Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Gegenwirkung in Zürich. gengesetzten Gesinnungen und hartnäckigen Privatinteressenzu kämpfen. Im großen Rathe, der doch die kirchlichen Angelegenheiten leitete, gab es noch gegen Ende des Jah- res 1528 Leute, welche die alten Gebräuche vorzogen. Zwingli forderte auf dem Predigtstuhl die Reinigung des Rathes von den Gottlosen, denen das Wort Gottes nicht munden wolle. In der That schritt man endlich dazu, in den Zünften Einen nach dem Andern zu verhören, ob er sich zum Tisch des Herr halten wolle, wie andre Chri- stenmenschen, und schloß diejenigen von dem Rathe aus, die das verweigerten. 1 Doch war damit noch nicht alles geschehn. Unter den adlichen Geschlechtern gab es noch gar Manche, welche die frühern Jahrgelder nur ungern entbehrten, und nicht alle Verhältnisse zu den Oberhäup- tern in den fünf Orten abgebrochen hatten. Konnte Zwingli diesen Zusammenhang nicht zerreißen, so war er doch ent- schlossen ihn unschädlich zu machen. Der Einfluß der Ge- schlechter in Zürich beruhte darauf, daß während von je- der der übrigen Zünfte nur immer drei Mitglieder in den kleinen und zwölf in den großen Rath traten, die adliche Zunft, die Constafel das Vorrecht besaß, aus ihrer Mitte sechs in jenen, und achtzehn in diesen treten zu lassen. 2 Zwingli war mächtig genug, diese Ungleichheit abzuschaffen; 1 Bernhard Weiß p. 91 glücklicherweise umständlicher als Bul- linger. Die Schwierigkeit des Zustandes deutet auch folgende Stelle bei Zwingli selbst an; An non optimi quique acinnocentissimi cum senatores tum plebei sic me colunt ac tuentur, ut nisi id con- stantissime facerent, minor esset publica tranquillitas. Respon- sio ad amici haud vulgaris epistolam. Gualth. II, 323 2 Vgl. Bluntschli Staats- und Rechtsgeschichte von Zürich I, 359. Leider werden die obigen Verhältnisse in diesem Buche später nicht erörtert. 23*
Gegenwirkung in Zuͤrich. gengeſetzten Geſinnungen und hartnäckigen Privatintereſſenzu kämpfen. Im großen Rathe, der doch die kirchlichen Angelegenheiten leitete, gab es noch gegen Ende des Jah- res 1528 Leute, welche die alten Gebräuche vorzogen. Zwingli forderte auf dem Predigtſtuhl die Reinigung des Rathes von den Gottloſen, denen das Wort Gottes nicht munden wolle. In der That ſchritt man endlich dazu, in den Zünften Einen nach dem Andern zu verhören, ob er ſich zum Tiſch des Herr halten wolle, wie andre Chri- ſtenmenſchen, und ſchloß diejenigen von dem Rathe aus, die das verweigerten. 1 Doch war damit noch nicht alles geſchehn. Unter den adlichen Geſchlechtern gab es noch gar Manche, welche die frühern Jahrgelder nur ungern entbehrten, und nicht alle Verhältniſſe zu den Oberhäup- tern in den fünf Orten abgebrochen hatten. Konnte Zwingli dieſen Zuſammenhang nicht zerreißen, ſo war er doch ent- ſchloſſen ihn unſchädlich zu machen. Der Einfluß der Ge- ſchlechter in Zürich beruhte darauf, daß während von je- der der übrigen Zünfte nur immer drei Mitglieder in den kleinen und zwölf in den großen Rath traten, die adliche Zunft, die Conſtafel das Vorrecht beſaß, aus ihrer Mitte ſechs in jenen, und achtzehn in dieſen treten zu laſſen. 2 Zwingli war mächtig genug, dieſe Ungleichheit abzuſchaffen; 1 Bernhard Weiß p. 91 gluͤcklicherweiſe umſtaͤndlicher als Bul- linger. Die Schwierigkeit des Zuſtandes deutet auch folgende Stelle bei Zwingli ſelbſt an; An non optimi quique acinnocentissimi cum senatores tum plebei sic me colunt ac tuentur, ut nisi id con- stantissime facerent, minor esset publica tranquillitas. Respon- sio ad amici haud vulgaris epistolam. Gualth. II, 323 2 Vgl. Bluntſchli Staats- und Rechtsgeſchichte von Zuͤrich I, 359. Leider werden die obigen Verhaͤltniſſe in dieſem Buche ſpaͤter nicht eroͤrtert. 23*
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Gegenwirkung in Zuͤrich.
gengeſetzten Geſinnungen und hartnäckigen Privatintereſſen
zu kämpfen. Im großen Rathe, der doch die kirchlichen
Angelegenheiten leitete, gab es noch gegen Ende des Jah-
res 1528 Leute, welche die alten Gebräuche vorzogen.
Zwingli forderte auf dem Predigtſtuhl die Reinigung des
Rathes von den Gottloſen, denen das Wort Gottes nicht
munden wolle. In der That ſchritt man endlich dazu,
in den Zünften Einen nach dem Andern zu verhören, ob
er ſich zum Tiſch des Herr halten wolle, wie andre Chri-
ſtenmenſchen, und ſchloß diejenigen von dem Rathe aus,
die das verweigerten. 1 Doch war damit noch nicht alles
geſchehn. Unter den adlichen Geſchlechtern gab es noch
gar Manche, welche die frühern Jahrgelder nur ungern
entbehrten, und nicht alle Verhältniſſe zu den Oberhäup-
tern in den fünf Orten abgebrochen hatten. Konnte Zwingli
dieſen Zuſammenhang nicht zerreißen, ſo war er doch ent-
ſchloſſen ihn unſchädlich zu machen. Der Einfluß der Ge-
ſchlechter in Zürich beruhte darauf, daß während von je-
der der übrigen Zünfte nur immer drei Mitglieder in den
kleinen und zwölf in den großen Rath traten, die adliche
Zunft, die Conſtafel das Vorrecht beſaß, aus ihrer Mitte
ſechs in jenen, und achtzehn in dieſen treten zu laſſen. 2
Zwingli war mächtig genug, dieſe Ungleichheit abzuſchaffen;
1 Bernhard Weiß p. 91 gluͤcklicherweiſe umſtaͤndlicher als Bul-
linger. Die Schwierigkeit des Zuſtandes deutet auch folgende Stelle
bei Zwingli ſelbſt an; An non optimi quique acinnocentissimi cum
senatores tum plebei sic me colunt ac tuentur, ut nisi id con-
stantissime facerent, minor esset publica tranquillitas. Respon-
sio ad amici haud vulgaris epistolam. Gualth. II, 323
2 Vgl. Bluntſchli Staats- und Rechtsgeſchichte von Zuͤrich I,
359. Leider werden die obigen Verhaͤltniſſe in dieſem Buche ſpaͤter
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