Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Zusammenkunft in Bologna 1533.
wenn ich mich dieses Ausdrucks bedienen darf, alles Spie-
gelfechterei. Ernstlich beabsichtigte man durch diese Missio-
nen nichts weiter, als den Deutschen den Gedanken des
Nationalconciliums auszureden. Darin allein verstanden
sich Kaiser und Papst. 1

Hierauf kam die Erhaltung des Friedens in Italien
zur Sprache. Der Kaiser glaubte einen Angriff Franz I
auf Genua erwarten zu müssen; und sein Entwurf war,
denselben durch ein gegenseitiges Vertheidigungsbündniß
aller italienischen Staaten zu verhüten. Allein auch hier-
bei sah er sich von dem Papst nur wenig unterstützt.
In Gegenwart des Kaisers sprach sich Clemens wohl für
diesen Bund aus, aber insgeheim ließ er den veneziani-
schen Gesandten wissen, was er da geäußert, habe er
nur als die Meinung des Kaisers gesagt, nicht als die
seine, er möge davon der Republik vorsichtige Meldung
thun. 2 Die Venezianer erklärten, ihr Verhältniß zu den
Osmanen hindere sie in ein Bündniß zu treten, das zu
Gunsten Andrea Doria's geschlossen werde. Eine andere
Schwierigkeit machten die Mißverhältnisse des Papstes mit
Ferrara. Nur mit großer Mühe konnte Clemens dahin
gebracht werden, dem Herzog auf 18 Monat Sicherheit
zuzusagen. 3 Endlich ward denn der Bund geschlossen; es

1 Auszug aus der Instruction für den Nuntius Ugo Rangoni
bei Pallavicini lib. III, c. XIII (V. I, p. 327).
2 que ce qu'il avoit dict present l'empereur, il l'avoit dict
comme opinion de l'empereur, mais non pas comme la sienne
et qu'il le fist entendre saigement a la Srie. L'eveque d'Auxerre
1. Janv.
1533.
3 Vergl. Guicciardini (damals Vicelegat in Bologna und zu
den Conferenzen zugezogen) lib. XX, p. 109.

Zuſammenkunft in Bologna 1533.
wenn ich mich dieſes Ausdrucks bedienen darf, alles Spie-
gelfechterei. Ernſtlich beabſichtigte man durch dieſe Miſſio-
nen nichts weiter, als den Deutſchen den Gedanken des
Nationalconciliums auszureden. Darin allein verſtanden
ſich Kaiſer und Papſt. 1

Hierauf kam die Erhaltung des Friedens in Italien
zur Sprache. Der Kaiſer glaubte einen Angriff Franz I
auf Genua erwarten zu müſſen; und ſein Entwurf war,
denſelben durch ein gegenſeitiges Vertheidigungsbündniß
aller italieniſchen Staaten zu verhüten. Allein auch hier-
bei ſah er ſich von dem Papſt nur wenig unterſtützt.
In Gegenwart des Kaiſers ſprach ſich Clemens wohl für
dieſen Bund aus, aber insgeheim ließ er den veneziani-
ſchen Geſandten wiſſen, was er da geäußert, habe er
nur als die Meinung des Kaiſers geſagt, nicht als die
ſeine, er möge davon der Republik vorſichtige Meldung
thun. 2 Die Venezianer erklärten, ihr Verhältniß zu den
Osmanen hindere ſie in ein Bündniß zu treten, das zu
Gunſten Andrea Doria’s geſchloſſen werde. Eine andere
Schwierigkeit machten die Mißverhältniſſe des Papſtes mit
Ferrara. Nur mit großer Mühe konnte Clemens dahin
gebracht werden, dem Herzog auf 18 Monat Sicherheit
zuzuſagen. 3 Endlich ward denn der Bund geſchloſſen; es

