Baden aufreiten sollte, erklärte es geradezn, dieß nicht dul- den zu wollen. Es wolle mit den Unterwaldern überhaupt keine Gemeinschaft mehr haben; es werde ihnen fortan in den Herrschaften, die auch ihnen gemein seyen, keine Be- vogtung mehr gestatten. 1
Den Schwytzern hatte Zürich längst angekündigt, sich rächen zu wollen, wenn dem Prediger ihrem Hintersassen Gewalt geschehe. Seine Hinrichtung war das Zeichen des Krieges.
Am 5. Juni rückte das erste zürcherische Fähnlein aus, um die freien Aemter vor einer blutigen Wieder- herstellung des alten Glaubens zu schützen; bald darauf ein zweites nach Thurgau und Rheinthal, ein drittes, um den schwytzerischen Antheil an Gaster, der zu dem Tode des Predigers Anlaß gegeben, zu besetzen. Da hierauf auch die Feinde sich unverweilt zu Bar am Boden sammelten, so zog am 9. Juni auch das große Banner der Stadt aus, unter dem Bannerherrn Hans Schweizer, der es schon in den mailändischen Kriegen getragen.
So standen, zum ersten Mal in Folge der religiösen Unruhen, ein paar schlagfertige Heere, nicht von Bauern und Herren wie früher, sondern von gleich berechtigten Gegnern, einander gegenüber. "Sie sind so voll Haß ge- geneinander," sagt König Ferdinand, "daß man nichts anders als Thätlichkeiten erwarten darf."
Ohne Zweifel aber hatten die Evangelischen in diesem Augenblicke das Uebergewicht.
Das zürcherische Heer hatte seines Gleichen nicht. Es
1 Ecks Repulsio macht ihnen das besonders zum Vorwurf.
Kriegsgefahr, 1529.
Baden aufreiten ſollte, erklärte es geradezn, dieß nicht dul- den zu wollen. Es wolle mit den Unterwaldern überhaupt keine Gemeinſchaft mehr haben; es werde ihnen fortan in den Herrſchaften, die auch ihnen gemein ſeyen, keine Be- vogtung mehr geſtatten. 1
Den Schwytzern hatte Zürich längſt angekündigt, ſich rächen zu wollen, wenn dem Prediger ihrem Hinterſaſſen Gewalt geſchehe. Seine Hinrichtung war das Zeichen des Krieges.
Am 5. Juni rückte das erſte zürcheriſche Fähnlein aus, um die freien Aemter vor einer blutigen Wieder- herſtellung des alten Glaubens zu ſchützen; bald darauf ein zweites nach Thurgau und Rheinthal, ein drittes, um den ſchwytzeriſchen Antheil an Gaſter, der zu dem Tode des Predigers Anlaß gegeben, zu beſetzen. Da hierauf auch die Feinde ſich unverweilt zu Bar am Boden ſammelten, ſo zog am 9. Juni auch das große Banner der Stadt aus, unter dem Bannerherrn Hans Schweizer, der es ſchon in den mailändiſchen Kriegen getragen.
So ſtanden, zum erſten Mal in Folge der religiöſen Unruhen, ein paar ſchlagfertige Heere, nicht von Bauern und Herren wie früher, ſondern von gleich berechtigten Gegnern, einander gegenüber. „Sie ſind ſo voll Haß ge- geneinander,“ ſagt König Ferdinand, „daß man nichts anders als Thätlichkeiten erwarten darf.“
Ohne Zweifel aber hatten die Evangeliſchen in dieſem Augenblicke das Uebergewicht.
Das zürcheriſche Heer hatte ſeines Gleichen nicht. Es
1 Ecks Repulsio macht ihnen das beſonders zum Vorwurf.
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Kriegsgefahr, 1529.
Baden aufreiten ſollte, erklärte es geradezn, dieß nicht dul-
den zu wollen. Es wolle mit den Unterwaldern überhaupt
keine Gemeinſchaft mehr haben; es werde ihnen fortan in
den Herrſchaften, die auch ihnen gemein ſeyen, keine Be-
vogtung mehr geſtatten. 1
Den Schwytzern hatte Zürich längſt angekündigt, ſich
rächen zu wollen, wenn dem Prediger ihrem Hinterſaſſen
Gewalt geſchehe. Seine Hinrichtung war das Zeichen des
Krieges.
Am 5. Juni rückte das erſte zürcheriſche Fähnlein
aus, um die freien Aemter vor einer blutigen Wieder-
herſtellung des alten Glaubens zu ſchützen; bald darauf
ein zweites nach Thurgau und Rheinthal, ein drittes, um
den ſchwytzeriſchen Antheil an Gaſter, der zu dem Tode
des Predigers Anlaß gegeben, zu beſetzen. Da hierauf auch
die Feinde ſich unverweilt zu Bar am Boden ſammelten,
ſo zog am 9. Juni auch das große Banner der Stadt aus,
unter dem Bannerherrn Hans Schweizer, der es ſchon in
den mailändiſchen Kriegen getragen.
So ſtanden, zum erſten Mal in Folge der religiöſen
Unruhen, ein paar ſchlagfertige Heere, nicht von Bauern
und Herren wie früher, ſondern von gleich berechtigten
Gegnern, einander gegenüber. „Sie ſind ſo voll Haß ge-
geneinander,“ ſagt König Ferdinand, „daß man nichts
anders als Thätlichkeiten erwarten darf.“
Ohne Zweifel aber hatten die Evangeliſchen in dieſem
Augenblicke das Uebergewicht.
Das zürcheriſche Heer hatte ſeines Gleichen nicht. Es
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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