ihres Bundes mit Ferdinand noch in Cappel herauszuge- ben. Die Vermittler verhinderten, daß sie verlesen würde; sie hätten gefürchtet, der alte Widerwille möchte dadurch wieder angefacht werden. Ammann Ebli durchstach den Bundesbrief als er zum Vorschein kam mit seinem Messer und zerriß ihn; die Umstehenden griffen nach dem Wachs der Siegel.
In Folge des unläugbaren Vortheils der Evangeli- schen nahm nun die Reform nach dem Frieden einen noch viel raschern Fortgang.
Bei Bullinger kann man sehen, in wie viel gemein- schaftlichen Orten sich eine Majorität für dieselbe bildete, wie er sich ausdrückt, "das Gotteswort ermehret ward." Noch im Jahre 1529 konnte Zwingli eine Synode im Thur- gau halten und das Land evangelisch einrichten. Große Abteien wie Wettingen und Hitzkirch traten über; in Wet- tingen waren in allem nur zwei Mönche, die sich weiger- ten. Der Abt Georg Müller in Baden sorgte nur, daß die Bilder, die er aus der Kirche schaffte. nicht wie an so vielen andern Orten vernichtet würden. 1 Endlich ward von Groß- und Kleinräthen in Schafhausen beschlossen, daß man die Messe und Bilder abschaffen sollte. Nicht ohne verhaltenen Schmerz berichtet Hans Stockar, wie Freitag nach Michaelis "der groß Gott im Münster" von dannen gethan ward. 2 Die Stadt trat in das Bürger- recht von Bern, Basel und Zürich. In Solothurn mußte den Neugläubigen fürs Erste wenigstens eine Kirche bewil-
1 Aus N. Manuels Missiven bei Grüneisen p. 135.
2 Tagebuch 201.
Weitere Fortſchritte der Reform.
ihres Bundes mit Ferdinand noch in Cappel herauszuge- ben. Die Vermittler verhinderten, daß ſie verleſen würde; ſie hätten gefürchtet, der alte Widerwille möchte dadurch wieder angefacht werden. Ammann Ebli durchſtach den Bundesbrief als er zum Vorſchein kam mit ſeinem Meſſer und zerriß ihn; die Umſtehenden griffen nach dem Wachs der Siegel.
In Folge des unläugbaren Vortheils der Evangeli- ſchen nahm nun die Reform nach dem Frieden einen noch viel raſchern Fortgang.
Bei Bullinger kann man ſehen, in wie viel gemein- ſchaftlichen Orten ſich eine Majorität für dieſelbe bildete, wie er ſich ausdrückt, „das Gotteswort ermehret ward.“ Noch im Jahre 1529 konnte Zwingli eine Synode im Thur- gau halten und das Land evangeliſch einrichten. Große Abteien wie Wettingen und Hitzkirch traten über; in Wet- tingen waren in allem nur zwei Mönche, die ſich weiger- ten. Der Abt Georg Müller in Baden ſorgte nur, daß die Bilder, die er aus der Kirche ſchaffte. nicht wie an ſo vielen andern Orten vernichtet würden. 1 Endlich ward von Groß- und Kleinräthen in Schafhauſen beſchloſſen, daß man die Meſſe und Bilder abſchaffen ſollte. Nicht ohne verhaltenen Schmerz berichtet Hans Stockar, wie Freitag nach Michaelis „der groß Gott im Münſter“ von dannen gethan ward. 2 Die Stadt trat in das Bürger- recht von Bern, Baſel und Zürich. In Solothurn mußte den Neugläubigen fürs Erſte wenigſtens eine Kirche bewil-
