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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
stiern aber antwortete ihm nur mit heftigen Klagen, wie
viel Jahre er nun schon von seinem Lande entfernt sey,
und daß er noch nicht dahin zurückkehren, noch immer
nicht zu seinem Rechte gelangen solle. 1 Statt sein Volk auf-
zulösen, rückte er ohne Weiteres in Holland ein. Was
man ihm nicht in Güte gewährte, das erzwang er sich mit
Gewalt, Schiffe und Geld. Er wußte, daß der kaiserliche
Hof, wenn auch nicht im gegenwärtigen Augenblicke, doch
im Ganzen sein Unternehmen billigte und demselben Erfolg
wünschte. Hatte doch der Kaiser sich oft genug so er-
klärt, als halte er die Sache Christierns für seine eigne.
Niederländische Kaufleute unterstützten den König freiwillig:
die Häuser Frei zu Campen, Schultis zu Enkhuysen, Bur
zu Amsterdam, Rath zu Alkmar werden als die vornehm-
sten Beförderer genannt. Christiern gab ihnen dafür glän-
zende und vortheilhafte Freibriefe. So gingen sie am 15.
October 1531 zu Medenblik in See.

Die Lübecker versicherten beim schmalkaldischen Bunde:
es sey dabei auch zugleich auf eine Zerstörung des Prote-
stantismus abgesehn, mit allen Bischöfen ein Einverständ-
niß geschlossen. König Friedrich versprach, mit seinen Erb-
landen in den schmalkaldischen Bund zu treten, wenn we-
nigstens die vornehmsten Mitglieder desselben, Sachsen, Hes-
sen und Lüneburg eine weltliche Einung auch in Bezug
auf sein Wahlreich 2 mit ihm schließen wollten. Denn

1 Literae Banneri ad Caesarem de gestis apud Vandalicas
civitates s. a.
Archiv zu Brüssel.
2 Denn so ist die bisherige Annahme zu modificiren. "Fü-
gen E. L. ganz freundlich zu wissen," sagt König Friedrich in einem
Schreiben am Tage J. Joannis 1531 an Landgraf Philipp, "das

Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
ſtiern aber antwortete ihm nur mit heftigen Klagen, wie
viel Jahre er nun ſchon von ſeinem Lande entfernt ſey,
und daß er noch nicht dahin zurückkehren, noch immer
nicht zu ſeinem Rechte gelangen ſolle. 1 Statt ſein Volk auf-
zulöſen, rückte er ohne Weiteres in Holland ein. Was
man ihm nicht in Güte gewährte, das erzwang er ſich mit
Gewalt, Schiffe und Geld. Er wußte, daß der kaiſerliche
Hof, wenn auch nicht im gegenwärtigen Augenblicke, doch
im Ganzen ſein Unternehmen billigte und demſelben Erfolg
wünſchte. Hatte doch der Kaiſer ſich oft genug ſo er-
klärt, als halte er die Sache Chriſtierns für ſeine eigne.
Niederländiſche Kaufleute unterſtützten den König freiwillig:
die Häuſer Frei zu Campen, Schultis zu Enkhuyſen, Bur
zu Amſterdam, Rath zu Alkmar werden als die vornehm-
ſten Beförderer genannt. Chriſtiern gab ihnen dafür glän-
zende und vortheilhafte Freibriefe. So gingen ſie am 15.
October 1531 zu Medenblik in See.

Die Lübecker verſicherten beim ſchmalkaldiſchen Bunde:
es ſey dabei auch zugleich auf eine Zerſtörung des Prote-
ſtantismus abgeſehn, mit allen Biſchöfen ein Einverſtänd-
niß geſchloſſen. König Friedrich verſprach, mit ſeinen Erb-
landen in den ſchmalkaldiſchen Bund zu treten, wenn we-
nigſtens die vornehmſten Mitglieder deſſelben, Sachſen, Heſ-
ſen und Lüneburg eine weltliche Einung auch in Bezug
auf ſein Wahlreich 2 mit ihm ſchließen wollten. Denn

1 Literae Banneri ad Caesarem de gestis apud Vandalicas
civitates s. a.
Archiv zu Bruͤſſel.
2 Denn ſo iſt die bisherige Annahme zu modificiren. „Fuͤ-
gen E. L. ganz freundlich zu wiſſen,“ ſagt Koͤnig Friedrich in einem
Schreiben am Tage J. Joannis 1531 an Landgraf Philipp, „das
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[570/0586] Sechstes Buch. Zehntes Capitel. ſtiern aber antwortete ihm nur mit heftigen Klagen, wie viel Jahre er nun ſchon von ſeinem Lande entfernt ſey, und daß er noch nicht dahin zurückkehren, noch immer nicht zu ſeinem Rechte gelangen ſolle. 1 Statt ſein Volk auf- zulöſen, rückte er ohne Weiteres in Holland ein. Was man ihm nicht in Güte gewährte, das erzwang er ſich mit Gewalt, Schiffe und Geld. Er wußte, daß der kaiſerliche Hof, wenn auch nicht im gegenwärtigen Augenblicke, doch im Ganzen ſein Unternehmen billigte und demſelben Erfolg wünſchte. Hatte doch der Kaiſer ſich oft genug ſo er- klärt, als halte er die Sache Chriſtierns für ſeine eigne. Niederländiſche Kaufleute unterſtützten den König freiwillig: die Häuſer Frei zu Campen, Schultis zu Enkhuyſen, Bur zu Amſterdam, Rath zu Alkmar werden als die vornehm- ſten Beförderer genannt. Chriſtiern gab ihnen dafür glän- zende und vortheilhafte Freibriefe. So gingen ſie am 15. October 1531 zu Medenblik in See. Die Lübecker verſicherten beim ſchmalkaldiſchen Bunde: es ſey dabei auch zugleich auf eine Zerſtörung des Prote- ſtantismus abgeſehn, mit allen Biſchöfen ein Einverſtänd- niß geſchloſſen. König Friedrich verſprach, mit ſeinen Erb- landen in den ſchmalkaldiſchen Bund zu treten, wenn we- nigſtens die vornehmſten Mitglieder deſſelben, Sachſen, Heſ- ſen und Lüneburg eine weltliche Einung auch in Bezug auf ſein Wahlreich 2 mit ihm ſchließen wollten. Denn 1 Literae Banneri ad Caesarem de gestis apud Vandalicas civitates s. a. Archiv zu Bruͤſſel. 2 Denn ſo iſt die bisherige Annahme zu modificiren. „Fuͤ- gen E. L. ganz freundlich zu wiſſen,“ ſagt Koͤnig Friedrich in einem Schreiben am Tage J. Joannis 1531 an Landgraf Philipp, „das

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/586>, abgerufen am 22.11.2024.