wurden die Beiträge bestimmt, die ein jeder besonders im Fall des Krieges zu leisten habe. Aber schon die Ver- handlungen zeigen, wie wenig zusammenhaltende Kraft dem- selben inwohnen konnte. Franz hatte eher den Vortheil davon, daß er Gelegenheit bekam, sich über die Feindselig- keit des Kaisers, die sich in diesen Vorkehrungen ausspreche, zu beklagen.
Und hätte der Kaiser gehofft, durch eine Abkunft die- ser Art das Verhältniß zwischen dem Papst und dem Kö- nig aufzulösen, so wäre er in einer schweren Täuschung be- fangen gewesen. Gegen eine so ehrenvolle Familienverbin- dung, wie die vorgeschlagene, vermochte keine Einwendung etwas auszurichten.
Im folgenden Herbst machte sich der Papst per- sönlich auf den Weg, um seine Nichte nach Frankreich zu führen. In Marseille hielt er eine Zusammenkunft mit König Franz, die ohne Vergleich wichtiger geworden ist, als die letzte mit dem Kaiser.
Die Natur der Sache bringt es leider mit sich, da die Verhandlungen mündlich gepflogen wurden, daß wir keine Aufzeichnungen finden, die uns darüber eine authen- tische Kunde zu gewähren vermöchten.
Allein wie man den Kaiser von Rom aus warnte, denn es sey nicht anders möglich, als daß der Papst mit dem König etwas gegen ihn vorhabe, 1 so versichern uns die florentinischen Vertrauten des Papstes, und ein so schar- fer und guter Beobachter wie der venezianische Gesandte, einstimmig, daß dieß geschehen sey.
1 Schreiben bei Sandoval XX, § 20: que no se descuy-
Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
wurden die Beiträge beſtimmt, die ein jeder beſonders im Fall des Krieges zu leiſten habe. Aber ſchon die Ver- handlungen zeigen, wie wenig zuſammenhaltende Kraft dem- ſelben inwohnen konnte. Franz hatte eher den Vortheil davon, daß er Gelegenheit bekam, ſich über die Feindſelig- keit des Kaiſers, die ſich in dieſen Vorkehrungen ausſpreche, zu beklagen.
Und hätte der Kaiſer gehofft, durch eine Abkunft die- ſer Art das Verhältniß zwiſchen dem Papſt und dem Kö- nig aufzulöſen, ſo wäre er in einer ſchweren Täuſchung be- fangen geweſen. Gegen eine ſo ehrenvolle Familienverbin- dung, wie die vorgeſchlagene, vermochte keine Einwendung etwas auszurichten.
Im folgenden Herbſt machte ſich der Papſt per- ſönlich auf den Weg, um ſeine Nichte nach Frankreich zu führen. In Marſeille hielt er eine Zuſammenkunft mit König Franz, die ohne Vergleich wichtiger geworden iſt, als die letzte mit dem Kaiſer.
Die Natur der Sache bringt es leider mit ſich, da die Verhandlungen mündlich gepflogen wurden, daß wir keine Aufzeichnungen finden, die uns darüber eine authen- tiſche Kunde zu gewähren vermöchten.
Allein wie man den Kaiſer von Rom aus warnte, denn es ſey nicht anders möglich, als daß der Papſt mit dem König etwas gegen ihn vorhabe, 1 ſo verſichern uns die florentiniſchen Vertrauten des Papſtes, und ein ſo ſchar- fer und guter Beobachter wie der venezianiſche Geſandte, einſtimmig, daß dieß geſchehen ſey.
1 Schreiben bei Sandoval XX, § 20: que no se descuy-
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Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
wurden die Beiträge beſtimmt, die ein jeder beſonders im
Fall des Krieges zu leiſten habe. Aber ſchon die Ver-
handlungen zeigen, wie wenig zuſammenhaltende Kraft dem-
ſelben inwohnen konnte. Franz hatte eher den Vortheil
davon, daß er Gelegenheit bekam, ſich über die Feindſelig-
keit des Kaiſers, die ſich in dieſen Vorkehrungen ausſpreche,
zu beklagen.
Und hätte der Kaiſer gehofft, durch eine Abkunft die-
ſer Art das Verhältniß zwiſchen dem Papſt und dem Kö-
nig aufzulöſen, ſo wäre er in einer ſchweren Täuſchung be-
fangen geweſen. Gegen eine ſo ehrenvolle Familienverbin-
dung, wie die vorgeſchlagene, vermochte keine Einwendung
etwas auszurichten.
Im folgenden Herbſt machte ſich der Papſt per-
ſönlich auf den Weg, um ſeine Nichte nach Frankreich
zu führen. In Marſeille hielt er eine Zuſammenkunft mit
König Franz, die ohne Vergleich wichtiger geworden iſt, als
die letzte mit dem Kaiſer.
Die Natur der Sache bringt es leider mit ſich, da
die Verhandlungen mündlich gepflogen wurden, daß wir
keine Aufzeichnungen finden, die uns darüber eine authen-
tiſche Kunde zu gewähren vermöchten.
Allein wie man den Kaiſer von Rom aus warnte,
denn es ſey nicht anders möglich, als daß der Papſt mit
dem König etwas gegen ihn vorhabe, 1 ſo verſichern uns
die florentiniſchen Vertrauten des Papſtes, und ein ſo ſchar-
fer und guter Beobachter wie der venezianiſche Geſandte,
einſtimmig, daß dieß geſchehen ſey.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/460>, abgerufen am 25.11.2024.
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