1 Aus N. Manuels Miſſiven bei Gruͤneiſen p. 135.
2 Tagebuch 201.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0349"n="333"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Weitere Fortſchritte der Reform</hi>.</fw><lb/>
ihres Bundes mit Ferdinand noch in Cappel herauszuge-<lb/>
ben. Die Vermittler verhinderten, daß ſie verleſen würde;<lb/>ſie hätten gefürchtet, der alte Widerwille möchte dadurch<lb/>
wieder angefacht werden. Ammann Ebli durchſtach den<lb/>
Bundesbrief als er zum Vorſchein kam mit ſeinem Meſſer<lb/>
und zerriß ihn; die Umſtehenden griffen nach dem Wachs<lb/>
der Siegel.</p><lb/><p>In Folge des unläugbaren Vortheils der Evangeli-<lb/>ſchen nahm nun die Reform nach dem Frieden einen noch<lb/>
viel raſchern Fortgang.</p><lb/><p>Bei Bullinger kann man ſehen, in wie viel gemein-<lb/>ſchaftlichen Orten ſich eine Majorität für dieſelbe bildete,<lb/>
wie er ſich ausdrückt, „das Gotteswort ermehret ward.“<lb/>
Noch im Jahre 1529 konnte Zwingli eine Synode im Thur-<lb/>
gau halten und das Land evangeliſch einrichten. Große<lb/>
Abteien wie Wettingen und Hitzkirch traten über; in Wet-<lb/>
tingen waren in allem nur zwei Mönche, die ſich weiger-<lb/>
ten. Der Abt Georg Müller in Baden ſorgte nur, daß<lb/>
die Bilder, die er aus der Kirche ſchaffte. nicht wie an<lb/>ſo vielen andern Orten vernichtet würden. <noteplace="foot"n="1">Aus N. Manuels Miſſiven bei Gruͤneiſen <hirendition="#aq">p.</hi> 135.</note> Endlich ward<lb/>
von Groß- und Kleinräthen in Schafhauſen beſchloſſen,<lb/>
daß man die Meſſe und Bilder abſchaffen ſollte. Nicht<lb/>
ohne verhaltenen Schmerz berichtet Hans Stockar, wie<lb/>
Freitag nach Michaelis „der groß Gott im Münſter“ von<lb/>
dannen gethan ward. <noteplace="foot"n="2">Tagebuch 201.</note> Die Stadt trat in das Bürger-<lb/>
recht von Bern, Baſel und Zürich. In Solothurn mußte<lb/>
den Neugläubigen fürs Erſte wenigſtens eine Kirche bewil-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[333/0349]
Weitere Fortſchritte der Reform.
ihres Bundes mit Ferdinand noch in Cappel herauszuge-
ben. Die Vermittler verhinderten, daß ſie verleſen würde;
ſie hätten gefürchtet, der alte Widerwille möchte dadurch
wieder angefacht werden. Ammann Ebli durchſtach den
Bundesbrief als er zum Vorſchein kam mit ſeinem Meſſer
und zerriß ihn; die Umſtehenden griffen nach dem Wachs
der Siegel.
In Folge des unläugbaren Vortheils der Evangeli-
ſchen nahm nun die Reform nach dem Frieden einen noch
viel raſchern Fortgang.
Bei Bullinger kann man ſehen, in wie viel gemein-
ſchaftlichen Orten ſich eine Majorität für dieſelbe bildete,
wie er ſich ausdrückt, „das Gotteswort ermehret ward.“
Noch im Jahre 1529 konnte Zwingli eine Synode im Thur-
gau halten und das Land evangeliſch einrichten. Große
Abteien wie Wettingen und Hitzkirch traten über; in Wet-
tingen waren in allem nur zwei Mönche, die ſich weiger-
ten. Der Abt Georg Müller in Baden ſorgte nur, daß
die Bilder, die er aus der Kirche ſchaffte. nicht wie an
ſo vielen andern Orten vernichtet würden. 1 Endlich ward
von Groß- und Kleinräthen in Schafhauſen beſchloſſen,
daß man die Meſſe und Bilder abſchaffen ſollte. Nicht
ohne verhaltenen Schmerz berichtet Hans Stockar, wie
Freitag nach Michaelis „der groß Gott im Münſter“ von
dannen gethan ward. 2 Die Stadt trat in das Bürger-
recht von Bern, Baſel und Zürich. In Solothurn mußte
den Neugläubigen fürs Erſte wenigſtens eine Kirche bewil-
1 Aus N. Manuels Miſſiven bei Gruͤneiſen p. 135.
2 Tagebuch 201.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/349>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.