1 Auszug aus der Inſtruction fuͤr den Nuntius Ugo Rangoni
bei Pallavicini lib. III, c. XIII (V. I, p. 327).
2 que ce qu’il avoit dict present l’empereur, il l’avoit dict
comme opinion de l’empereur, mais non pas comme la sienne
et qu’il le fist entendre saigement à la Srie. L’eveque d’Auxerre
1. Janv.
1533.
3 Vergl. Guicciardini (damals Vicelegat in Bologna und zu
den Conferenzen zugezogen) lib. XX, p. 109.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0459" n="443"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zu&#x017F;ammenkunft in Bologna</hi> 1533.</fw><lb/>
wenn ich mich die&#x017F;es Ausdrucks bedienen darf, alles Spie-<lb/>
gelfechterei. Ern&#x017F;tlich beab&#x017F;ichtigte man durch die&#x017F;e Mi&#x017F;&#x017F;io-<lb/>
nen nichts weiter, als den Deut&#x017F;chen den Gedanken des<lb/>
Nationalconciliums auszureden. Darin allein ver&#x017F;tanden<lb/>
&#x017F;ich Kai&#x017F;er und Pap&#x017F;t. <note place="foot" n="1">Auszug aus der In&#x017F;truction fu&#x0364;r den Nuntius Ugo Rangoni<lb/>
bei Pallavicini <hi rendition="#aq">lib. III, c. XIII (V. I, p. 327).</hi></note></p><lb/>
          <p>Hierauf kam die Erhaltung des Friedens in Italien<lb/>
zur Sprache. Der Kai&#x017F;er glaubte einen Angriff Franz <hi rendition="#aq">I</hi><lb/>
auf Genua erwarten zu mü&#x017F;&#x017F;en; und &#x017F;ein Entwurf war,<lb/>
den&#x017F;elben durch ein gegen&#x017F;eitiges Vertheidigungsbündniß<lb/>
aller italieni&#x017F;chen Staaten zu verhüten. Allein auch hier-<lb/>
bei &#x017F;ah er &#x017F;ich von dem Pap&#x017F;t nur wenig unter&#x017F;tützt.<lb/>
In Gegenwart des Kai&#x017F;ers &#x017F;prach &#x017F;ich Clemens wohl für<lb/>
die&#x017F;en Bund aus, aber insgeheim ließ er den veneziani-<lb/>
&#x017F;chen Ge&#x017F;andten wi&#x017F;&#x017F;en, was er da geäußert, habe er<lb/>
nur als die Meinung des Kai&#x017F;ers ge&#x017F;agt, nicht als die<lb/>
&#x017F;eine, er möge davon der Republik vor&#x017F;ichtige Meldung<lb/>
thun. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">que ce qu&#x2019;il avoit dict present l&#x2019;empereur, il l&#x2019;avoit dict<lb/>
comme opinion de l&#x2019;empereur, mais non pas comme la sienne<lb/>
et qu&#x2019;il le fist entendre saigement à la S<hi rendition="#sup">rie.</hi> L&#x2019;eveque d&#x2019;Auxerre<lb/>
1. Janv.</hi> 1533.</note> Die Venezianer erklärten, ihr Verhältniß zu den<lb/>
Osmanen hindere &#x017F;ie in ein Bündniß zu treten, das zu<lb/>
Gun&#x017F;ten Andrea Doria&#x2019;s ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werde. Eine andere<lb/>
Schwierigkeit machten die Mißverhältni&#x017F;&#x017F;e des Pap&#x017F;tes mit<lb/>
Ferrara. Nur mit großer Mühe konnte Clemens dahin<lb/>
gebracht werden, dem Herzog auf 18 Monat Sicherheit<lb/>
zuzu&#x017F;agen. <note place="foot" n="3">Vergl. Guicciardini (damals Vicelegat in Bologna und zu<lb/>
den Conferenzen zugezogen) <hi rendition="#aq">lib. XX, p.</hi> 109.</note> Endlich ward denn der Bund ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[443/0459] Zuſammenkunft in Bologna 1533. wenn ich mich dieſes Ausdrucks bedienen darf, alles Spie- gelfechterei. Ernſtlich beabſichtigte man durch dieſe Miſſio- nen nichts weiter, als den Deutſchen den Gedanken des Nationalconciliums auszureden. Darin allein verſtanden ſich Kaiſer und Papſt. 1 Hierauf kam die Erhaltung des Friedens in Italien zur Sprache. Der Kaiſer glaubte einen Angriff Franz I auf Genua erwarten zu müſſen; und ſein Entwurf war, denſelben durch ein gegenſeitiges Vertheidigungsbündniß aller italieniſchen Staaten zu verhüten. Allein auch hier- bei ſah er ſich von dem Papſt nur wenig unterſtützt. In Gegenwart des Kaiſers ſprach ſich Clemens wohl für dieſen Bund aus, aber insgeheim ließ er den veneziani- ſchen Geſandten wiſſen, was er da geäußert, habe er nur als die Meinung des Kaiſers geſagt, nicht als die ſeine, er möge davon der Republik vorſichtige Meldung thun. 2 Die Venezianer erklärten, ihr Verhältniß zu den Osmanen hindere ſie in ein Bündniß zu treten, das zu Gunſten Andrea Doria’s geſchloſſen werde. Eine andere Schwierigkeit machten die Mißverhältniſſe des Papſtes mit Ferrara. Nur mit großer Mühe konnte Clemens dahin gebracht werden, dem Herzog auf 18 Monat Sicherheit zuzuſagen. 3 Endlich ward denn der Bund geſchloſſen; es 1 Auszug aus der Inſtruction fuͤr den Nuntius Ugo Rangoni bei Pallavicini lib. III, c. XIII (V. I, p. 327). 2 que ce qu’il avoit dict present l’empereur, il l’avoit dict comme opinion de l’empereur, mais non pas comme la sienne et qu’il le fist entendre saigement à la Srie. L’eveque d’Auxerre 1. Janv. 1533. 3 Vergl. Guicciardini (damals Vicelegat in Bologna und zu den Conferenzen zugezogen) lib. XX, p. 109.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/459
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/459>, abgerufen am 18.05.2024.