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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Christiern II in Norwegen.
so gut evangelisch er sey, so werde er doch durch die Macht
seiner Bischöfe, deren jeder einen großen Anhang in der
Ritterschaft habe, noch verhindert dieß auszusprechen.

Wie auf der einen Seite der Katholicismus wirksam
gewesen, so suchte man auf der andern den kaum entstan-
denen antikatholischen Bund in diese Angelegenheiten zu
verflechten. So weit kam es jedoch noch nicht. Churfürst
Johann wollte von einer zwiefachen Eigenschaft eines Mit-
gliedes nichts hören. Auch war es in der That nicht nö-
thig. So wie nur König Friedrich den Lübeckern in Hin-
sicht des holländischen Handels noch einmal genügende
Versicherungen gegeben, erschienen vier lübische Orlogschiffe
in See, ehe die Dänen selbst sich gerüstet. Allerdings
war Christiern indeß in Norwegen augelangt, und hatte
dieß ganze Reich, bis auf wenig feste Plätze, ohne Mühe in
seine Hand gebracht; aber die Lübecker suchten jetzt seine
Schiffe an der Küste auf und verbrannten sie; verprovian-
tirten Aggerhus, und bildeten den Kern für die größere
Macht, die sich im Mai 1532 sammelte, Aggerhus ent-
setzte, und Christiern nöthigte, zu unterhandeln, zu capitu-
1

wir ernstlichen wol geneigt, uns mit Ir und unsern lieben Oheimen,
dem Churf. v. Sachsen samt dem Herzog v. Lüneburg von unserer
Reich und auch Erblande wegen sunderlich und allein in eine Einung
und Verbündniß weltlicher Sachen Hendel und Thuns halber zu be-
geben." Wenn dieß Bündniß vollzogen, "sein wir folgend darnach
auch nit ungemeint, sondern wol Gemüts und alsdann mit allen an-
dern Chf. FF. Graven und Stenden, dem Evangelium anhengig un-
ser Erblande halben allein Einung Verstand und Verbündniß anzu-
nehmen." Der Landgraf hoffte, daß dann auch Hamburg, Rostock,
Wismar Stade eintreten würden.
1 Bonnus und Regkmann: mit der Vertröstung, sie wollen
widerumb der Stadt Lübeck Beistand thun gegen die Holländer und
ihnen hernach nicht vergunnen, mit so viel Schiffen durch den Sund
zu laufen.

Chriſtiern II in Norwegen.
ſo gut evangeliſch er ſey, ſo werde er doch durch die Macht
ſeiner Biſchöfe, deren jeder einen großen Anhang in der
Ritterſchaft habe, noch verhindert dieß auszuſprechen.

Wie auf der einen Seite der Katholicismus wirkſam
geweſen, ſo ſuchte man auf der andern den kaum entſtan-
denen antikatholiſchen Bund in dieſe Angelegenheiten zu
verflechten. So weit kam es jedoch noch nicht. Churfürſt
Johann wollte von einer zwiefachen Eigenſchaft eines Mit-
gliedes nichts hören. Auch war es in der That nicht nö-
thig. So wie nur König Friedrich den Lübeckern in Hin-
ſicht des holländiſchen Handels noch einmal genügende
Verſicherungen gegeben, erſchienen vier lübiſche Orlogſchiffe
in See, ehe die Dänen ſelbſt ſich gerüſtet. Allerdings
war Chriſtiern indeß in Norwegen augelangt, und hatte
dieß ganze Reich, bis auf wenig feſte Plätze, ohne Mühe in
ſeine Hand gebracht; aber die Lübecker ſuchten jetzt ſeine
Schiffe an der Küſte auf und verbrannten ſie; verprovian-
tirten Aggerhus, und bildeten den Kern für die größere
Macht, die ſich im Mai 1532 ſammelte, Aggerhus ent-
ſetzte, und Chriſtiern nöthigte, zu unterhandeln, zu capitu-
1

wir ernſtlichen wol geneigt, uns mit Ir und unſern lieben Oheimen,
dem Churf. v. Sachſen ſamt dem Herzog v. Luͤneburg von unſerer
Reich und auch Erblande wegen ſunderlich und allein in eine Einung
und Verbuͤndniß weltlicher Sachen Hendel und Thuns halber zu be-
geben.“ Wenn dieß Buͤndniß vollzogen, „ſein wir folgend darnach
auch nit ungemeint, ſondern wol Gemuͤts und alsdann mit allen an-
dern Chf. FF. Graven und Stenden, dem Evangelium anhengig un-
ſer Erblande halben allein Einung Verſtand und Verbuͤndniß anzu-
nehmen.“ Der Landgraf hoffte, daß dann auch Hamburg, Roſtock,
Wismar Stade eintreten wuͤrden.
1 Bonnus und Regkmann: mit der Vertroͤſtung, ſie wollen
widerumb der Stadt Luͤbeck Beiſtand thun gegen die Hollaͤnder und
ihnen hernach nicht vergunnen, mit ſo viel Schiffen durch den Sund
zu laufen.
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[571/0587] Chriſtiern II in Norwegen. ſo gut evangeliſch er ſey, ſo werde er doch durch die Macht ſeiner Biſchöfe, deren jeder einen großen Anhang in der Ritterſchaft habe, noch verhindert dieß auszuſprechen. Wie auf der einen Seite der Katholicismus wirkſam geweſen, ſo ſuchte man auf der andern den kaum entſtan- denen antikatholiſchen Bund in dieſe Angelegenheiten zu verflechten. So weit kam es jedoch noch nicht. Churfürſt Johann wollte von einer zwiefachen Eigenſchaft eines Mit- gliedes nichts hören. Auch war es in der That nicht nö- thig. So wie nur König Friedrich den Lübeckern in Hin- ſicht des holländiſchen Handels noch einmal genügende Verſicherungen gegeben, erſchienen vier lübiſche Orlogſchiffe in See, ehe die Dänen ſelbſt ſich gerüſtet. Allerdings war Chriſtiern indeß in Norwegen augelangt, und hatte dieß ganze Reich, bis auf wenig feſte Plätze, ohne Mühe in ſeine Hand gebracht; aber die Lübecker ſuchten jetzt ſeine Schiffe an der Küſte auf und verbrannten ſie; verprovian- tirten Aggerhus, und bildeten den Kern für die größere Macht, die ſich im Mai 1532 ſammelte, Aggerhus ent- ſetzte, und Chriſtiern nöthigte, zu unterhandeln, zu capitu- 2 1 2 wir ernſtlichen wol geneigt, uns mit Ir und unſern lieben Oheimen, dem Churf. v. Sachſen ſamt dem Herzog v. Luͤneburg von unſerer Reich und auch Erblande wegen ſunderlich und allein in eine Einung und Verbuͤndniß weltlicher Sachen Hendel und Thuns halber zu be- geben.“ Wenn dieß Buͤndniß vollzogen, „ſein wir folgend darnach auch nit ungemeint, ſondern wol Gemuͤts und alsdann mit allen an- dern Chf. FF. Graven und Stenden, dem Evangelium anhengig un- ſer Erblande halben allein Einung Verſtand und Verbuͤndniß anzu- nehmen.“ Der Landgraf hoffte, daß dann auch Hamburg, Roſtock, Wismar Stade eintreten wuͤrden. 1 Bonnus und Regkmann: mit der Vertroͤſtung, ſie wollen widerumb der Stadt Luͤbeck Beiſtand thun gegen die Hollaͤnder und ihnen hernach nicht vergunnen, mit ſo viel Schiffen durch den Sund zu laufen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/587>, abgerufen am 18.05.2024.