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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Belagerung von Wien.

Zunächst kam es jedoch noch darauf an, wie die Be-
satzung in Wien sich halten würde, die sich so plötzlich
von Suleiman eingeschlossen gesehn.

Denn daran fehlte viel, daß die deutschen Mannschaf-
ten so stark gewesen wären, namentlich in dem ersten
Schrecken und Getümmel, um einen Entsatz zu versuchen.

Bleiben wir einen Augenblick bei dieser Belagerung
stehen, welche damals die Aufmerksamkeit der Welt fesselte
und der in der That eine hohe Bedeutung beiwohnt. Wenn
Suleiman Wien erobert hätte, würde er es auf eine Weise
zu befestigen gewußt haben, daß man es ihm nicht so leicht
wieder hätte entreißen können. Welch eine Station wäre
das für ihn geworden, um die gesammten Gebiete der mitt-
leren Donau in Athem zu halten.

Man dürfte aber nicht glauben, daß Wien sehr fest
gewesen wäre. Es war mit einer runden baufälligen Ring-
mauer umgeben, noch ohne alle alle Vorkehrungen der neue-
ren Befestigungskunst; selbst ohne Basteien, auf denen man
Geschütz hätte aufpflanzen können, um ein feindliches Lager
zu beschießen. Die Gräben waren ohne Wasser. Die Feld-
hauptmannschaft von Niederöstreich hatte anfangs gezwei-
felt, ob sie "den weitschichtigen unverbauten Flecken" werde
behaupten können; sie hatte einen Augenblick den Gedan-
ken gehegt, den Feind lieber im offenen Felde zu erwarten,
um sich im Nothfall auf die frischen Truppen zurückziehen
zu können, welche der Pfalzgraf und der König zusammen-
zubringen beschäftigt waren: am Ende aber hatte sie doch
gefunden, daß sie ihre alte Hauptstadt nicht aufgeben dürfe,
und sich entschlossen, die Vorstädte zu verbrennen, die in-
nere Stadt zu halten.


Belagerung von Wien.

Zunächſt kam es jedoch noch darauf an, wie die Be-
ſatzung in Wien ſich halten würde, die ſich ſo plötzlich
von Suleiman eingeſchloſſen geſehn.

Denn daran fehlte viel, daß die deutſchen Mannſchaf-
ten ſo ſtark geweſen wären, namentlich in dem erſten
Schrecken und Getümmel, um einen Entſatz zu verſuchen.

Bleiben wir einen Augenblick bei dieſer Belagerung
ſtehen, welche damals die Aufmerkſamkeit der Welt feſſelte
und der in der That eine hohe Bedeutung beiwohnt. Wenn
Suleiman Wien erobert hätte, würde er es auf eine Weiſe
zu befeſtigen gewußt haben, daß man es ihm nicht ſo leicht
wieder hätte entreißen können. Welch eine Station wäre
das für ihn geworden, um die geſammten Gebiete der mitt-
leren Donau in Athem zu halten.

Man dürfte aber nicht glauben, daß Wien ſehr feſt
geweſen wäre. Es war mit einer runden baufälligen Ring-
mauer umgeben, noch ohne alle alle Vorkehrungen der neue-
ren Befeſtigungskunſt; ſelbſt ohne Baſteien, auf denen man
Geſchütz hätte aufpflanzen können, um ein feindliches Lager
zu beſchießen. Die Gräben waren ohne Waſſer. Die Feld-
hauptmannſchaft von Niederöſtreich hatte anfangs gezwei-
felt, ob ſie „den weitſchichtigen unverbauten Flecken“ werde
behaupten können; ſie hatte einen Augenblick den Gedan-
ken gehegt, den Feind lieber im offenen Felde zu erwarten,
um ſich im Nothfall auf die friſchen Truppen zurückziehen
zu können, welche der Pfalzgraf und der König zuſammen-
zubringen beſchäftigt waren: am Ende aber hatte ſie doch
gefunden, daß ſie ihre alte Hauptſtadt nicht aufgeben dürfe,
und ſich entſchloſſen, die Vorſtädte zu verbrennen, die in-
nere Stadt zu halten.


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[201/0217] Belagerung von Wien. Zunächſt kam es jedoch noch darauf an, wie die Be- ſatzung in Wien ſich halten würde, die ſich ſo plötzlich von Suleiman eingeſchloſſen geſehn. Denn daran fehlte viel, daß die deutſchen Mannſchaf- ten ſo ſtark geweſen wären, namentlich in dem erſten Schrecken und Getümmel, um einen Entſatz zu verſuchen. Bleiben wir einen Augenblick bei dieſer Belagerung ſtehen, welche damals die Aufmerkſamkeit der Welt feſſelte und der in der That eine hohe Bedeutung beiwohnt. Wenn Suleiman Wien erobert hätte, würde er es auf eine Weiſe zu befeſtigen gewußt haben, daß man es ihm nicht ſo leicht wieder hätte entreißen können. Welch eine Station wäre das für ihn geworden, um die geſammten Gebiete der mitt- leren Donau in Athem zu halten. Man dürfte aber nicht glauben, daß Wien ſehr feſt geweſen wäre. Es war mit einer runden baufälligen Ring- mauer umgeben, noch ohne alle alle Vorkehrungen der neue- ren Befeſtigungskunſt; ſelbſt ohne Baſteien, auf denen man Geſchütz hätte aufpflanzen können, um ein feindliches Lager zu beſchießen. Die Gräben waren ohne Waſſer. Die Feld- hauptmannſchaft von Niederöſtreich hatte anfangs gezwei- felt, ob ſie „den weitſchichtigen unverbauten Flecken“ werde behaupten können; ſie hatte einen Augenblick den Gedan- ken gehegt, den Feind lieber im offenen Felde zu erwarten, um ſich im Nothfall auf die friſchen Truppen zurückziehen zu können, welche der Pfalzgraf und der König zuſammen- zubringen beſchäftigt waren: am Ende aber hatte ſie doch gefunden, daß ſie ihre alte Hauptſtadt nicht aufgeben dürfe, und ſich entſchloſſen, die Vorſtädte zu verbrennen, die in- nere Stadt zu halten.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/217>, abgerufen am 24.11.2024.