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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Französische Pläne.
Theilnahme zu bringen, nicht der geringsten. Er wollte
erst von dem Ruin der Kirche hören, ehe er etwas dage-
gen thue; zunächst sah er die Sache lediglich vom politi-
schen Standpunkt an.

Diese Lage der Dinge schien nun allerdings dem Kö-
nig die großartigste Aussicht zu eröffnen.

Am 18. Juni standen die Sieger zu Taugendorf an
der östreichischen Grenze. Meine Freunde, sagte Franz I,
haben Würtemberg erobert, nur mehr! weiter! Indessen
war auch Barbarossa in See erschienen, hatte die neapo-
litanische Küste weit und breit geplündert, und sich dann
auf Tunis gestürzt, das in seine Hände fiel. Er nahm,
wie wir weiter berichten werden, eine für Spanien überaus
drohende Stellung daselbst an. Franz I meinte, daß der
Kaiser unter so mannichfaltiger Gefahr seines Hauses
ihm nachgeben werde. Er forderte Genua, Montferrat,
und auf der Stelle wenigstens einen Theil von Mailand. 1
Die Pläne auf Urbino regten sich.

In Deutschland schien ein Feuer angezündet zu seyn,
welches nicht so leicht wieder gelöscht werden könne.

So wie der Kaiser Nachricht erhielt, schickte er auf
der Stelle einen Gesandten mit nicht unbedeutenden Geld-
mitteln ab, um ein Heer ins Feld zu bringen und den

liche Folgen nach sich ziehen sollte; wie das in den Zeiten des dreißig-
jährigen Krieges immer die Bedingung der Könige von Frankreich bei
der Unterstützung der Protestanten war. Daß eine solche Versiche-
rung nicht gehalten werden konnte, lag jedoch besonders bei dem
Eifer jener ersten Zeiten auch am Tage.
1 Man sieht das aus der Instruction des Kaisers für den
Prinzen von Nassau 12 Aug. 1534, welche v. Raumer (Briefe aus
Paris I, 262) excerpirt hat.
Ranke d. Gesch. III. 30

Franzoͤſiſche Plaͤne.
Theilnahme zu bringen, nicht der geringſten. Er wollte
erſt von dem Ruin der Kirche hören, ehe er etwas dage-
gen thue; zunächſt ſah er die Sache lediglich vom politi-
ſchen Standpunkt an.

Dieſe Lage der Dinge ſchien nun allerdings dem Kö-
nig die großartigſte Ausſicht zu eröffnen.

Am 18. Juni ſtanden die Sieger zu Taugendorf an
der öſtreichiſchen Grenze. Meine Freunde, ſagte Franz I,
haben Würtemberg erobert, nur mehr! weiter! Indeſſen
war auch Barbaroſſa in See erſchienen, hatte die neapo-
litaniſche Küſte weit und breit geplündert, und ſich dann
auf Tunis geſtürzt, das in ſeine Hände fiel. Er nahm,
wie wir weiter berichten werden, eine für Spanien überaus
drohende Stellung daſelbſt an. Franz I meinte, daß der
Kaiſer unter ſo mannichfaltiger Gefahr ſeines Hauſes
ihm nachgeben werde. Er forderte Genua, Montferrat,
und auf der Stelle wenigſtens einen Theil von Mailand. 1
Die Pläne auf Urbino regten ſich.

In Deutſchland ſchien ein Feuer angezündet zu ſeyn,
welches nicht ſo leicht wieder gelöſcht werden könne.

So wie der Kaiſer Nachricht erhielt, ſchickte er auf
der Stelle einen Geſandten mit nicht unbedeutenden Geld-
mitteln ab, um ein Heer ins Feld zu bringen und den

liche Folgen nach ſich ziehen ſollte; wie das in den Zeiten des dreißig-
jaͤhrigen Krieges immer die Bedingung der Koͤnige von Frankreich bei
der Unterſtuͤtzung der Proteſtanten war. Daß eine ſolche Verſiche-
rung nicht gehalten werden konnte, lag jedoch beſonders bei dem
Eifer jener erſten Zeiten auch am Tage.
1 Man ſieht das aus der Inſtruction des Kaiſers fuͤr den
Prinzen von Naſſau 12 Aug. 1534, welche v. Raumer (Briefe aus
Paris I, 262) excerpirt hat.
Ranke d. Geſch. III. 30
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[465/0481] Franzoͤſiſche Plaͤne. Theilnahme zu bringen, nicht der geringſten. Er wollte erſt von dem Ruin der Kirche hören, ehe er etwas dage- gen thue; zunächſt ſah er die Sache lediglich vom politi- ſchen Standpunkt an. Dieſe Lage der Dinge ſchien nun allerdings dem Kö- nig die großartigſte Ausſicht zu eröffnen. Am 18. Juni ſtanden die Sieger zu Taugendorf an der öſtreichiſchen Grenze. Meine Freunde, ſagte Franz I, haben Würtemberg erobert, nur mehr! weiter! Indeſſen war auch Barbaroſſa in See erſchienen, hatte die neapo- litaniſche Küſte weit und breit geplündert, und ſich dann auf Tunis geſtürzt, das in ſeine Hände fiel. Er nahm, wie wir weiter berichten werden, eine für Spanien überaus drohende Stellung daſelbſt an. Franz I meinte, daß der Kaiſer unter ſo mannichfaltiger Gefahr ſeines Hauſes ihm nachgeben werde. Er forderte Genua, Montferrat, und auf der Stelle wenigſtens einen Theil von Mailand. 1 Die Pläne auf Urbino regten ſich. In Deutſchland ſchien ein Feuer angezündet zu ſeyn, welches nicht ſo leicht wieder gelöſcht werden könne. So wie der Kaiſer Nachricht erhielt, ſchickte er auf der Stelle einen Geſandten mit nicht unbedeutenden Geld- mitteln ab, um ein Heer ins Feld zu bringen und den 1 1 Man ſieht das aus der Inſtruction des Kaiſers fuͤr den Prinzen von Naſſau 12 Aug. 1534, welche v. Raumer (Briefe aus Paris I, 262) excerpirt hat. 1 liche Folgen nach ſich ziehen ſollte; wie das in den Zeiten des dreißig- jaͤhrigen Krieges immer die Bedingung der Koͤnige von Frankreich bei der Unterſtuͤtzung der Proteſtanten war. Daß eine ſolche Verſiche- rung nicht gehalten werden konnte, lag jedoch beſonders bei dem Eifer jener erſten Zeiten auch am Tage. Ranke d. Geſch. III. 30

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/481>, abgerufen am 22.05.2024.