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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Nürnberger Bündniß.
dacht? auch jetzt hatte er seinen Abgeordneten wenigstens
mündlich ermächtigt darüber zu unterhandeln, freilich nur, wie
Königin Maria versicherte, um zu erfahren, wessen er sich im
Nothfall zu den katholischen Fürsten zu versehen habe. 1

Am 10ten Juni 1538 ward wirklich zwischen den am
eifrigsten katholischen Fürsten, den norddeutschen, Georg, Al-
brecht
, Heinrich und Erich, und den süddeutschen, Salz-
burg
, Baiern, König Ferdinand, zugleich im Namen des Kai-
sers, ein Bund geschlossen: doch nicht in dem anfangs vor-
geschlagenen Sinn noch Umfang. Er kann eigentlich nur
als eine Nachbildung des schmalkaldischen angesehen werden.
Er sollte sich ebenfalls nur auf Religionssachen erstrecken,
wenn nicht etwa der auch dort vorgesehene Fall eintrete,
daß man ihretwillen, aber unter anderm Scheine angegrif-
fen werde. Er sollte auf gleiche Weise in zwei Provinzen
zerfallen, eine sächsische und eine oberländische: in jener sollte
Herzog Heinrich von Braunschweig, in dieser Herzog Lud-
wig von Baiern
die Hauptmannschaft verwalten, beide mit
Zuziehung von Bundesräthen. Es ward eine ähnliche Kriegs-
verfassung verabredet; die Geldbeiträge wurden auf verwandte
Weise bestimmt. Kaiser und König ließen sich nicht höher
anschlagen als andere Mitglieder; beide zusammen verpflich-
teten sich, auch nur eben so viel zu leisten wie die Herzoge
von Baiern; der Kaiser nahm seine Niederlande ausdrück-
lich aus.


1 Relation vom niederländischen Hof an Landgraf Philipp
im weimarischen Archiv. Königin Maria setzte hinzu, der Kaiser
habe mehr Besorgniß angegriffen zu werden, als Neigung anzugrei-
fen. An Kriegsabsichten konnte in der That nach obiger Instruction
nicht gedacht werden.

Nuͤrnberger Buͤndniß.
dacht? auch jetzt hatte er ſeinen Abgeordneten wenigſtens
mündlich ermächtigt darüber zu unterhandeln, freilich nur, wie
Königin Maria verſicherte, um zu erfahren, weſſen er ſich im
Nothfall zu den katholiſchen Fürſten zu verſehen habe. 1

Am 10ten Juni 1538 ward wirklich zwiſchen den am
eifrigſten katholiſchen Fürſten, den norddeutſchen, Georg, Al-
brecht
, Heinrich und Erich, und den ſüddeutſchen, Salz-
burg
, Baiern, König Ferdinand, zugleich im Namen des Kai-
ſers, ein Bund geſchloſſen: doch nicht in dem anfangs vor-
geſchlagenen Sinn noch Umfang. Er kann eigentlich nur
als eine Nachbildung des ſchmalkaldiſchen angeſehen werden.
Er ſollte ſich ebenfalls nur auf Religionsſachen erſtrecken,
wenn nicht etwa der auch dort vorgeſehene Fall eintrete,
daß man ihretwillen, aber unter anderm Scheine angegrif-
fen werde. Er ſollte auf gleiche Weiſe in zwei Provinzen
zerfallen, eine ſächſiſche und eine oberländiſche: in jener ſollte
Herzog Heinrich von Braunſchweig, in dieſer Herzog Lud-
wig von Baiern
die Hauptmannſchaft verwalten, beide mit
Zuziehung von Bundesräthen. Es ward eine ähnliche Kriegs-
verfaſſung verabredet; die Geldbeiträge wurden auf verwandte
Weiſe beſtimmt. Kaiſer und König ließen ſich nicht höher
anſchlagen als andere Mitglieder; beide zuſammen verpflich-
teten ſich, auch nur eben ſo viel zu leiſten wie die Herzoge
von Baiern; der Kaiſer nahm ſeine Niederlande ausdrück-
lich aus.


1 Relation vom niederlaͤndiſchen Hof an Landgraf Philipp
im weimariſchen Archiv. Koͤnigin Maria ſetzte hinzu, der Kaiſer
habe mehr Beſorgniß angegriffen zu werden, als Neigung anzugrei-
fen. An Kriegsabſichten konnte in der That nach obiger Inſtruction
nicht gedacht werden.
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[111/0123] Nuͤrnberger Buͤndniß. dacht? auch jetzt hatte er ſeinen Abgeordneten wenigſtens mündlich ermächtigt darüber zu unterhandeln, freilich nur, wie Königin Maria verſicherte, um zu erfahren, weſſen er ſich im Nothfall zu den katholiſchen Fürſten zu verſehen habe. 1 Am 10ten Juni 1538 ward wirklich zwiſchen den am eifrigſten katholiſchen Fürſten, den norddeutſchen, Georg, Al- brecht, Heinrich und Erich, und den ſüddeutſchen, Salz- burg, Baiern, König Ferdinand, zugleich im Namen des Kai- ſers, ein Bund geſchloſſen: doch nicht in dem anfangs vor- geſchlagenen Sinn noch Umfang. Er kann eigentlich nur als eine Nachbildung des ſchmalkaldiſchen angeſehen werden. Er ſollte ſich ebenfalls nur auf Religionsſachen erſtrecken, wenn nicht etwa der auch dort vorgeſehene Fall eintrete, daß man ihretwillen, aber unter anderm Scheine angegrif- fen werde. Er ſollte auf gleiche Weiſe in zwei Provinzen zerfallen, eine ſächſiſche und eine oberländiſche: in jener ſollte Herzog Heinrich von Braunſchweig, in dieſer Herzog Lud- wig von Baiern die Hauptmannſchaft verwalten, beide mit Zuziehung von Bundesräthen. Es ward eine ähnliche Kriegs- verfaſſung verabredet; die Geldbeiträge wurden auf verwandte Weiſe beſtimmt. Kaiſer und König ließen ſich nicht höher anſchlagen als andere Mitglieder; beide zuſammen verpflich- teten ſich, auch nur eben ſo viel zu leiſten wie die Herzoge von Baiern; der Kaiſer nahm ſeine Niederlande ausdrück- lich aus. 1 Relation vom niederlaͤndiſchen Hof an Landgraf Philipp im weimariſchen Archiv. Koͤnigin Maria ſetzte hinzu, der Kaiſer habe mehr Beſorgniß angegriffen zu werden, als Neigung anzugrei- fen. An Kriegsabſichten konnte in der That nach obiger Inſtruction nicht gedacht werden.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/123>, abgerufen am 27.11.2024.