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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Befreiung des Papstes.
über den Gang der Unterhandlung. Wir haben nur den
Vertrag, der am 26. November zu Stande kam, kraft des-
sen der Papst nun nicht allein in seine geistliche Amtsfüh-
rung, sondern auch in seine weltliche Gewalt wiederherge-
stellt werden sollte. Der Kaiser begnügte sich mit der Ueber-
lieferung einiger wenigen festen Plätze, Ostia, Civitavecchia,
Civitacastellana. Der Papst versprach ein Concilium zur
Einigung und Reformirung der Kirche zu berufen und zur
Befriedigung des Kriegsvolkes so viel als möglich beizu-
tragen. 1 Die definitive Bezahlung desselben sollte durch
eine große Säcularisation geistlicher Güter im Neapolitani-
schen bewirkt werden.

Auch noch über einen andern Punct, dessen die Tractate
nicht gedenken, soll hier verhandelt worden seyn. Der Papst
soll gleich damals dem Kaiser versprochen haben, nicht in
die Ehescheidung des Königs von England zu willigen.

Hierauf ward Clemens VII wieder frei. Er besetzte die
Engelsburg mit seinem eigenen Volke, ließ alle Glocken
läuten, und ernannte aufs neue die Beamten der Kammer
und der Stadt. Mit jenen weitaussehenden Plänen einer
Beschränkung des Papstes auf seine geistliche Gewalt, einer
Abführung desselben nach einer Festung war es vorbei; viel-
mehr kam jetzt die Zukunft der eigenen Macht des Kai-
sers in Italien aufs neue in Frage.



Zunächst fehlte noch viel, daß der Papst dem Kaiser
oder den Beamten desselben getraut, daß er sich im Frie-

1 Vereinigungsbrief zwischen Papst Clemens und Carl V bei
Reisner p. 155. Die Worte des Eingangs sind jedoch mehr eine
Formel des Ausdrucks, als eine historische Wahrheit.

Befreiung des Papſtes.
über den Gang der Unterhandlung. Wir haben nur den
Vertrag, der am 26. November zu Stande kam, kraft deſ-
ſen der Papſt nun nicht allein in ſeine geiſtliche Amtsfüh-
rung, ſondern auch in ſeine weltliche Gewalt wiederherge-
ſtellt werden ſollte. Der Kaiſer begnügte ſich mit der Ueber-
lieferung einiger wenigen feſten Plätze, Oſtia, Civitavecchia,
Civitacaſtellana. Der Papſt verſprach ein Concilium zur
Einigung und Reformirung der Kirche zu berufen und zur
Befriedigung des Kriegsvolkes ſo viel als möglich beizu-
tragen. 1 Die definitive Bezahlung deſſelben ſollte durch
eine große Säculariſation geiſtlicher Güter im Neapolitani-
ſchen bewirkt werden.

Auch noch über einen andern Punct, deſſen die Tractate
nicht gedenken, ſoll hier verhandelt worden ſeyn. Der Papſt
ſoll gleich damals dem Kaiſer verſprochen haben, nicht in
die Eheſcheidung des Königs von England zu willigen.

Hierauf ward Clemens VII wieder frei. Er beſetzte die
Engelsburg mit ſeinem eigenen Volke, ließ alle Glocken
läuten, und ernannte aufs neue die Beamten der Kammer
und der Stadt. Mit jenen weitausſehenden Plänen einer
Beſchränkung des Papſtes auf ſeine geiſtliche Gewalt, einer
Abführung deſſelben nach einer Feſtung war es vorbei; viel-
mehr kam jetzt die Zukunft der eigenen Macht des Kai-
ſers in Italien aufs neue in Frage.



Zunächſt fehlte noch viel, daß der Papſt dem Kaiſer
oder den Beamten deſſelben getraut, daß er ſich im Frie-

1 Vereinigungsbrief zwiſchen Papſt Clemens und Carl V bei
Reisner p. 155. Die Worte des Eingangs ſind jedoch mehr eine
Formel des Ausdrucks, als eine hiſtoriſche Wahrheit.
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[21/0037] Befreiung des Papſtes. über den Gang der Unterhandlung. Wir haben nur den Vertrag, der am 26. November zu Stande kam, kraft deſ- ſen der Papſt nun nicht allein in ſeine geiſtliche Amtsfüh- rung, ſondern auch in ſeine weltliche Gewalt wiederherge- ſtellt werden ſollte. Der Kaiſer begnügte ſich mit der Ueber- lieferung einiger wenigen feſten Plätze, Oſtia, Civitavecchia, Civitacaſtellana. Der Papſt verſprach ein Concilium zur Einigung und Reformirung der Kirche zu berufen und zur Befriedigung des Kriegsvolkes ſo viel als möglich beizu- tragen. 1 Die definitive Bezahlung deſſelben ſollte durch eine große Säculariſation geiſtlicher Güter im Neapolitani- ſchen bewirkt werden. Auch noch über einen andern Punct, deſſen die Tractate nicht gedenken, ſoll hier verhandelt worden ſeyn. Der Papſt ſoll gleich damals dem Kaiſer verſprochen haben, nicht in die Eheſcheidung des Königs von England zu willigen. Hierauf ward Clemens VII wieder frei. Er beſetzte die Engelsburg mit ſeinem eigenen Volke, ließ alle Glocken läuten, und ernannte aufs neue die Beamten der Kammer und der Stadt. Mit jenen weitausſehenden Plänen einer Beſchränkung des Papſtes auf ſeine geiſtliche Gewalt, einer Abführung deſſelben nach einer Feſtung war es vorbei; viel- mehr kam jetzt die Zukunft der eigenen Macht des Kai- ſers in Italien aufs neue in Frage. Zunächſt fehlte noch viel, daß der Papſt dem Kaiſer oder den Beamten deſſelben getraut, daß er ſich im Frie- 1 Vereinigungsbrief zwiſchen Papſt Clemens und Carl V bei Reisner p. 155. Die Worte des Eingangs ſind jedoch mehr eine Formel des Ausdrucks, als eine hiſtoriſche Wahrheit.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/37>, abgerufen am 26.04.2024.