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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Ausführung des rechtlichen Krieges, wie ihn die süddeutschen
und norddeutschen Feinde der Protestanten beabsichtigten,
ernstlich etwas gelegen hätte? Der Vortheil wäre doch im
Fall des Sieges den Ständen selbst zu Gute gekommen,
die sich dann leicht einmal mit dem Papst zu seinem Nach-
theil verbünden konnten.

Darum durfte er die Verhandlungen seines Agenten
jedoch nicht gradehin für unbefugt und ungültig erklären.
Offiziell als Reichsoberhaupt und Vogt der römischen Kirche
konnte er sich von dem kirchlich gesinnten Theile der Stände,
dessen gute Meinung und Beistimmung ihm in tausend Rück-
sichten unentbehrlich war, so wenig trennen wie sein Bruder
das gewagt hatte.

Noch viel weniger aber durfte er den Krieg ausbrechen
lassen, in dem Augenblick wo ein großes Vorhaben gegen
den Erbfeind, wozu er vor allem des innern Friedens be-
durfte, ins Werk gesetzt werden sollte.

Unter diesen widerwärtigen Umständen verfuhr er wie seine
Natur es mit sich brachte. Er mißbilligte das Verfahren sei-
nes Gesandten nicht in ausdrücklichen Worten: aber er hütete
sich fürs erste, die Nürnberger Einung zu bestätigen; erst später
hat er dieß gethan, als der gefährliche Augenblick vorüber-
gegangen war. Zu nicht geringem Erstaunen gereichte es
damals dem Herzog Georg, der in allem Ernste der beste
Verbündete des Kaisers zu seyn glaubte, daß die Mandate
nicht erscheinen wollten, welche Held aufs bestimmteste an-
gekündigt. Zugleich aber that der Kaiser doch das, was
die vorliegenden Umstände, der Gang seiner Politik noth-
wendig machte. Er entzog dem Dr Held sein Vertrauen,

Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Ausführung des rechtlichen Krieges, wie ihn die ſüddeutſchen
und norddeutſchen Feinde der Proteſtanten beabſichtigten,
ernſtlich etwas gelegen hätte? Der Vortheil wäre doch im
Fall des Sieges den Ständen ſelbſt zu Gute gekommen,
die ſich dann leicht einmal mit dem Papſt zu ſeinem Nach-
theil verbünden konnten.

Darum durfte er die Verhandlungen ſeines Agenten
jedoch nicht gradehin für unbefugt und ungültig erklären.
Offiziell als Reichsoberhaupt und Vogt der römiſchen Kirche
konnte er ſich von dem kirchlich geſinnten Theile der Stände,
deſſen gute Meinung und Beiſtimmung ihm in tauſend Rück-
ſichten unentbehrlich war, ſo wenig trennen wie ſein Bruder
das gewagt hatte.

Noch viel weniger aber durfte er den Krieg ausbrechen
laſſen, in dem Augenblick wo ein großes Vorhaben gegen
den Erbfeind, wozu er vor allem des innern Friedens be-
durfte, ins Werk geſetzt werden ſollte.

Unter dieſen widerwärtigen Umſtänden verfuhr er wie ſeine
Natur es mit ſich brachte. Er mißbilligte das Verfahren ſei-
nes Geſandten nicht in ausdrücklichen Worten: aber er hütete
ſich fürs erſte, die Nürnberger Einung zu beſtätigen; erſt ſpäter
hat er dieß gethan, als der gefährliche Augenblick vorüber-
gegangen war. Zu nicht geringem Erſtaunen gereichte es
damals dem Herzog Georg, der in allem Ernſte der beſte
Verbündete des Kaiſers zu ſeyn glaubte, daß die Mandate
nicht erſcheinen wollten, welche Held aufs beſtimmteſte an-
gekündigt. Zugleich aber that der Kaiſer doch das, was
die vorliegenden Umſtände, der Gang ſeiner Politik noth-
wendig machte. Er entzog dem Dr Held ſein Vertrauen,

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[126/0138] Siebentes Buch. Zweites Capitel. Ausführung des rechtlichen Krieges, wie ihn die ſüddeutſchen und norddeutſchen Feinde der Proteſtanten beabſichtigten, ernſtlich etwas gelegen hätte? Der Vortheil wäre doch im Fall des Sieges den Ständen ſelbſt zu Gute gekommen, die ſich dann leicht einmal mit dem Papſt zu ſeinem Nach- theil verbünden konnten. Darum durfte er die Verhandlungen ſeines Agenten jedoch nicht gradehin für unbefugt und ungültig erklären. Offiziell als Reichsoberhaupt und Vogt der römiſchen Kirche konnte er ſich von dem kirchlich geſinnten Theile der Stände, deſſen gute Meinung und Beiſtimmung ihm in tauſend Rück- ſichten unentbehrlich war, ſo wenig trennen wie ſein Bruder das gewagt hatte. Noch viel weniger aber durfte er den Krieg ausbrechen laſſen, in dem Augenblick wo ein großes Vorhaben gegen den Erbfeind, wozu er vor allem des innern Friedens be- durfte, ins Werk geſetzt werden ſollte. Unter dieſen widerwärtigen Umſtänden verfuhr er wie ſeine Natur es mit ſich brachte. Er mißbilligte das Verfahren ſei- nes Geſandten nicht in ausdrücklichen Worten: aber er hütete ſich fürs erſte, die Nürnberger Einung zu beſtätigen; erſt ſpäter hat er dieß gethan, als der gefährliche Augenblick vorüber- gegangen war. Zu nicht geringem Erſtaunen gereichte es damals dem Herzog Georg, der in allem Ernſte der beſte Verbündete des Kaiſers zu ſeyn glaubte, daß die Mandate nicht erſcheinen wollten, welche Held aufs beſtimmteſte an- gekündigt. Zugleich aber that der Kaiſer doch das, was die vorliegenden Umſtände, der Gang ſeiner Politik noth- wendig machte. Er entzog dem Dr Held ſein Vertrauen,

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/138>, abgerufen am 22.12.2024.