vorschlug, nicht für angemessen, weil man nicht so tief in die Regierung der einzelnen Orte eingreifen dürfe.
Aus der eignen evangelischen Partei gingen die Hin- dernisse hervor, die den Reformator abhielten, seine Ab- sichten mit den Waffen in der Hand durchzusetzen.
Es kam zu Unterhandlungen, die bei der Kraft, welche die Gegenpartei noch immer besaß, und bei der Gesinnung, die in den Verbündeten noch überwog, 1 nicht zu dem reinen Resultat führen konnten, das Zwingli vor Augen hatte.
Es war schon genug, daß die Fünforte sich bequem- ten das Ferdinandische Bündniß auszuliefern, Erstattung der Kriegskosten, Bestrafung der Schmähreden versprachen, und in die Satzung der Bürgerstädte, daß in den gemeinen Herrschaften die Mehrheit in einem Kirchspiel über den Glauben zu entscheiden habe, förmlich einwilligten. Auch von dem Verbot der Jahrgelder und der Freiheit des Evan- geliums war die Rede. Aber sie wurden bei weitem nicht so unumwunden zugestanden, wie Zwingli gewünscht hätte. Die Abschaffung der Pensionen erschien nur als eine Bitte der Bürgerstädte an die Fünforte. Statt der Freiheit der Predigt hieß es nur, kein Theil wolle den Glauben des andern strafen. 2
Und auch so schien nun doch nicht wenig erreicht zu seyn.
Die fünf Orte mußten sich entschließen, die Urkunde
1 Hans Stockar von Schafhausen Tagebuch 199. "Dye von Zürych mianttend, uns hye och jn zu zychen, das nun wyder unser Bunntbryef was und uns nitt zustund."
2 Landsfried zu Cappel ufgericht: 25. Juni 1529 bei Bullin- ger II, 185.
Sechstes Buch. Zweites Capitel.
vorſchlug, nicht für angemeſſen, weil man nicht ſo tief in die Regierung der einzelnen Orte eingreifen dürfe.
Aus der eignen evangeliſchen Partei gingen die Hin- derniſſe hervor, die den Reformator abhielten, ſeine Ab- ſichten mit den Waffen in der Hand durchzuſetzen.
Es kam zu Unterhandlungen, die bei der Kraft, welche die Gegenpartei noch immer beſaß, und bei der Geſinnung, die in den Verbündeten noch überwog, 1 nicht zu dem reinen Reſultat führen konnten, das Zwingli vor Augen hatte.
Es war ſchon genug, daß die Fünforte ſich bequem- ten das Ferdinandiſche Bündniß auszuliefern, Erſtattung der Kriegskoſten, Beſtrafung der Schmähreden verſprachen, und in die Satzung der Bürgerſtädte, daß in den gemeinen Herrſchaften die Mehrheit in einem Kirchſpiel über den Glauben zu entſcheiden habe, förmlich einwilligten. Auch von dem Verbot der Jahrgelder und der Freiheit des Evan- geliums war die Rede. Aber ſie wurden bei weitem nicht ſo unumwunden zugeſtanden, wie Zwingli gewünſcht hätte. Die Abſchaffung der Penſionen erſchien nur als eine Bitte der Bürgerſtädte an die Fünforte. Statt der Freiheit der Predigt hieß es nur, kein Theil wolle den Glauben des andern ſtrafen. 2
Und auch ſo ſchien nun doch nicht wenig erreicht zu ſeyn.
Die fünf Orte mußten ſich entſchließen, die Urkunde
1 Hans Stockar von Schafhauſen Tagebuch 199. „Dye von Zuͤrych mianttend, uns hye och jn zu zychen, das nun wyder unſer Bunntbryef was und uns nitt zuſtund.“
2 Landsfried zu Cappel ufgericht: 25. Juni 1529 bei Bullin- ger II, 185.
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Sechstes Buch. Zweites Capitel.
vorſchlug, nicht für angemeſſen, weil man nicht ſo tief in
die Regierung der einzelnen Orte eingreifen dürfe.
Aus der eignen evangeliſchen Partei gingen die Hin-
derniſſe hervor, die den Reformator abhielten, ſeine Ab-
ſichten mit den Waffen in der Hand durchzuſetzen.
Es kam zu Unterhandlungen, die bei der Kraft, welche
die Gegenpartei noch immer beſaß, und bei der Geſinnung,
die in den Verbündeten noch überwog, 1 nicht zu dem reinen
Reſultat führen konnten, das Zwingli vor Augen hatte.
Es war ſchon genug, daß die Fünforte ſich bequem-
ten das Ferdinandiſche Bündniß auszuliefern, Erſtattung
der Kriegskoſten, Beſtrafung der Schmähreden verſprachen,
und in die Satzung der Bürgerſtädte, daß in den gemeinen
Herrſchaften die Mehrheit in einem Kirchſpiel über den
Glauben zu entſcheiden habe, förmlich einwilligten. Auch
von dem Verbot der Jahrgelder und der Freiheit des Evan-
geliums war die Rede. Aber ſie wurden bei weitem nicht
ſo unumwunden zugeſtanden, wie Zwingli gewünſcht hätte.
Die Abſchaffung der Penſionen erſchien nur als eine Bitte
der Bürgerſtädte an die Fünforte. Statt der Freiheit der
Predigt hieß es nur, kein Theil wolle den Glauben des
andern ſtrafen. 2
Und auch ſo ſchien nun doch nicht wenig erreicht
zu ſeyn.
Die fünf Orte mußten ſich entſchließen, die Urkunde
1 Hans Stockar von Schafhauſen Tagebuch 199. „Dye von
Zuͤrych mianttend, uns hye och jn zu zychen, das nun wyder unſer
Bunntbryef was und uns nitt zuſtund.“
2 Landsfried zu Cappel ufgericht: 25. Juni 1529 bei Bullin-
ger II, 185.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/348>, abgerufen am 22.11.2024.
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