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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Achtes Capitel.

Die vornehmste Frage blieb, welche Haltung Kaiser
und Majorität in ihrem Verhältniß zu den Ständen, die
ihren Abschied verworfen hatten, nunmehr ergreifen würden.

So viel ich sehe, war der Kaiser mehr für einen un-
mittelbaren Angriff, die Majorität mehr für weiteres Ver-
schieben der Waffengewalt.

Auf wiederholtes Anfragen gab sie ihr Gutachten da-
hin ab, daß der Kaiser ein neues Religionsmandat auf den
Grund des Edictes von Worms ausgehen lassen möge.
Verweigere Sachsen mit seinen Anhängern demselben seinen
Gehorsam, so möge der Kaiser sie vorladen, die gebühr-
liche Pön gegen sie erkennen und zur Ausführung dersel-
ben schreiten.

In diesem Sinne ist nun auch der Reichsabschied ver-
faßt worden.

Der Kaiser verkündigt darin den ernstlichen Entschluß,
sein Edict von Worms zu vollziehn; eine Menge Abwei-
chungen von demselben führt er an, die er alle verwirft,
gleichviel ob sie lutherisch, zwinglisch oder wiedertäuferisch
lauten; er schärft die Handhabung der angegriffenen Ge-
bräuche und Lehren einzeln ein, und bestätigt aufs neue
die Gerechtigkeiten der geistlichen Fürsten. Gegen die Un-
gehorsamen soll der kaiserliche Fiscal gerichtlich und zwar
bis zur Strafe der Acht, die nach den Anordnungen des
Landfriedens auszuführen ist, procediren.

Man versäumte nicht, und das ist einer der Haupt-
punkte, auf den wir sogleich zurückkommen werden, das
Kammergericht neu zu constituiren und auf diesen Abschied
zu verpflichten.


Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.

Die vornehmſte Frage blieb, welche Haltung Kaiſer
und Majorität in ihrem Verhältniß zu den Ständen, die
ihren Abſchied verworfen hatten, nunmehr ergreifen würden.

So viel ich ſehe, war der Kaiſer mehr für einen un-
mittelbaren Angriff, die Majorität mehr für weiteres Ver-
ſchieben der Waffengewalt.

Auf wiederholtes Anfragen gab ſie ihr Gutachten da-
hin ab, daß der Kaiſer ein neues Religionsmandat auf den
Grund des Edictes von Worms ausgehen laſſen möge.
Verweigere Sachſen mit ſeinen Anhängern demſelben ſeinen
Gehorſam, ſo möge der Kaiſer ſie vorladen, die gebühr-
liche Pön gegen ſie erkennen und zur Ausführung derſel-
ben ſchreiten.

In dieſem Sinne iſt nun auch der Reichsabſchied ver-
faßt worden.

Der Kaiſer verkündigt darin den ernſtlichen Entſchluß,
ſein Edict von Worms zu vollziehn; eine Menge Abwei-
chungen von demſelben führt er an, die er alle verwirft,
gleichviel ob ſie lutheriſch, zwingliſch oder wiedertäuferiſch
lauten; er ſchärft die Handhabung der angegriffenen Ge-
bräuche und Lehren einzeln ein, und beſtätigt aufs neue
die Gerechtigkeiten der geiſtlichen Fürſten. Gegen die Un-
gehorſamen ſoll der kaiſerliche Fiscal gerichtlich und zwar
bis zur Strafe der Acht, die nach den Anordnungen des
Landfriedens auszuführen iſt, procediren.

Man verſäumte nicht, und das iſt einer der Haupt-
punkte, auf den wir ſogleich zurückkommen werden, das
Kammergericht neu zu conſtituiren und auf dieſen Abſchied
zu verpflichten.


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[294/0310] Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel. Die vornehmſte Frage blieb, welche Haltung Kaiſer und Majorität in ihrem Verhältniß zu den Ständen, die ihren Abſchied verworfen hatten, nunmehr ergreifen würden. So viel ich ſehe, war der Kaiſer mehr für einen un- mittelbaren Angriff, die Majorität mehr für weiteres Ver- ſchieben der Waffengewalt. Auf wiederholtes Anfragen gab ſie ihr Gutachten da- hin ab, daß der Kaiſer ein neues Religionsmandat auf den Grund des Edictes von Worms ausgehen laſſen möge. Verweigere Sachſen mit ſeinen Anhängern demſelben ſeinen Gehorſam, ſo möge der Kaiſer ſie vorladen, die gebühr- liche Pön gegen ſie erkennen und zur Ausführung derſel- ben ſchreiten. In dieſem Sinne iſt nun auch der Reichsabſchied ver- faßt worden. Der Kaiſer verkündigt darin den ernſtlichen Entſchluß, ſein Edict von Worms zu vollziehn; eine Menge Abwei- chungen von demſelben führt er an, die er alle verwirft, gleichviel ob ſie lutheriſch, zwingliſch oder wiedertäuferiſch lauten; er ſchärft die Handhabung der angegriffenen Ge- bräuche und Lehren einzeln ein, und beſtätigt aufs neue die Gerechtigkeiten der geiſtlichen Fürſten. Gegen die Un- gehorſamen ſoll der kaiſerliche Fiscal gerichtlich und zwar bis zur Strafe der Acht, die nach den Anordnungen des Landfriedens auszuführen iſt, procediren. Man verſäumte nicht, und das iſt einer der Haupt- punkte, auf den wir ſogleich zurückkommen werden, das Kammergericht neu zu conſtituiren und auf dieſen Abſchied zu verpflichten.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/310>, abgerufen am 22.11.2024.