkt ward.
Die entgegengesetzten Sympathien der kaiserlichen Po- litik, die früher mehr successiv und vielleicht unbewußt er- schienen, treten jetzt in demselben Augenblicke unter vollem Bewußtseyn hervor.
Der Grund lag darin, daß es dem Kaiser von seinem politischen Standpunct aus um die unverweilte Beseitigung aller der verschiedenen Feindseligkeiten zu thun war, die er
Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
der Termin aller dieſer Zugeſtändniſſe betrachtet ward, nicht weiter Maaß zu geben. Die Majorität, welche die vergli- chenen Artikel ſelbſt zurückgewieſen, hatte doch die Proteſtan- ten darauf verpflichten wollen. Der Kaiſer genehmigte, daß die den Artikeln beigefügten Erläuterungen der Theologen da- mit nicht ausgeſchloſſen ſeyn ſollten.
So entſchieden ward die Vergleichung aufgegeben. Auf der einen Seite behielten die hierarchiſchen Ideen ohne alle Modification den Platz; auf der andern wurden Bemerkun- gen anerkannt, durch welche ſich die Proteſtanten auf die ei- genthümliche Ausbildung ihres Syſtems wieder zurückzogen.
Was ſoll man aber vollends dazu ſagen, daß der Kai- ſer an demſelben Tage, wo er den Proteſtanten ſeine De- claration gab, auch den Nürnberger Bund, der gegen ſie ge- ſchloſſen worden, erneuerte. Es mag ſeyn, daß in der For- mel dieſer Erneuerung die defenſive Abſicht noch entſchiede- ner als in der urſprünglichen Abfaſſung ausgedrückt war; aber zugleich zeigte der Kaiſer an, daß er den Papſt ver- mocht habe in das Bündniß zu treten, der den vierten Theil der Beiträge übernehmen ſolle, und es liegt doch am Tage daß durch die Theilnahme deſſelben die excluſiv romaniſtiſche Tendenz des Bundes gewaltig verſtärkt ward.
Die entgegengeſetzten Sympathien der kaiſerlichen Po- litik, die früher mehr ſucceſſiv und vielleicht unbewußt er- ſchienen, treten jetzt in demſelben Augenblicke unter vollem Bewußtſeyn hervor.
Der Grund lag darin, daß es dem Kaiſer von ſeinem politiſchen Standpunct aus um die unverweilte Beſeitigung aller der verſchiedenen Feindſeligkeiten zu thun war, die er
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Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
der Termin aller dieſer Zugeſtändniſſe betrachtet ward, nicht
weiter Maaß zu geben. Die Majorität, welche die vergli-
chenen Artikel ſelbſt zurückgewieſen, hatte doch die Proteſtan-
ten darauf verpflichten wollen. Der Kaiſer genehmigte, daß
die den Artikeln beigefügten Erläuterungen der Theologen da-
mit nicht ausgeſchloſſen ſeyn ſollten.
So entſchieden ward die Vergleichung aufgegeben. Auf
der einen Seite behielten die hierarchiſchen Ideen ohne alle
Modification den Platz; auf der andern wurden Bemerkun-
gen anerkannt, durch welche ſich die Proteſtanten auf die ei-
genthümliche Ausbildung ihres Syſtems wieder zurückzogen.
Was ſoll man aber vollends dazu ſagen, daß der Kai-
ſer an demſelben Tage, wo er den Proteſtanten ſeine De-
claration gab, auch den Nürnberger Bund, der gegen ſie ge-
ſchloſſen worden, erneuerte. Es mag ſeyn, daß in der For-
mel dieſer Erneuerung die defenſive Abſicht noch entſchiede-
ner als in der urſprünglichen Abfaſſung ausgedrückt war;
aber zugleich zeigte der Kaiſer an, daß er den Papſt ver-
mocht habe in das Bündniß zu treten, der den vierten Theil
der Beiträge übernehmen ſolle, und es liegt doch am Tage
daß durch die Theilnahme deſſelben die excluſiv romaniſtiſche
Tendenz des Bundes gewaltig verſtärkt ward.
Die entgegengeſetzten Sympathien der kaiſerlichen Po-
litik, die früher mehr ſucceſſiv und vielleicht unbewußt er-
ſchienen, treten jetzt in demſelben Augenblicke unter vollem
Bewußtſeyn hervor.
Der Grund lag darin, daß es dem Kaiſer von ſeinem
politiſchen Standpunct aus um die unverweilte Beſeitigung
aller der verſchiedenen Feindſeligkeiten zu thun war, die er
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/236>, abgerufen am 23.11.2024.
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