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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Declaration von 1541.
in so fern er das Reichsoberhaupt war, doch auch eine all-
gemeine Wirkung haben mußten.

Er gab ihnen eine Declaration, die einige der wichtig-
sten Puncte auf sehr erwünschte Weise erledigte.

Vor allem zeigte er sich darin geneigt, gleichmäßiges
Recht zu gewähren: er sprach aus, daß der Abschied von
Augsburg, auf welchen die Beisitzer des Kammergerichts ver-
pflichtet waren, so viel die Religion anlange, für dieselben
nicht mehr Statt haben solle; die augsburgische Confession
solle in Zukunft kein Grund seyn, um jemand zurückzuwei-
sen der zu dem Gericht präsentirt werde; auch bei der Vi-
sitation solle die Religion keinen Unterschied mehr machen.

Und in demselben Sinne erklärte er sich über die geist-
lichen Güter. Wenn der Abschied bestimmte daß kein Geist-
licher seiner Renten entsetzt werden solle, so verordnete die
Declaration, daß dieß auch von den protestantischen gelten
müsse, obwohl die Gegner diese bisher noch gar nicht als
Geistliche hatten anerkennen wollen. Und noch eine andre
Concession von weitester Aussicht fügte er hinzu. Indem er
aufs neue verbot Klöster und Stifte zu zerstören, erlaubte
er doch sie zu christlicher Reformation anzuhalten. In der
That streift dieß an jene Absichten Joachims II; man hat
behauptet, die Declaration sey zuerst in der brandenburgi-
schen Canzlei entworfen worden. 1

Auch in Hinsicht der Lehre bequemte sich der Kaiser,
den Protestanten bis zum Concilium, welches überhaupt als

1 Altera Caesaris declaratio. Ibid. Ref. IV, 623. Naves
überbrachte sie ihnen. Et me promirent iceux, sagt er in einem
Bericht vom 12 Nov. d. J. an den Kaiser, que icelle declaration
seroit tenue secrete et ne se divulgeroit.

Declaration von 1541.
in ſo fern er das Reichsoberhaupt war, doch auch eine all-
gemeine Wirkung haben mußten.

Er gab ihnen eine Declaration, die einige der wichtig-
ſten Puncte auf ſehr erwünſchte Weiſe erledigte.

Vor allem zeigte er ſich darin geneigt, gleichmäßiges
Recht zu gewähren: er ſprach aus, daß der Abſchied von
Augsburg, auf welchen die Beiſitzer des Kammergerichts ver-
pflichtet waren, ſo viel die Religion anlange, für dieſelben
nicht mehr Statt haben ſolle; die augsburgiſche Confeſſion
ſolle in Zukunft kein Grund ſeyn, um jemand zurückzuwei-
ſen der zu dem Gericht präſentirt werde; auch bei der Vi-
ſitation ſolle die Religion keinen Unterſchied mehr machen.

Und in demſelben Sinne erklärte er ſich über die geiſt-
lichen Güter. Wenn der Abſchied beſtimmte daß kein Geiſt-
licher ſeiner Renten entſetzt werden ſolle, ſo verordnete die
Declaration, daß dieß auch von den proteſtantiſchen gelten
müſſe, obwohl die Gegner dieſe bisher noch gar nicht als
Geiſtliche hatten anerkennen wollen. Und noch eine andre
Conceſſion von weiteſter Ausſicht fügte er hinzu. Indem er
aufs neue verbot Klöſter und Stifte zu zerſtören, erlaubte
er doch ſie zu chriſtlicher Reformation anzuhalten. In der
That ſtreift dieß an jene Abſichten Joachims II; man hat
behauptet, die Declaration ſey zuerſt in der brandenburgi-
ſchen Canzlei entworfen worden. 1

Auch in Hinſicht der Lehre bequemte ſich der Kaiſer,
den Proteſtanten bis zum Concilium, welches überhaupt als

1 Altera Caesaris declaratio. Ibid. Ref. IV, 623. Naves
uͤberbrachte ſie ihnen. Et me promirent iceux, ſagt er in einem
Bericht vom 12 Nov. d. J. an den Kaiſer, que icelle declaration
seroit tenue secrete et ne se divulgeroit.
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[223/0235] Declaration von 1541. in ſo fern er das Reichsoberhaupt war, doch auch eine all- gemeine Wirkung haben mußten. Er gab ihnen eine Declaration, die einige der wichtig- ſten Puncte auf ſehr erwünſchte Weiſe erledigte. Vor allem zeigte er ſich darin geneigt, gleichmäßiges Recht zu gewähren: er ſprach aus, daß der Abſchied von Augsburg, auf welchen die Beiſitzer des Kammergerichts ver- pflichtet waren, ſo viel die Religion anlange, für dieſelben nicht mehr Statt haben ſolle; die augsburgiſche Confeſſion ſolle in Zukunft kein Grund ſeyn, um jemand zurückzuwei- ſen der zu dem Gericht präſentirt werde; auch bei der Vi- ſitation ſolle die Religion keinen Unterſchied mehr machen. Und in demſelben Sinne erklärte er ſich über die geiſt- lichen Güter. Wenn der Abſchied beſtimmte daß kein Geiſt- licher ſeiner Renten entſetzt werden ſolle, ſo verordnete die Declaration, daß dieß auch von den proteſtantiſchen gelten müſſe, obwohl die Gegner dieſe bisher noch gar nicht als Geiſtliche hatten anerkennen wollen. Und noch eine andre Conceſſion von weiteſter Ausſicht fügte er hinzu. Indem er aufs neue verbot Klöſter und Stifte zu zerſtören, erlaubte er doch ſie zu chriſtlicher Reformation anzuhalten. In der That ſtreift dieß an jene Abſichten Joachims II; man hat behauptet, die Declaration ſey zuerſt in der brandenburgi- ſchen Canzlei entworfen worden. 1 Auch in Hinſicht der Lehre bequemte ſich der Kaiſer, den Proteſtanten bis zum Concilium, welches überhaupt als 1 Altera Caesaris declaratio. Ibid. Ref. IV, 623. Naves uͤberbrachte ſie ihnen. Et me promirent iceux, ſagt er in einem Bericht vom 12 Nov. d. J. an den Kaiſer, que icelle declaration seroit tenue secrete et ne se divulgeroit.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/235>, abgerufen am 23.11.2024.